Särge basteln mit der SPD und andere Kuriositäten
Unterallgäu "Dinge drehen sich viel zu schnell, verrückte Zeit, verrückte Welt". So heißt es im aktuellenWahlkampfsong der CDU. In der Tat erstaunlich, wie schnell die vier Jahre mit der Großen Koalition jetzt vergangen sind. Kaum hat Deutschland die erste Bundeskanzlerin gewählt, müssen die Wähler schon wieder ihr Kreuzchen machen - am Sonntag, 27. September. Kleine Gaben sollen das Wahlvolk positiv stimmen. Was die einzelnen Parteien da so zu bieten haben, das haben wir uns genauer angeschaut.
Die "Herausforderer" der SPD beeindrucken - auf den ersten Blick. Nicht einmal einen Tag nach der telefonischen Bitte steht schon ein großes Paket vor der Tür. Sehr ansprechend, was ich da so vorfinde: Unter anderem Särge zum Selberbasteln (frei nach dem Motto "bei einem falschen Kreuzchen, müssen wir den Staat zum Grab tragen"), ein aufblasbarer "guter Fang", Tassen und Luftballons sowie Schafkopfkarten. "Gute Löhne für Gute Arbeit" heißt eine zentrale Forderung der SPD. Gute Arbeit vermisse ich bei den Luftballons aber. Gleich der erste hat ein Loch, der zweite reißt. Naja. Witzig dagegen: die Tassen der Jusos. Abgebildet ist ein schwarzes Bayern, dass sich rot färbt, wenn sich die Tasse erwärmt. Selbstverständlich wurden die dazu nötigen Wassermoleküle in unserer Redaktion nur mit "sicherer Energie" in Bewegung gesetzt, denn die SPD ist gegen Atomkraft. Der Zauber hält allerdings nicht allzu lange. Ein paar Stunden später färbt sich die Bayernkarte wieder schwarz. Was soll uns das sagen?
Auch die Grünen haben uns eine Auswahl an Werbegeschenken zukommen lassen. Sie umwerben ihre Wähler mit pinken und gelben Luftballons, Feuerzeugen mit integriertem Flaschenöffner, Kulis, Kondomen und Brause. Ihre Windräder waren leider aus - die sind wohl schon im Einsatz der innovativen Energieerzeugung gelandet. Die Kondome stammten noch aus dem letzten Wahlkampf, hieß es am Telefon. Auf einen Test haben wir verzichtet. Die Grünen setzen sich für gesunde Lebensmittel ein und dafür, dass der Verbraucher weiß, woher sein Essen kommt. Ich teste die Brause, Geschmacksrichtung Himbeere, sieht farblich eher braun aus wie Cola mit einem leichten Hauch rosa. Geschmack: undefinierbar, aber "prickelnd" wie auf der Packung versprochen. Zutaten: Zucker, Säuerungsmittel, ... Farbstoff E163. Offenbar nicht direkt vom nächsten Bio-Brausebauern.
Die Ausbeute bei der CSU war der Höhepunkt. Mit der Wahl zwischen einem blau-weißen Luftballon, einem blau weißen Wasserball und einem Kugelschreiber erschöpft sich das uns überlassene Material. Immerhin: Luftballon und Wasserball lassen sich aufblasen und die Kulis schreiben. Das Augenmerk der CSU liegt dann wohl eher auf der Sachebene. Oder aber sie gehen davon aus, dass ihr Hit "Wir sind wir" den Wahlkampf schon rocken wird.
Der Blick in die gelbe Kiste offenbart mir ein richtiges Konzept: Jeden möglichen Wähler zum Fan machen. Mit Fähnchen, Bierdeckel, Spielplan (der Bundesliga) und einem Plakat, das sich an jedem Autofenster befestigen lässt, ist jeder Anhänger der FDP bestens ausgerüstet, wenn der Wahlkampf in eine neue Runde geht. Der Frau schnell mit dem blau-gelben Stift eine Nachricht auf einem liberalen Post-it hinterlassen, Bierdeckel einpacken und ab ins nächste Wahllokal. Und wenn's mal wieder länger dauert, dann bringt Mann Kind und Frau einen Lolli von der FDP mit.
Fischers Fritz fischt freche Frauen, heißt es bei den Linken. Auf einer dezent rot gehaltenen Plastikkartenhülle fordern Frauen unmissverständlich ihr Geld ein und damit ein Ende der Lohndiskriminierung, wenn es da heißt "Her mit der Kohle!" Nicht weniger direkt ist das "lustvolle" Präservativ in Verbindung mit den atemerfrischenden Bonbons für einen "langen Atem" und "frische Ideen".
Ebenfalls auffällig sind die Präsente der ÖDP, in neon-orange gehalten. Soll ja wieder "in" sein. Die 80er lassen grüßen. Da an dem mitgeschickten Schlüsselbund der ÖDP der "Schlüssel zum Glück" noch fehlt, lässt sich dieser vielleicht auch umfunktionieren zu einem "stylischen" Bündchen um die lässige Hose, wie es die "echten Männer" unter 20 derzeit gern am Fußknöchel tragen. Wer übrigens weiß, was es damit auf sich hat, der möge sich bitte melden! Mit einem letzten Blick auf den "Wir tun's öfter"-Aufkleber der Partei, möchte ich den Test dann auch beenden.
Mein Fazit: Es ist beeindruckend, was sich die Parteien so alles einfallen lassen. Von einem Hauch Sarkasmus beim Sarg der SPD bis hin zur neuen Form der Familienpolitik à la "Sex-sells" reizen sie manches aus. Wer da außen vor bleibt - ganz unabhängig von ihrer Politik - sind die kleineren Parteien, denen die nötigen finanziellen Mittel fehlen.
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