Reisen mit Polt kann so schön sein
Leipheim Reisen könnte so schön sein - wenn bloß die fremden Länder nicht wären. "Mir ham da so a Weltreisen g'macht. I sag' Ihnen, da fahr ma nimmer hin." Die Reise, auf die Gerhard Polt am Dienstag die 700 Besucher in der Güssenhalle mitnahm, würde wohl jeder sofort wieder mitmachen. In seiner gewohnt grantelnden Art begeisterte er zwei Stunden lang mit seinem Sammelsurium bitterböser Urlaubsimpressionen. Ungewohnt, aber nicht weniger mitreißend, präsentierte sich an seiner Seite die neapolitanische Gruppe "Trio Converso", die die Reiseszenarien musikalisch auflockerte.
Dass der bayerische Kabarettist, Schriftsteller und Volksschauspieler - bekannt durch Funk und Fernsehen, durch die Sketch-Reihe "Fast wia im richtigen Leben" und Filme wie "Man spricht deutsch" in den 80er Jahren - noch immer eine riesige Fangemeinde hat, zeigt sich auch in Leipheim: Bis aus München ist eine Dame angereist, um Polt live zu sehen - in der Metropole seien seine Shows stets ausverkauft. Kaum hat der Bayer im unscheinbaren braunen Jackett, kariertem Hemd und Turnschuhen zum zweiten Mal nach 2001 die Bühne in der Güssenhalle betreten, brandet schon rauschender Beifall auf, der sich bis zum Schluss noch steigert. Polt zeigt sich auch mit mittlerweile 67 Jahren von seiner bekannten und geschätzten Art, urbayerisch - "Jo mei, Net?" - grimmig, grantelnd, geradeheraus. Und noch dazu unglaublich entlarvend und zynisch.
Er ist kein moderner Comedian, sondern ein Kabarettist der alten Schule, ein Sprachkabarettist. Er hampelt nicht unnötig herum und reißt keine flachen Witze unter der Gürtellinie. Bei Polt braucht es nur einen Stuhl, einen Tisch und ein Mikrofon, vor dem er fast den ganzen Abend nahezu unbeweglich sitzt, während seine Gesichtsmuskeln und Stimmbänder auf Hochtouren arbeiten. Polt schafft es allein, durch Habitus, Mimik und Sprache zu überzeugen und seinen Charakteren Glaubwürdigkeit zu verleihen. Geschickt nimmt er sie in die verbale Mangel, all die spießigen Urlauber, vermeintlichen Reiseexperten und Möchtegernglobetrotter. Und führt auf absurde und doch authentische Weise höchst unterhaltsam deutsche Untugenden vor Augen.
Von Bali zurück: "Hammer des auch wieder"
Da ist zum Beispiel die Familie mit dem aus Sketchen bekannten Sohn Heinz-Rüdiger, die ausnahmsweise nicht nach Jesolo (Provinz Venedig) fährt, sondern nach Marseille, denn "27 Jahre müssen mal langen, soll sich der Italiener doch selbst ausrauben". Oder der Grantler, der Bali abhakt mit den Worten: "Hammer des auch wieder." Oder auch die reiche Weltenbummlerin, die sich auf "Gastronomic Adventuretrips" einlässt und sich darüber beschwert, dass sie den versprochenen Tafelspitz vom Riesenwaran nicht vorgesetzt bekam. "Der ist vor drei Monaten ausgestorben, weil ein anderes Ehepaar den aufgefressen hat."
Zur Höchstform läuft Polt auf, als er sich ohne Manuskript erhebt und in freiem Vortrag den gebildeten Geschichtskenner mimt. "Man müsse nicht alles wissen, aber die Bedeutung Bayerns in Europa sei Allgemeinbildung. "Ohne uns Bayern würde es nirgendwo Wiener Schnitzel geben. Des hammer bei der Schlacht vor Wien erobert. Meinens, die Türken hätten des Rezept sonst freiwillig rausgerückt?"
Das Publikum kommt aus dem Lachen nicht mehr heraus, allein das neapolitanische Gesangstrio verzieht keine Miene, die Drei verstehen nicht viel Deutsch, geschweige denn Bayerisch. Dafür verstehen sie es, das Publikum mit wunderbaren Volksliedern, Gesang und Mandolinenklang nach Italien zu entführen.
Reisen mit Polt kann so schön sein. Um es mit seinen Worten zu sagen: "Da fahr ma wieder hin."
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