Einbürgerungstest ist falsch, missverständlich und zu schwer
Die SPD verlangt massive Korrekturen an dem von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble vorgelegten Einbürgerungstest für Ausländer. 72 der 300 Fragen seien falsch, missverständlich und zu schwer.
Berlin, 14. August (AFP) - Die SPD verlangt massive Korrekturen an dem von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorgelegten Einbürgerungstest für Ausländer.
Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Sebastian Edathy, forderte nach einem Bericht der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Donnerstag Schäuble in einem Brief auf, "Teile des Tests wegen erheblicher Mängel kurzfristig zu überarbeiten".
In einer neunseitigen Mängelliste erhebt der SPD-Politiker demnach Einwände gegen 72 von 300 Frage-Antwort-Kombinationen.
Der Einbürgerungstest soll zum 1. September eingeführt werden. (Hier gibt es alle 300 Fragen zum Download)
Edathy kritisiert dem Blatt zufolge, einige der als richtig vorgesehenen Antwort-Optionen seien tatsächlich falsch. Andere Fragen und mögliche Antworten seien irreführend formuliert. Zudem werde Wissen abgefragt, das für eine Einbürgerung irrelevant sei.
Der SPD-Politiker beklagt weiter, dass "der Einbürgerungstest keineswegs nur Basiswissen über Deutschland voraussetzt, wie es Schäuble angekündigt hat". In seiner jetzigen Form sei der Test nicht praxistauglich und ähnele "einem Spießrutenlauf" für Einbürgerungswillige.
Als ein Beispiel nennt Edathy dem Blatt zufolge Frage 67, wo als wesentliche Aufgabe der Bundesländer "Schulpolitik" angekreuzt werden soll. Ebenso richtig sei aber auch die als falsch markierte Antwort "Wirtschaftspolitik". In Frage 148 werde bei Aufgaben der deutschen Polizei die Antwort "Bürger abhören" als falsch markiert. Tatsächlich zählt dies aber laut Edathy durchaus zu den polizeilichen Aufgaben.
Überflüssig sei es beispielsweise, von einem Einbürgerungswilligen Kenntnisse darüber zu verlangen, dass das Finanzamt keine kommunale Verwaltungseinheit ist. Zu anspruchsvoll seien Fragen etwa nach Verträgen, durch die die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gegründet wurde.
Kritisch sieht den Test auch SPD-Präsidiumsmitglied Ralf Stegner, der das Thema im Parteivorstand betreut. "Der Einbürgerungstest entspricht keinesfalls dem angekündigten Hauptschul-Niveau." Es sei wohl eher "eine halb-akademische Form von Stadt-Land-Fluss" geworden. Stegner warnte, "der Test darf nicht dazu führen, Einbürgerung zu erschweren", auch wenn mancher im konservativen Lager sich das wünschen mag. "Wir haben nicht zu viele Menschen, die deutsche Staatsbürger werden wollen, sondern zu wenige", betonte er.
Theoretisch kann Schäuble den Text per Verordnung in Kraft setzen, ohne zuvor die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat einzuholen. Gleichwohl geht Edathy laut "NOZ" davon aus, dass der Innenminister sich seinen Einwänden nicht verschließen werde.
Im vergangenen Jahr ließen sich 113.000 Ausländer einbürgern, knapp zehn Prozent weniger als im Jahr zuvor. Etwa 4,8 Millionen der 6,7 Millionen Ausländer in Deutschland leben seit mehr als acht Jahren im Land und kommen damit für eine Einbürgerung infrage.
Den neuen Einbürgerungstest hat die Berliner Humboldt-Universität entwickelt. Für jedes Einbürgerungsverfahren werden 33 Fragen aus dem Katalog ausgewählt, von denen mindestens 17 richtig beantwortet werden müssen.
Die Diskussion ist geschlossen.