Mit Liebe, Leidenschaft und Können: "Orchestra Mondo" im Kulturstadl
Die vierköpfige Band begeistert die Gäste in Reimlingen. Das Ensemble zeigt, dass Tango und Gypsy eigentlich zusammengehören.
Wieder einmal findet sich an diesem Samstagabend in Reimlingen kein freier Parkplatz – der Kulturstadl ist ausverkauft. Es gastiert das „Orchestra Mondo“ und nur folgerichtig ist dann wohl auch, dass es mindestens die halbe Rieser Welt zu diesem Konzertabend zieht. "Tango meets Gypsy" heißt das Motto der vierköpfigen Band, wobei dem Zuhörer sich im Laufe des Abends die Frage stellt, ob sich da überhaupt etwas treffen muss, so untrennbar zusammengehörig erscheint beides.
Doch von Anfang an: Der Tango legt vor und zwar mit seinem wohl bekanntesten Stück, Astor Piazzollas „Liber Tango“. Ein fulminanter Auftakt, der schon einmal einen Einblick in das virtuose Können der auf der Bühne versammelten Künstler erahnen lässt. Das wären Anja Baldauf am Akkordeon, an der Gitarre Raffael Müller sowie der Kontrabassist Dennis Wendel und Schlagzeuger Stefan Baldauf.
Raffael Müller als Zauberer an der Gitarre
Der nächste Part führt mit "Arrive derci Roma" (völlig schmalzfrei) ins Rom der 50er Jahre, angekündigt von der bestens gelaunten Anja Baldauf und angeführt von Raffael Müller, der sich als wahrer Zauberer an der Gitarre erweist. Obgleich Gitarrist, schlägt er vor Beginn des dritten Songs die ganze große Werbetrommel für seine musikalische Leidenschaft: den Swing - "I found a new Baby". Für jeden im Orchester findet sich Gelegenheit, sein Können in einem Solopart zu demonstrieren, wobei sich zwischen Akkordeon und Gitarre ein wahrer Wettlauf zu entwickeln scheint, immer schneller, ausgefeilter werden die Fingerläufe – wie schön, dass es bei einem derartigen musikalischen Kräftemessen nur Gewinner gibt, nämlich das restlos begeisterte Publikum.
Eine kleine Atempause bietet das darauffolgende Stück: „Bei Dir war es immer so schön“, das titelgebende Lied eines 50er-Jahre-Films. Dabei greift der Kontrabassist Dennis Wendel zum Bogen und es entspinnt sich eine wunderbar melancholisch-schwofige Stimmung. Einer argentinischen Rotlichtlegende ist der anschließende Tango „El Choclo“ gewidmet. Der mit Gravität gestrichene Kontrabass eröffnet und das schwungvolle Akkordeon leitet über zum Solopart der Gitarre, die dem Tango in einer Art Habanera ordentlich Rhythmus verleiht, der ebenso dezent wie präzise durch das stets präsente Schlagzeug unterstützt wird.
Romahymne "Gelem, Gelem" angestimmt
Die musikalische Weltreise führt weiter auf den Balkan, wunderbar erzählerisch eingeführt durch eine autobiographische Geschichte von Anja Baldauf. Die vier Künstler stimmen die Romahymne „Gelem Gelem“ an. Baldauf nun mit dem Melodion, das diesem klagenden Lied genau das richtige Maß an Schwere und Wehmut verleiht. Und wenn auch der nächste Titel so ganz anders ist, passt die Klezmernummer „Bei mir biste scheen“ einfach ganz wundervoll ins Gesamtrepertoire, dem mit der "Bossa Dorada" noch ein weiteres Stilelement hinzugefügt wird, in das sich gleichsam in Geheimagentenmanier das James-Bond-Thema einschleicht.
Wäre der Konzertstadel eine Tankstelle, dann gäbe es an diesem Abend nur Super. Nach der Pause geht es nämlich mit dem Erfolgsschlager aus dem Ufa-Film „Die Drei von der Tankstelle“ weiter: „Liebling, mein Herz lässt dich grüßen“. Und fast schon kriminell gut wird es, als die Vier den wohl einzigen Schweizer Tango anstimmen, den „Kriminal Tango“ des Hazy-Osterwald-Sextetts.
Aber natürlich darf bei einem Gypsy-Konzert einer nicht fehlen: Der große Django Reinhardt, der in Raffel Müller einen würdigen Jünger gefunden hat. Die „Swing Guitars“ sind ein Höhepunkt des Abends. Doch angesichts der wunderbaren Musiker, die mit so viel Liebe, Leiden- und Könnerschaft auf der Bühne agieren, fällt es schwer, von einem einzigen Höhepunkt zu sprechen. Viel mehr war das ganze „Orchstra Mondo“ nurmehr ein weiterer Höhepunkt in der Veranstaltungsreihe des Nördlinger Kulturforums.
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