
Gebürtiger Bad Wörishofer fährt in die Weltspitze

Plus Seine frühe Kindheit verbrachte Skirennläufer Sebastian Holzmann in Bad Wörishofen. Dann zog es seine Familie ins Oberallgäu, wo die Wege zu den Skipisten kürzer sind.
Er war die große Überraschung im deutschen Ski-Team bei den alpinen Weltmeisterschaften in Courchevel und Meribel: Sebastian Holzmann, der seinen Ursprung in Bad Wörishofen hat, kam in seiner Spezialdisziplin, dem Slalom, auf den auch für ihn sensationellen fünften Platz.
Es hätte nicht viel gefehlt und es wäre sogar eine Medaille geworden, denn die Abstände waren sehr gering. Nachdem es bei den Speedfahrern diesmal nicht so gut klappte, waren es die Slalomspezialisten mit der Goldmedaille von Alexander Schmid und der Bronzemedaille von Lena Dürr, die den Deutschen Skiverband (DSV) einigermaßen zufriedenstellten. Danach kam gleich Sebastian Holzmanns Ergebnis.
Hier hätte man eher Linus Strasser ganz vorne erwartet. Doch dieser vergab seinen guten zweiten Platz aus dem ersten Durchgang, während Sebastian Holzmann es genau umgekehrt machte.
Sebastian Holzmann darf bei der WM sogar in der Leaderbox Platz nehmen
Nach seinem zweiten Lauf als 19. im ersten Durchgang durfte er sogar zunächst in der Leaderbox Platz nehmen, ehe er von dem Norweger Kristoffersen dort abgelöst wurde. Danach machten beide Platz für Platz gut und landeten schließlich ganz weit vorne.
Sebastian, seinen Vornamen erhielt er übrigens von seinen Eltern nach Pfarrer Sebastian Kneipp verliehen, verbrachte nur seine ersten Jahre in der Kneippstadt, ehe seine Eltern zunächst nach Memmingen und dann als skibegeisterte Familie nach Oberstdorf zogen. Dennoch zieht es den Profiskiläufer immer mal wieder hierher zurück, denn seine Großeltern wohnen als waschechte Wörishofer in der Gartenstadt. Hans Holzmann ist in der Stadt als Grafiker bekannt.
Die Vorsaison verpasste Holzmann wegen einer Knieverletzung
Dass Sebastian Holzmann heuer so erfolgreich sein würde, war eigentlich nicht abzusehen, hatte er doch die komplette Vorsaison wegen einer schweren Knieverletzung durch eine Luxation der Kniescheibe mit Knorpelschaden verpasst. In einem Telefongespräch erzählte er nun der MZ, wie die letzten Jahre und die WM für ihn gelaufen sind. Wir erreichten ihn gerade in Balderschwang, wo er zu einer Buchpräsentation des bekannten Reporters Bernd Schmelzer eingeladen war. Mit ihm ist die Familie Holzmann seit vielen Jahren befreundet. „Ich bin zwar gerade erst aus Amerika zurück und habe noch etwas Jetlag“, sagt er, „aber wir können schon sprechen.“
Nachdem er zuvor bereits den Europacup gewonnen hatte, fuhr er seit der Saison 2019/20 konstant in der Weltspitze und in der Nationalmannschaft mit. „Die WM-Teilnahme in Cortina 2020 war dann schon ein erstes richtiges Highlight. Ich war zwar ganz knapp an der Qualifikation gescheitert, wurde aber dennoch mitgenommen“, erinnert er sich. Bei seinem Start fädelte er jedoch nach guten Zwischenzeiten ein und stürzte, doch war allein die Teilnahme ein Motivationsschub.
Sebastian Holzmann verpasste die Olympischen Spiele
Wegen der schweren Verletzung, die er sich übrigens nicht bei Skifahren holte, fanden die Olympischen Spiele in Peking 2022 ohne ihn statt. Stattdessen arbeitete Holzmann in einer harten, achtmonatigen Reha an seiner Rückkehr. „Zuerst war ich schon drei Wochen down, doch ich hatte Leidensgenossen, und wir pushten gegenseitig.“ Dazu gehörte in erster Linie Manuel Schmid, der Bruder des Parallelslalom-Weltmeisters, der auch in der Nationalmannschaft fuhr, und auch von Thomas Dreeßen, dem Abfahrer mit einer ähnlichen Knieverletzung, konnte er sich manchen Tipp holen. Mit ihm und Weltmeister Alexander Schmid verbindet ihn übrigens dasselbe Geburtsjahr 1993, weshalb sich die drei seit Schülerzeiten kennen.
Nach der gelungenen Operation durch den Spezialisten Dr. Manuel Köhne im Medical Park in Bad Wiessee folgte erst ab August 2022 der Neuanfang für die WM-Saison mit ungewissem Ausgang. „Doch beim ersten Lehrgang in Argentinien hatte ich gleich wieder ein gutes Gefühl auf den Skiern, doch bis Dezember ging es doch noch recht zäh“, berichtete er. „Ich hatte auch noch die Skimarke gewechselt. So hieß es ’neues Knie, neuer Ski’, jedoch war die WM noch kein konkretes Ziel für mich.“ Als es jedoch ab Ende Dezember immer besser wurde und das erste Rennen in Sestrière gleich einen 24. Platz brachte, kehrte die Hoffnung zurück. Jeweils 18. Plätze in Madonna de Campiglio, Kitzbühel und Wengen zeigten, dass er wieder vorne mitfahren kann.
In wenigen Tagen feiert er seinen 30. Geburtstag
In diesem Jahr hatte sich der 29-Jährige, der in wenigen Tagen seinen 30. Geburtstag feiert, als klare Nummer zwei im deutschen Team hinter Linus Strasser etabliert, sodass die Vorbereitung auf die WM in Sestrière beginnen konnte. „Wir trainierten dort zusammen mit den Italienern, was uns ein gutes Gefühl mitgab. Mein Ziel war dann, unter die Top 15 zu kommen, um im Weltcup weiter vorne starten zu dürfen.“
Wie er die WM selbst erlebte, schildert Sebastian so: „Im ersten Durchgang war der Hang schwierig und der Kurs relativ einfach zu fahren. Mit der Startnummer 30 war ich mit dem Zwischenergebnis zufrieden. Den zweiten Kurs hatte der deutsche Coach gesteckt, was mir vielleicht etwas entgegenkam und mit nur einer Sekunde hinter dem Führenden war noch vieles möglich. Es war dann jedoch schon sehr emotional, als es Platz um Platz nach vorne ging.“ Das Podium hatte er zwar nicht mehr erwartet, aber der fünfte Platz war sein bestes bisheriges Ergebnis und das genau bei der WM. Somit war die Teilnahme an der Flower-Zeremonie der besten sechs noch ein zusätzliches Erlebnis.

Zum Feiern blieb allerdings kaum Zeit, denn schon wenig später ging es weiter wegen nur eines Rennens erstmals für ihn nach Amerika zum nächsten Start im Weltcup. „Dort lief es zwar nicht mehr so gut, denn nach dem 15. Platz in Durchgang eins folgte der 23. Platz am Ende“, war er trotzdem zufrieden.
Dennoch hat sich Sebastian Holzmann in dieser Saison fest unter den besten 30 der Welt etabliert, was ihm bessere Startnummern sichert. „Aber der fünfte Platz war schon die Kirsche auf der Torte.“ Jetzt stehen noch einige Trainingseinheiten und Skitests an, bevor es in den Urlaub vom Skifahren geht. Und sicher bleibt dann auch wieder einmal Zeit für einen Besuch bei Oma und Opa in Bad Wörishofen.
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