Atomgespräche mit Iran: Vertragsentwurf liegt vor
Wien (dpa) - Im Atomstreit mit dem Iran hängt eine echte Annäherung zwischen den Weltmächten und dem islamischen Land noch immer in der Schwebe.
Gespräche über eine Anreicherung von iranischem Uran im Ausland endeten am Mittwoch bei der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA in Wien zwar ohne abschließende Einigung. Die IAEA legte dem Iran sowie den USA, Russland und Frankreich jedoch den Entwurf einer Vereinbarung vor. Die Parteien sollen nun bis Freitag auf den Vorschlag antworten, sagte IAEA-Chef IAEA Mohammed el Baradei nach zweieinhalbtägigen Verhandlungen. Zum genauen Inhalt des Papiers schwieg er sich aus.
Vertreter aus der vier Länder waren bei der UN-Behörde zusammengekommen, um technische Details eines möglichen Atomdeals zur Anreicherung iranischen Urans im Ausland auszuhandeln. Teheran braucht diesen Brennstoff für den Betrieb eines medizinischen Forschungsreaktors. Bei Gesprächen Anfang Oktober hatte sich das Land mit den fünf ständigen UN-Sicherheitsratsmitgliedern plus Deutschland (5+1) geeinigt, den Großteil seines Urans zur weiteren Anreicherung ins Ausland zu geben, statt dies selbst zu übernehmen.
Eine Einigung in dieser Frage wäre ein wichtiger vertrauensbildender Schritt und könnte die seit Jahren verfahrenen Verhandlungen über das iranischen Atomprogramm wieder in Gang bringen. Viele Länder verdächtigen das islamische Land, unter dem Deckmantel der zivilen Nutzung der Nuklearenergie an der Atombombe zu arbeiten. Teheran bestreitet das. In der kommenden Woche sollen in Genf weitere 5+1-Gespräche zu diesem Thema mit dem Iran stattfinden.
Während el Baradei nach den Gesprächen besonders den politischen Aspekt und ein neues Klima hervorhob, sah der Iran darin rein technische Verhandlungen. "Jeder ist sich bewusst, dass eine Transaktion mit niedrig angereichertem Uran zur Weiterverarbeitung eine sehr wichtige Maßnahme zum Aufbau von Vertrauen ist, die die seit Jahren andauernde Krise entschärfen kann und Raum für Verhandlungen schafft", sagte der oberste Atomwächter. Eine Einigung könne zu einer völligen Normalisierung der Beziehungen zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft führen.
Der Iran betonte dagegen den rein technischen Charakter der Verhandlungen. Sie hätten nichts mit den 5+1-Gesprächen von Anfang Oktober zu tun, sagte der iranische Delegationschef und IAEA-Botschafter Ali Asghar Soltanieh. Er ging nicht darauf ein, ob der Iran wirklich bereits ist, den Großteil seines Urans zur weiteren Anreicherung zu exportieren oder nur neues aus dem Ausland kaufen will. "Wir können den Brennstoff selbst produzieren (...), aber wir haben uns entschlossen, dass wir ihn von unseren potenziellen Lieferanten beziehen werden", sagte Soltanieh. Der Textentwurf werde nun in den Hauptstädten genauer studiert und ausgearbeitet, man komme wieder zusammen, um sich auszutauschen und am Ende eine einvernehmliche Lösung zu finden.
Konflikte gab es unter anderem bei den Verhandlungen darüber, wer für den Iran die Anreicherung und Verarbeitung übernehmen soll. Nach der ursprünglichen Einigung sollte das Material in Russland weiter angereichert und in Frankreich zu Brennstäben verarbeitet werden. Der Iran wollte aber Frankreich nicht als Vertragspartner akzeptieren. Als Kompromissvorschlag könnte Teheran einen Vertrag nur mit Russland abschließen und Russland wiederum einen Untervertrag mit Frankreich, hieß es aus diplomatischen Kreisen.
Nach Informationen von einem an den Verhandlungen beteiligten Diplomaten ist der Entwurf der ursprünglichen Einigung von Anfang Oktober sehr ähnlich. Demnach soll der Iran noch in diesem Jahr 1200 Kilogramm Uran nach Russland zur weiteren Anreicherung exportieren. Damit würde Teheran das meiste seines deklarierten, niedrig angereicherten Urans außer Landes bringen. Der fertige Brennstoff soll dann Ende 2010 in Teheran sein. Frankreich sei in dem Einigungsentwurf nicht explizit als Weiterverarbeiter erwähnt, solle aber mit unterschreiben.
Hintergrund für die Skepsis des Irans gegenüber Frankreich sind nach Informationen aus Verhandlungskreisen vor allem Erfahrungen aus der Zusammenarbeit bei der EURODIF-Atomanlage. Der Iran ist seit Schah-Zeiten an der französischen Urananreicherungsanlage beteiligt, bekommt von dort aber kein Material und nach Sanktionen auch keine Gewinnbeteiligungen mehr. Aus Sicht von Experten könnte das aber auch ein vorgeschobener Grund dafür sein, dass Teheran eigentlich langfristig nur mit den größten Welt- und Atommächten wie den USA und Russland über sein Nuklearprogramm verhandeln will.
Unabhängig von den Verhandlungen um eine höhere Anreicherung von Uran im Ausland steht für den Iran sein Programm zur niedrigen Anreicherung des Materials nicht zur Debatte. Das stellt Teheran seit Jahren in seiner Anlage in Natans her, obwohl die IAEA und der UN-Sicherheitsrat den Stopp dieses Programms fordern. Vor einigen Wochen war bekanntgeworden, dass das Land noch an einer zweiten, bisher geheimen Anlage nahe Ghom baut. Diese wollen IAEA-Inspektoren am kommenden Wochenende erstmals besuchen.
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