Mit Bummeltempo den Verkehr lahm gelegt
Mindelheim Gegen 11.30 Uhr setzte gestern der Spuk ein. Auf zahlreichen Mindelheimer Straßen, in der Innenstadt wie auf den Ausfallstrecken, tuckerten Traktoren vor sich hin. Lange Staus waren die Folge, vor allem in der Landsberger Straße und auf der Nord-Süd-Achse. Manche waren mit Grünfutter auf dem Ladewagen unterwegs, andere karrten frisch gehäckselten Mais hinter sich her, wieder andere fuhren irgendwelche Sachen mit dem Anhänger durch die Gegend. Knapp hundert Landwirte dürften da in der Kreisstadt unterwegs gewesen sein.
Das war natürlich kein Zufall. Die Bauern haben mit ihrem unangemeldeten Protest auf ihre verzweifelte wirtschaftliche Lage aufmerksam machen wollen. Zweieinhalb Stunden lang dauerte die Aktion. Offiziell will es keiner gewesen sein, der die Rundfahrt organisiert haben will. Die Aktion war aber in jedem Fall bestens organisiert.
"Wir wollen unsere Solidarität mit den französischen Bauern zeigen", sagte einer der Landwirte. Dort waren Proteste gegen den niedrigen Milchpreis ausgebrochen - die massiv vom schlechten Milchpreis im Unterallgäu betroffenen Bauern wissen nur zu gut, was das bedeutet: Viele Höfe stehen vor dem Aus. Bei einem Milchpreis pro Liter zwischen 23 und 25 Cent könne kein Betrieb überleben. Manche Molkereien zahlten sogar noch weniger. Ein Landwirt berichtete, dass er im Vergleich zum Januar 2008 für die gleiche Milchmenge 57 Prozent weniger Geld bekomme.
Von Bedernau, Rammingen, Tiefenried, Westernach, Ober- und Unterrieden, Kammlach, Lauchdorf und anderen Dörfern waren die Bauern angereist. Von der Politik erwarten die Landwirte endlich wirkungsvolle Rezepte gegen den Preisverfall.
Einige Bauern sind auch erbost, weil das Oberlandesgericht Düsseldorf den Milchstreik vom Vorjahr für nicht rechtens erklärt hat. Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter BDM habe rechtswidrig zum Lieferboykott aufgerufen. Einzelne Bauern aus dem Landkreis sollen bereits wieder damit begonnen haben, Milch wegzuschütten.
Auf den Plan trat gestern auch die Polizei. Das bloße Umherfahren sei nicht erlaubt, sagte Dienststellenleiter Karl Höß. Ein Landwirt hat, weil er eine Straße zum zweiten Mal passiert hat, einen Strafzettel über zehn Euro erhalten. Gleichwohl versuchte Höß mäßigend auf die Landwirte einzuwirken.
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