Daimler-Buses-Chef fordert Ladesäulen für E-Reisebusse
Die EU will, dass 2030 nicht nur Stadtbusse elektrisch fahren. Doch an den geplanten Vorgaben für Reisebusse gibt es Zweifel. So ist die Lage beim Absatz.
Stadtbusse sollen nach den Vorstellungen der EU-Kommission bis 2030 komplett elektrisch fahren, der CO₂-Ausstoß von Reisebussen soll bis zu jenem Jahr deutlich sinken. "Die 45 Prozent, die die EU jetzt plant, halten wir für unrealistisch", sagte Daimler Buses Geschäftsführer Till Oberwörder am Freitag. Oberwörder ist zurzeit in Brüssel, wo die internationale und für die Branche bedeutende Messe Busworld stattfindet. Das Ziel zweifle man nicht an, betonte der Leiter von Daimler Buses. Aber es müsse sichergestellt werden, dass die Busunternehmen die Fahrzeuge auch nutzen können. Das sehe man bisher nicht, denn für Reisebusse werde eine andere Ladeinfrastruktur gebraucht als sie bislang besteht.
Stadtbusse seien am Tag zwischen 250 und 300 Kilometer unterwegs, die Batterien könnten nachts im Depot aufgeladen werden. "Mit dem Reisebus fahren Sie von Hamburg über die Alpen nach Florenz", schilderte Oberwörder. Lademöglichkeiten nur entlang der Autobahnen reichten nicht aus, die Busse müssten auch an touristischen Zielen wie Burgen und Schlössern, Skiliften oder Wanderparkplätzen Strom oder Wasserstoff tanken können. Das Unternehmen fährt zweigleisig und setzt auch auf wasserstoffbasierte Technologien. Für die nötige Infrastruktur brauche es eine koordinierte Zusammenarbeit von Politik und Produzenten - und es brauche Förderungen sowie Zielvorgaben, die eingehalten werden könnten. Drohende Strafzahlungen, wenn die Anforderungen nicht eingehalten werden könnten, seien der falsche Weg. Daimler Buses ist nach Oberwörders Worten bereit, einen Beitrag zu leisten. Im Juni ist das neue Tochterunternehmen Daimler Buses Solutions gegründet worden, das sich auf die Konzeption und den Aufbau von E-Infrastruktur spezialisiert. Auf diese Weise sollen Kunden unterstützt werden, die ihren Fuhrpark umstellen möchten.
Reisebusse aus Neu-Ulm sollen künftig teils elektrisch fahren
Eine CO₂-Reduktion von 20 Prozent könne bei Reisebussen bis 2030 erreicht werden, aber auch das erfordere einen Kraftakt. Das hänge nicht nur mit den Aufgaben zusammen, die gestemmt werden müssen. Man müsse sehen, wo die Branche herkomme. Die Corona-Pandemie hat den Reisebusverkehr zeitweise ganz zum Erliegen gebracht. Die Folgen waren lange spürbar und belasteten neben Busunternehmen auch die Hersteller. Jetzt aber sieht Till Oberwörder Chancen: "Der Tourismus kommt zurück. Wir sehen eine positive Entwicklung." Inzwischen geht der Bus-Boss davon aus, dass die Reisebusbranche mittelfristig zu Vorkrisenwerten zurückkehren wird. Daran hatte es zeitweise Zweifel gegeben, doch zuletzt hatte sich auch der Betriebsrat zuversichtlich gezeigt. Eine konkrete Prognose gab der Geschäftsführer nicht ab.
Erste elektrische Überland- und Reisebusse soll es gegen Ende der Dekade geben. Bis dahin will Daimler Buses das Stadtbus-Werk in Mannheim komplett auf elektrische Produkte umstellen. E-Citaros werden seit rund fünf Jahren in Serie produziert, seit diesem Jahr wird das Fahrzeug auch mit einer wasserstoffbasierten Brennstoffzelle angeboten. Absatzzahlen nannte Oberwörder nicht. Wie stark das Neu-Ulmer Reisebuswerk dann mit E-Bussen ausgelastet sein werde, hänge vom Markt ab - und damit letztlich wieder von der Ladeinfrastruktur. "Wir sind vorbereitet, dass die Werke mit einem entsprechenden Vorlauf elektrifiziert werden", versprach der Bus-Boss.
Daimler Buses verbessert Absatzzahlen deutlich
Erfreuliche Zahlen präsentierte er indes schon jetzt. Im ersten Halbjahr hat Daimler Buses weltweit und in allen Segmenten insgesamt 11.800 Fahrzeuge verkauft. Das bedeutet eine Steigerung von 36 Prozent im Vergleich zu den ersten sechs Monaten des Vorjahrs. Wie viele Busse welcher Segmente ausgeliefert wurden, gab das Unternehmen nicht an. Auch nicht, wie groß der Anteil der E-Citaros bei den Stadtbussen ist. Die neusten Fahrzeuge mit Batterieantrieb und wasserstoffbasierter Brennstoffzelle stellt Daimler Buses derzeit auf der Messe Busworld in Brüssel vor. Bis 2039 sollen im Kernmarkt Europa nur noch lokal CO₂-neutrale Neufahrzeuge vertrieben werden. Im Stadtbus-Segment soll dies bereits ab dem Jahr 2030 in Europa der Fall sein.
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