Mit Körpereinsatz auf Wählerstimmenfang
In einem Wahlkreis in Berlin setzen zwei Kandidatinnen voll auf Körpereinsatz. Die Eine mit einem weiten Ausschnitt, die andere mit einem Bild von hinten, das unter dem Motto steht: "Mit Arsch in der Hose in den Bundestag."
Berlin (dpa) - Zwei tiefe Dekolletés bringen erneut die Öffentlichkeit in Wallung. Auf ihrem Wahlplakat zeigt die Berliner CDU-Direktkandidatin Vera Lengsfeld viel Busen - Seit an Seit mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die ungefragt neben ihr als populäre Wahlhelferin abgebildet ist.
Das freizügig dekolletierte Abendkleid der sonst nur im hochgeschlossenen Hosenanzug auftretenden Kanzlerin hatte vor einem Jahr bei der Eröffnung der neuen Oper in Oslo international für Furore gesorgt. Lengsfelds Motto: "Wir haben mehr zu bieten."
Über das ungewöhnliche CDU-Wahlplakat der ehemaligen DDR- Bürgerrechtlerin wird quer durch den deutschen Blätterwald und in Blogs diskutiert. Die einen finden es "frech und witzig" oder "selbstbewusst und mutig", andere urteilen: "hirnlos", "sexistisch" und "Schlampenplakat". Die Bundes-CDU reagiert zugeknöpft. Sie bestätigt nur, dass Merkel nicht gefragt wurde. Ansonsten kommentiere die CDU-Bundeszentrale die Wahlplakate ihrer Direktkandidaten nicht, heißt es.
Lengsfeld, die von 1990 bis 1996 zunächst für die Grünen im Bundestag saß, zeigt sich hochzufrieden mit der großen Aufmerksamkeit. "An einem Tag hatte ich 17.000 Klicks auf meinem Wahl-Blog. Das hätte ich mit einem normalen Straßenwahlkampf nie erreicht." Die 57-Jährige kämpft um ihren Wiedereinzug in den Bundestag, aus dem sie 2005 ausgeschieden war, im Berliner Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg. Der links-alternative Szenebezirk ist eine Hochburg der Grünen. Hans-Christian Ströbele errang dort zweimal das bundesweit einzige Direktmandat für die Ökopartei und will es jetzt ein drittes Mal packen.
"Ich musste mir etwas einfallen lassen, um in Friedrichshain- Kreuzberg überhaupt wahrgenommen zu werden", sagt Lengsfeld. "Wenn man nicht viel Geld für seinen Wahlkampf hat, dann ist man auf gute Ideen angewiesen." Doch darüber sind die Meinungen sehr geteilt.
Kontrahent Ströbele sieht eine Steilvorlage. "Für mich bleibt die Frage, was mit dem "mehr zu bieten" gemeint ist", sagt er. "Ich suche vergeblich den politischen Inhalt." Auch SPD-Kandidat Björn Böhning kommentiert bissig: "Offenbar sucht Frau Lengsfeld zwanghaft im Stile eines "Bild"-Titelgirls die Aufmerksamkeit, statt sich dem Dialog mit den Wählern zu stellen."
Die Linke-Konkurrentin Halina Wawzyniak reagiert positiver. "Hut ab. Ich hätte Frau Lengsfeld das nicht zugetraut, sondern eher ein 0815-Gesichtsplakat von ihr erwartet." Doch der tiefe Buseneinblick sei "ein Tick zu viel". Dabei setzt die 36-Jährige ebenfalls auf Körper. Auf ihrem Plakat zeigt Wawzyniak nur einen Po in Jeans und ein Stück freie Haut darüber mit dem Aufdruck "Socialist". Motto: "Mit Arsch in der Hose in den Bundestag."
In den zahlreichen Blog-Kommentaren kommt Lengsfeld mit ihrem Busen-Plakat bei Frauen viel schlechter weg als bei den Männern. Lena findet das Plakat "peinlich und beschämend", Ute einfach "lächerlich" und Natja meint: "Das ist wohl das letzte Geschütz vor der Endniederlage." Wahlforscher Gero Neugebauer sieht keinen längerfristigen Gewinn für Lengsfeld. "So ein Plakat ist sinnlos, wenn man meint, damit Aufmerksamkeit über den Tag hinaus zu erzielen. Sympathie für eine Wahlentscheidung erreicht man so nicht."
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