Bei der Teilhabe wurde viel geschafft, doch es bleibt viel zu tun
Bei einer Diskussionsrunde in Mindelheim tauschen sich Fachleute und Betroffene über das Bundesteilhabegesetz aus.
Das Bundesteilhabegesetz wurde 2018 verabschiedet und soll Menschen mit Behinderungen ein möglichst selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Die Theorie ist eine Seite, wie sieht es mit der Umsetzung dieses Gesetzeswerkes für die rund 16,8 Millionen behinderten Menschen in Deutschland aus? Die SPD-Bundestagsfraktion ist auf Tour und versucht in landesweiten Diskussionsrunden herauszufinden, wie die Umsetzung des Gesetzes in der Praxis aussieht. Nach Mindelheim waren der Betreuungsabgeordnete Christoph Schmid aus Donauwörth, MdB Takis Mehmet Ali, Beauftragter der SPD-Bundestagsfraktion für Menschen mit Behinderung aus Baden-Württemberg und Bezirksrat Volkmar Thumser, Behindertenbeauftragter des Bezirkes Schwaben, gekommen.
Schmid bezeichnete das Bundesteilhabegesetz als die „größte Sozialrechtsreform“. Nun gelte es herauszufinden, welche konkreten Schritte notwendig sind. Zur Diskussionsveranstaltung war ein bunt gemischtes Publikum aus dem Bereich der Behindertenarbeit gekommen, darunter die Inklusionsbeauftragte des Landkreises, Marianne Mayer, Vertreter von Behinderteneinrichtungen und natürlich auch Betroffene.
Weniger Formulare, zusammengelegte Leistungen: Manches wurde für Betroffene einfacher
Das Gesetz, so Schmid, habe mehr Möglichkeiten der Teilhabe und Selbstbestimmung geschaffen. Gleichzeitig seien Kommunen und Länder entlastet worden, da Grundsicherung und Eingliederungshilfeleistungen getrennt sowie teilweise vom Bund übernommen wurden. Das Gesetz verpflichte die Träger von Rehamaßnahmen, frühzeitig drohende Behinderungen zu erkennen und mit präventiven Maßnahmen zu versuchen, die Erwerbsfähigkeit zu erhalten. Das Gesetz sollte auch Vereinfachungen bringen. Als Beispiel nannten die Referenten, dass nun ein einziger Reha-Antrag ausreichend sei, um ein Prüfverfahren in Gang zu setzen, wenn es auch bei den unterschiedlichen Zuständigkeiten von Sozialamt, Jugendamt, Rentenversicherung, Bundesagentur für Arbeit, Unfall und Krankenkasse bleibe. Als Beispiel nannten die Abgeordneten den Fall, wenn ein Mensch mit Gehbehinderung auf einen Rollstuhl angewiesen sei und außerdem noch Assistenzleistungen benötige.
Die Leistungen zur sozialen Teilhabe wurden neu strukturiert. Dadurch würden die Möglichkeiten einer individuellen Lebensgestaltung gestärkt. In der Eingliederungshilfe gebe es bei der Heranziehung von Einkommen von Ehepartnern Verbesserungen. Seit 2020 müssten zum Beispiel Eltern keinen Beitrag mehr für Eingliederungshilfe ihrer volljährigen Kinder zahlen. Auch Kinder, die weniger als 100.000 Euro im Jahr verdienen, müssen nichts mehr für ihre pflegebedürftigen Eltern zahlen.
In der Diskussion wurde der Personalmangel in Einrichtungen angesprochen. Schmid erläuterte ein Programm, wo man Fachpersonal gezielt im Ausland ausbilde. Kritik äußerte er an dem Flickenteppich der Regeln in Deutschland. Jedes Bundesland habe seine eigenen Vorschriften für Heilerziehungsberufe.
Die Behindertenbeauftragte klagt weiter über „ausufernde Bürokratie“
Marianne Mayer, die Behindertenbeauftragte des Landkreises, bemängelt die immer noch ausufernde Bürokratie, die viele Eltern überfordern würde. Zum Teil würden zum gleichen Problem mehrere Formblätter verschickt. Weiter wurde bemängelt, dass einiges vom Bund zur Verfügung gestellte Geld unten nicht ankomme. Fazit des Abends: Einiges ist erreicht, es gibt noch vieles zu tun.
Sie haben nicht die Berechtigung zu kommentieren. Bitte beachten Sie, dass Sie als Einzelperson angemeldet sein müssen, um kommentieren zu können. Bei Fragen wenden Sie sich bitte an moderator@augsburger-allgemeine.de.
Um kommentieren zu können, gehen Sie bitte auf "Mein Konto" und ergänzen Sie in Ihren persönlichen Daten Vor- und Nachname.
Bitte melden Sie sich an, um mit zu diskutieren.