Kommentar Eine Chance für mehr Bürgernähe
Kaum einer hatte dieses Ergebnis vorausgesehen – am wenigsten der Amtsinhaber selbst: Landsbergs Bürgerinnen und Bürger haben mit einem katastrophalen Ergebnis von weniger als 25 Prozent Ingo Lehmann (SPD) aus dem Amt katapultiert. Wer künftig die Geschicke der Stadt lenken wird, das machen ein kommunalpolitischer Quereinsteiger – Mathias Neuner von der CSU – und ein forscher Jungpolitiker – Ludwig Hartmann von den Grünen – bei der Stichwahl am 25. März unter sich aus.
Egal, wer von beiden das Rennen um den Chefsessel in Stadtrat und Verwaltungsgebäude für sich entscheidet, eines steht jetzt schon fest: Das Wahlvolk hat eine kluge, eine richtige Entscheidung getroffen. Denn abgestimmt wurde gestern (neben Personen) vor allem über den Politikstil in Landsberg. Die beiden erfolgreichen Kandidaten haben sich im Vorfeld für mehr Transparenz, mehr Offenheit im Umgang mit dem Bürger ausgesprochen – und damit ist nicht nur die Finanzaffäre gemeint, die zeigte, dass Teile des Stadtrats und an der Spitze Ingo Lehmann die Kontrolle verloren und berechtigte Kritik einfach abgetan hatten.
In der Tat: Seine Niederlage hat sich Ingo Lehmann selbst zuzuschreiben. Umgeben von Berater(inne)n, die ihn bestätigend in Sicherheit wiegten, änderte er seinen selbstverliebten Politikstil auch dann nicht, als ihm Schlappen bei „Brückerl“-Bürgerentscheiden und die Finanzaffäre eine Warnung zu etwas mehr Demut gegenüber dem Wähler hätten sein müssen. Statt dessen mehrte er den Unmut – nicht zuletzt mit seiner Äußerung, wenn er nicht wieder OB werde, beginne für ihn am 1. Mai die Tennissaison.
Was bedeutet nun der Wahlausgang für Landsberg? Diese OB-Wahl entfaltet Signalwirkung auch für die Stadtratswahl in zwei Jahren. Die CSU hat erstmals seit Jahrzehnten wieder die Chance, die „Regierungsgewalt“ in der Kreisstadt zu übernehmen – auch wenn es zeitweise den Anschein hat, als wollten das die nicht, die es sich in einer großen Kuschelkoalition bequem gemacht hatten. Oder mit einem Sieg Hartmanns in der Stichwahl untermauern die Grünen ihren Anspruch, auch an der kommunalen Basis Verantwortung für die Gesellschaft zu übernehmen.
Wie auch immer die Stichwahl ausgeht, eines ist sicher: Die Tage des „Systems Landsberg“ – man kennt sich, man versteht sich, man hilft sich – sind gezählt.
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