Grünen-Spitze stürzt über Wahldebakel
Roth, Trittin und Künast geben ihre Ämter nach scharfer Kritik an Jüngere ab. Neue Fraktionsvorsitzende wollen Katrin Göring-Eckardt und der Verkehrsexperte Toni Hofreiter werden.
: Nach dem Wahldebakel tritt nahezu das gesamte Spitzenpersonal ab. Fraktionschef Jürgen Trittin, 59, kündigte am Dienstag ebenso wie seine Kollegin Renate Künast, 57, den Rückzug an. Zuvor hatte schon die langjährige Parteivorsitzende Claudia Roth, 58, erklärt, dass sie nicht wieder antritt; ihr jüngerer Kollege Cem Özdemir, 47, will dagegen wieder für den Parteivorsitz kandidieren. Trittin und Künast begründeten ihren Verzicht mit der nötigen Verjüngung der Parteispitze.
Katrin Göring-Eckardt will neue Fraktionsvorsitzende werden
Neue Fraktionsvorsitzende wollen Katrin Göring-Eckardt und der Verkehrsexperte Toni Hofreiter werden. Auch die bisherige stellvertretende Vorsitzende Kerstin Andreae ist im Gespräch. Sie sind alle deutlich jünger als das bisherige Spitzenteam. Als mögliche Nachfolgerin der Augsburgerin Roth an der Parteispitze wird die frühere saarländische Umweltministerin Simone Peter, 47, genannt.
Joschka Fischer: War fataler Fehler, Grünen strategisch auf Linkskurs zu verringern
Zuvor war der Druck auf das scheidende Führungsquartett deutlich gestiegen. Der langjährige Fraktionschef und Außenminister Joschka Fischer sagte: „Es scheint fast, als ob die derzeitige Führung der Grünen älter geworden ist, aber immer noch nicht erwachsen.“ Statt über Umwelt und Europa, Bildung und Familien hätten die Grünen nur über Steuern und Abgaben geredet. Es sei ein fataler Fehler gewesen, die Grünen strategisch auf einen Linkskurs zu verringern.
Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) hatte die Fraktion aufgefordert, darüber zu entscheiden, ob der „scharfe Konfrontationskurs“ Trittins im Wahlkampf richtig gewesen sei. „Wir haben skeptische Wähler mit unserer trotzigen Art für blöd erklärt“, griff er seine Parteifreunde an.
Große Widerstände in der SPD gegen eine Große Koalition
In der SPD drohen unterdessen scharfe Auseinandersetzungen über mögliche Koalitionsverhandlungen mit der Union. Vor allem Vertreter des linken Flügels und einige Landesverbände positionierten sich als Gegner einer Neuauflage von Schwarz-Rot. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft betonte, die SPD sei nicht angetreten, um als Mehrheitsbeschafferin die Union an der Regierung zu halten. Demokratie brauche auch eine starke Opposition. Unter anderem die Landesverbände in Bayern und Baden-Württemberg verlangten eine Mitgliederbefragung vor der Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. AZ/dpa/afp
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