Wachstum mit Präzision
Die Erfolgsgeschichte des Illertisser Kunststoffexperten geht weiter
Illertissen Das kann nicht jedes Unternehmen von sich behaupten: „Wir haben in 67 Jahren noch nie Rote Zahlen geschrieben“, beteuert Dietmar Weiss, „wir hatten noch nie Probleme, es ging uns immer gut“. Er ist der Senior in der Geschäftsführung der Weiss Kunststoffverarbeitung, die ausschließlich aus Familienmitgliedern besteht. Und es sieht so aus, als würde die Erfolgsgeschichte dieses soliden Mittelständlers weitergeschrieben.
Die Illertisser Firma gehört nach eigenen Angaben zu den Großen im Bereich Kunststoff-Spritzguss. Sie produziert keine Billigplastik-Teile, die im Discounter verramscht werden, sondern hochpräzise gefertigte, langlebige Bauteile. Meistens sind sie überhaupt nicht zu sehen. Sie stecken etwa in den Motoren, Schaltungen oder Bremsen deutscher Premium-Fahrzeughersteller, doch Weiss gibt es auch zum Anfassen, etwa als Griffe für hochwertige WMF-Töpfe, als Kindersitze von Britax-Römer oder als Gelenkteile in Porsche Aluminiumschlitten.
Der Markt wächst, sagt Geschäftsführer Jürgen Weiss. Immer mehr Metallteile lassen sich durch einen Spezialkunststoff ersetzen, auch in solch stark beanspruchten Fahrzeugteilen wie Motoren. Die Triebwerke werden dadurch leichter, was wiederum den Benzinverbrauch senkt. Weiss: „In der Festigkeit sind die Kunststoffteile oft den Metallteilen überlegen.“
Allerdings müssen sie extrem genau gefertigt sein, dabei geht es um hundertstel Millimeter. Das schaffen nur teure Spezialmaschinen, von denen die Illertisser etliche besitzen – und natürlich besitzen müssen, denn die Kunden legen größten Wert auf Präzision. Deshalb ist das Unternehmen ausgesprochen kapitalintensiv. Es gibt nach den Worten von Jürgen Weiss kein Jahr, in dem nicht viel Geld investiert wird. Ständig müssen neue, bessere Maschinen für Produktion und Endkontrolle angeschafft werden. Vergangenes Jahr wurden am Stammsitz Illertissen 1,2 Millionen investiert. Heuer plant das Unternehmen, 1,5 Millionen Euro für Neuerungen auszugeben. „Wir rüsten hier permanent technisch auf“, sagt Jürgen Weiss.
Angeschafft werden vor allem neue Spritzgießmaschinen. Mittlerweile umfasst der Maschinenpark 65 davon. Damit hat Weiss eine sehr solide Stellung am Markt erreicht, denn die Firma kann mit ihren Kapazitäten problemlos große Mengen zu einem entsprechenden Preis herstellen – was deutlich kleineren Mitbewerbern nicht möglich wäre. Das sichert Aufträge.
Seit 2007 hat Weiss ein Werk im ungarischen Györ aufgebaut, was wiederum in Illertissen zunächst die Befürchtung nährte, die Firma würde irgendwann ihre Produktion in den vermeintlich billigeren Osten verlagern. Davon könne keine Rede sein, beteuern Dietmar und Jürgen Weiss, das zeigten alleine schon die hohen Investitionen in der Illertisser Zentrale: „Hier wird in keiner Weise abgebaut.“
Vielmehr diene das zweite Standbein dazu, in Schwaben Arbeitsplätze zu sichern. Die Automobilindustrie, die sich sehr stark im Osten engagiert, verlange geradezu, dass ihre Zulieferer dort ebenfalls einen eigenen Standort unterhalten, etwa wegen der kurzen Wege. Unter dem Strich sei es zudem meist nicht billiger, in Ungarn zu produzieren. Bei Großserien, die überwiegend maschinell gefertigt werden, sei es von den Kosten her egal, ob der Roboter im Illertal oder in Györ steht. Bei kleineren Serien, die viel Handarbeit, etwa beim Umrüsten der Maschinen, erfordern, sei das anders. Da schlagen die günstigeren Löhne zu Buche.
Mittlerweile bemüht sich das Unternehmen, von Ungarn aus den Ostmarkt zu bedienen und „vor Ort“ Geschäfte zu machen. Das scheint gelungen, denn „inzwischen erwirtschaften die Kollegen in Ungarn schon 20 Prozent ihres Umsatzes mit Aufträgen, die sie selbst akquiriert haben – der größte Teil davon mit ungarischen Unternehmen. Die beiden Produktionsstätten ergänzen sich daher hervorragend“, so Jürgen Weiss. Vergangenes Jahr wurden in Györ ebenfalls 1,5 Millionen Euro investiert, der Anlagenpark aufgestockt und die Produktionsflächen erweitert.
In dritter Generation befindet sich die Firma nun in Familienbesitz. Das geht oft nicht gut, wie die Erfahrungen aus anderen Unternehmen zeigen, schließlich gibt es kein Unternehmer-Gen, das an die Nachkommen weitergereicht wird. Doch in Illertissen scheint das anders, wie die Geschäftsführer beteuern. Bei Weiss müssen keine Teilhaber bedient werden, die nur Geld sehen wollen. Die Chefs lassen sich ein festes Gehalt auszahlen, über dessen Höhe zu gegebener Zeit immer aufs Neue verhandelt werde.
Das meiste Geld, da sind sich die Drei einig, muss in die Firma fließen, um bei der Qualität der technischen Ausstattung stets vorne dran zu sein. Das zahlt sich aus, denn die Auftragslage lässt keine Klagen zu: „Wir haben sehr viel Arbeit.“
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