Windparks statt Atomkraft
Etwa 30 Windparks will Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee in der Nord- und Ostsee bauen lassen. Man setze auf egenerative Energien und nicht auf Atomkraft, so der Minister.
Berlin (dpa) - Angesichts des stetig steigenden Gas- und Ölpreises will die Bundesregierung nach einem Zeitungsbericht verstärkt auf Windenergie setzen. Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) habe einen Raumordnungsplan zum Bau von bis zu 30 Windparks in der Nord- und Ostsee fertig gestellt.
Das berichtet die "Welt am Sonntag". "Wir setzen auf regenerative Energien und nicht auf Atomkraft", sagte der SPD-Politiker der Zeitung. "Der Raumordnungsplan ist jetzt ein erster Schritt dafür, dass 25 000 Megawatt bis zum Jahr 2030 aus der Windenergie kommen." Bundesregierung und Energiewirtschaft seien sich einig, dass die Investition in die Windparks sinnvoll sei. "Dies gilt umso mehr, je stärker der Ölpreis steigt. Die zahlreichen Anträge der Investoren belegen die Wirtschaftlichkeit", betonte Tiefensee. Ziel der Bundesregierung sei es, Deutschland mit den Offshore-Windparks unabhängiger von Energielieferungen aus dem Ausland zu machen. Zugleich bemühe sie sich, dem Naturschutz wie auch den Interessen des Tourismus Rechnung zu tragen.
Dem Raumordnungsplan zufolge werden die Windparks fernab der Küste jenseits der Zwölf-Seemeilen-Grenze in relativ tiefen Gewässern von 30 bis 40 Metern gebaut, berichtet die Zeitung. Jeder Windpark werde rund eine Milliarde Euro kosten. Dazu kämen bis zu 100 Kilometer lange Kabel, die von den Windparks zum Festland verlegt werden müssen.
Indessen erinnerte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso Deutschland an die Bedeutung der Atomenergie im Kampf gegen Klimawandel und steigende Energiepreise. "Wir wissen, dass die Kernenergie in Deutschland ein heikles Thema ist. Andererseits sehen immer mehr Länder in der Kernenergie eine - zumindest vorübergehende - Lösung, um den Klimawandel zu stoppen und unsere Abhängigkeit von Öl und Gas zu verringern", sagte Barroso der "Bild am Sonntag" vor dem G8-Gipfel in Japan.
Die Kommission schreibe den Mitgliedstaaten nicht vor, wie ihr Energiemix aussehen müsse, "das entscheiden sie selber", sagte Barroso und fügte hinzu: "Die Verträge verpflichten uns, die Bemühungen der Länder, die sich für die Kernenergie entschieden haben, im Bereich der Kernforschung und der nuklearen Sicherheit zu unterstützen. Eine offene Debatte über das Für und Wider der Kernenergie ist daher unvermeidlich."
In der großen Koalition ist der Streit über längere Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke angesichts der rasant steigenden Energiepreise längst voll entbrannt. Die stellvertretende Vorsitzende der Unions-Fraktion, Katherina Reiche (CDU), warf der SPD vor, zur "Partei der Strompreiserhöhung" zu werden, wenn sie sich weiter einer Verlängerung der Laufzeiten widersetze. Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte am Samstag im Südwestrundfunk, der Energiekonzern RWE habe bereits angeboten, die Zusatzgewinne zu großen Teilen an die Kunden zurückzugeben. Dies sei "ein faires und richtiges Angebot".
SPD-Fraktionschef Peter Struck wies die Forderungen der Union nach längeren Restlaufzeiten zurück. Dies sei unverantwortlich, so lange die Entsorgung hoch radioaktiven Abfalls nicht gelöst sei, sagte er dem "Tagesspiegel am Sonntag". Sollte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Atomkraft wegen der steigenden Energiepreise zum Wahlkampfthema machen, werde sie damit keinen Erfolg haben. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil forderte die Union auf, den beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie zu akzeptieren. Er rate der Union, diesen gesellschaftlichen Konflikt, "der 30 Jahre lang die Republik im wahrsten Sinne gespalten hat", nicht wieder aufzureißen, sagte er.
Der SPD-Politiker Erhard Eppler sagte dem Magazin "Der Spiegel", es sei notwendig, die Atomenergie weltweit auslaufen zu lassen. Der Union schlug er vor, der SPD ein Angebot zu machen: "Wenn die SPD bereit ist, einige Meiler länger laufen zu lassen, dann schreiben wir gemeinsam in die Verfassung, Atomkraftwerke werden nicht mehr gebaut." Über diesen Vorschlag sei er bereit zu reden.
CSU-Generalsekretärin Christine Hadertauer begrüßte diese Position. "Es ist gut, wenn Politiker angesichts neuer Tatsachen wie der steigenden Energiepreise nicht an alten Überzeugungen festhalten", sagte sie der "Welt am Sonntag". Wenn Energie versorgungssicher und bezahlbar bleiben solle und Deutschland die Klimaziele erreichen wolle, "kann es keine andere Entscheidung geben als den Ausstieg aus der Atomenergie rückgängig zu machen".
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