Union ist besorgt über eine neue Partei
Ein abtrünniger Berliner Abgeordneter will eine Partei in Konkurrenz zur CDU gründen. Der Streit um Thilo Sarrazin und Erika Steinbach löst eine Debatte über die Rolle des konservativen Lagers aus. Von Joachim Bomhard
Der CDU droht neue Konkurrenz aus dem rechtskonservativen Lager, zunächst allerdings nur in Berlin. Dort hat der islamkritische bisherige CDU-Abgeordnete René Stadtkewitz angekündigt, bis Ende des Jahres gemeinsam mit zwei Mitstreitern die neue Partei "Die Freiheit" zu gründen.
Der 45-Jährige begründete diesen Schritt mit seinem Ausschluss aus der CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus am Dienstag dieser Woche und der "Hetzjagd" auf Ex-Bundesbanker Thilo Sarrazin (SPD) wegen abweichender Meinungen.
Unionspolitiker warnten vor einem Erstarken konservativer Kreise außerhalb der CDU. Einer Partei rechts von der Union trauen Beobachter einen Zulauf von bis zu 20 Prozent zu. Konservative Kreise in der von Bundeskanzlerin Angela Merkel geführten CDU hatten in der Vergangenheit immer wieder Kritik am Kurs der Partei geübt.
Erst am Donnerstag hat die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, ihren Rückzug aus dem CDU-Vorstand damit begründet, dort als Konservative immer mehr allein zu stehen. Der Partei werde es aber schlecht bekommen, wenn sie keine konservativen Aushängeschilder mehr hat.
"Wenn sich rechts von der CDU eine Protestpartei etabliert, dann hat das auch Auswirkungen auf die CSU", sagte der CSU-Europa-Abgeordnete und Sprecher der Sudetendeutschen, Bernd Posselt. Der Rückzug von Steinbach aus der CDU-Spitze sei ein "erstes Zeichen der Desintegration" bei den Christdemokraten.
Die Union sei die "natürliche Heimat der Konservativen", sagte der neue hessische Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzende Volker Bouffier. Einer neuen Partei rechts der Union räumte er deshalb keine Chance ein. Der Münchner CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler kritisierte den Umgang der Schwesterpartei mit Steinbach. Die CDU-Spitze müsse aufpassen, dass sie "nach dem Theater um Frau Steinbach die eigene Partei nicht völlig verwirrt".
Parteigründer Stadtkewitz, der seit einem Jahr kein CDU-Mitglied mehr ist, hatte mit einer Einladung an den niederländischen Rechtspopulisten und Islamhasser Geert Wilders seinen Ausschluss aus der CDU-Fraktion provoziert. Gestern kündigte er an, vor allem frustrierten Nichtwählern eine neue politische Heimat geben zu wollen: "Das Volk will den erhobenen Zeigefinger der Politik nicht mehr."
Stadtkewitz plant, bei den Berliner Wahlen im Herbst 2011 die Fünf-Prozent-Marke zu knacken. Später will er mit seiner Partei auch bundesweit agieren. Von Joachim Bomhard (mit dpa, dapd)
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