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  3. Wahlen in Südtirol: Warum viele Südtiroler keine Italiener mehr sein wollen

Wahlen in Südtirol
18.10.2018

Warum viele Südtiroler keine Italiener mehr sein wollen

Hoffen auf die österreichische Staatsbürgerschaft: ein Besucher des Parteitages der „Südtiroler Freiheit“ in Bozen.
Foto: Max Intrisano

1918 wurde Südtirol von Österreich abgespalten. Noch immer hadern dort viele Menschen mit dieser Entscheidung. Nun wittern die Separatisten ihre Chance.

Die letzte Ansprache ist gehalten, da erheben sich die Menschen im Saal von ihren Stühlen. Die Bläser der Stadtkapelle Bozen stimmen die inoffizielle Tiroler Landeshymne an. Hand aufs Herz, dann dringt es zu zünftiger Marschmusik aus hundert ergriffenen Kehlen: „Du bist das Land, dem ich die Treue halte, weil du so schön bist, mein Tirolerland. Ein harter Kampf hat dich entzweigeschlagen, von dir gerissen wurde Südtirol.“ Es ist der Parteitag der Südtiroler Freiheit. Die auf italienischem Staatsgebiet stets von Österreich träumenden Separatisten stimmen sich auf die Landtagswahl an diesem Sonntag ein. Schon im Eingangsbereich im Bozner Schloss Maretsch wird die unzweideutige Linie der Partei klar. Neben einem Korb mit hellgrünen Äpfeln, der wohl auch als politisches Statement für Heimatverbundenheit gelesen werden soll, können sich die Besucher mit Aufklebern und sonstigem Werbematerial eindecken. Die Sticker mit den Slogans „Freiheit für Südtirol“ oder „Los von Rom“ gehen am schnellsten weg. Man könnte den Eindruck gewinnen, ein stolzes und unbeugsames Volk würde hier von einer despotischen Clique unterdrückt.

So ähnlich stellen es einige Redner an diesem Tag auch dar. „Im Grunde sind wir in Gefangenschaft“, behauptet die Landtagsabgeordnete Myriam Atz Tammerle. Eva Klotz, die wie ihre Vorrednerin im Tiroler Dirndl auf die Bühne getreten ist, spricht vom „Kampf“ gegen Rom. „Unser Land ist nur sicher, wenn es unabhängig ist von Italien“, sagt sie und fügt hinzu, dass man sich für seine Vergangenheit nicht schämen müsse. Diese Feststellung hat einen besonderen Klang, wenn man bedenkt, dass der Vater der 67 Jahre alten Parteigründerin in den 1960er Jahren ein führendes Mitglied des Befreiungsausschusses Südtirol war. Der BAS war eine Terrororganisation, die die Abtrennung Südtirols von Italien mit tödlichen Bombenattentaten voranzutreiben versuchte.

Erhalten deutschsprachige Südtiroler bald einen österreichischen Pass? 

100 Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs, der zur Folge hatte, dass Südtirol von Österreich abgespalten und Italien zugeschlagen wurde, scheint in der Region einiges zusammenzukommen: wachsender Separatismus wie andernorts in Europa, Angst vor Überfremdung, populistische Regierungen in Rom und (teilweise) Wien sowie die ewige Frage, wie mit einer traumatischen Vergangenheit am besten umzugehen ist. Besonders wichtig für die selbst ernannten Freiheitskämpfer ist die Rechts-Koalition in Wien. Österreich bezeichnet sich heute noch als „Schutzmacht“ Südtirols. Der völkerrechtliche Streit um das Land mit Italien ist zwar seit 1992 offiziell beigelegt, seither sind auch die weitreichenden Autonomierechte Südtirols verwirklicht. Aber seit Monaten sorgt der Plan der ÖVP/FPÖ-Regierung, den deutsch- und ladinischsprachigen Südtirolern neben dem italienischen auch den österreichischen Pass zu geben, für Unruhe. Dass Wien zwischenzeitlich sogar drohte, die symbolbeladene Brennergrenze zu schließen, um Flüchtlinge abzuhalten, hat die Lage nicht gerade entschärft.

„Für uns ist ein historisches Zeitfenster aufgegangen“: Sven Knoll, Fraktionsvorsitzender der „Südtiroler Freiheit“ im Bozener Landtag.
Foto: Max Intrisano

„Für uns ist ein historisches Zeitfenster aufgegangen“, sagt Sven Knoll, der im Trachtenjanker gekommene Fraktionsvorsitzende im Bozner Landtag. Knoll ist das schneidige Gesicht der Bewegung, die ganz selbstverständlich „Volkstumspolitik“ betreibt, eine in Südtirol immer noch sehr gängige Kategorie. Der Doppelpass ist das politische Instrument der Stunde, er ist für Knoll ein erster Hebel, um die Autonomie zu überwinden und letztlich zum großen Ziel der Selbstbestimmung zu gelangen. „Sind wir als ethnische Minderheit in Italien sicher?“, fragt er. Von diesem Staat hätten sich seine Landsleute gar nichts zu erwarten. Drei von 35 Abgeordneten stellt die Südtiroler Freiheit bisher im Landtag. Es könnten mehr werden ab Sonntag.

Vor allem die Jungen auf dem Land sind für die Parolen empfänglich

Vor allem die junge und ländliche Bevölkerung zeigt sich empfänglich für das Salz, das die Separatisten in die nie ganz verheilten Wunden der Vergangenheit streuen. Angereichert wird dieses emotionale Amalgam mit der Angst vor Fremden, obwohl die rund 530000 Südtiroler derzeit gerade einmal 1500 Asylbewerber beherbergen müssen. Man müsse heute auf alles Rücksicht nehmen, auf „Multikulti“, aber die eigene Sprache und Kultur, also die deutsche, gerate in Vergessenheit, schimpft eine Sitzungsteilnehmerin. Wer hier wen diskriminiert, ist nicht immer ganz klar.

Das auf dem Trauma der nie verwundenen Abspaltung von Österreich gründende Südtiroler Lamento klingt so: In Ämtern, bei Gericht, in Arztpraxen werde immer häufiger nur Italienisch gesprochen, obwohl die deutsche Sprache der Italienischen offiziell gleichgestellt ist. Auch sei man der Unberechenbarkeit Italiens, gerade in Finanzangelegenheiten, ausgeliefert, lautet ein anderes Argument, das nicht ohne Weiteres von der Hand zu weisen ist.

Der Grenze zwischen echten historischen Verletzungen und ihrer politischen Instrumentalisierung verschwimmt allerdings. Die Zwangsitalianisierung zur Zeit des italienischen Faschismus, aber auch vom Deutschen Reich unter Hitler geplante und umgesetzte Massenumsiedlungen sowie schließlich der Bombenterror, der trotz der Autonomie-Verhandlungen bis in die 1980er Jahre anhielt, schwingen weiter mit im Untergrund der Südtiroler Seele. Die Separatisten benutzen die Unterdrückung vor über 70 Jahren als bevorzugte Klaviatur. Andererseits kann man auch den Eindruck gewinnen, großen Teilen der Politik und der Bevölkerung wäre es am Liebsten, die Vergangenheit endlich mal Vergangenheit sein zu lassen.

„Man muss von der Schwarz-Weiß-Malerei wegkommen“: Hannes Obermair, Historiker aus Bozen.
Foto: Max Intrisano

Hannes Obermair spricht in diesem Zusammenhang vom „geschichtsblinden Südtirol“. Der Historiker steht in der Abenddämmerung am Bozner Gerichtsplatz. Fledermäuse sausen waghalsig an den Monumentalbauten aus der Mussolini-Zeit vorbei. Hier, vor dem ehemaligen Lokalbüro der Faschistischen Partei Italiens, sorgten Sven Knoll und Eva Klotz vor Jahren für einen Eklat, als sie Italien symbolisch mit Besen aus Südtirol hinauskehrten. Der Kassationsgerichtshof in Rom bestätigte vergangenes Jahr ihre Verurteilung wegen „Schändung der italienischen Flagge“. Jahrelang benutzten Südtiroler Nationalisten Orte wie den Gerichtsplatz oder das Siegesdenkmal, um ihren Opfermythos zu pflegen. „Ohne Not überlässt die kollektive Verdrängung die Deutungshoheit den patriotisch-konservativen Gruppierungen“, findet Obermair, obwohl 100 Jahre nach Kriegsende ja durchaus Anlass zur Analyse bestehe.

Obermair ist sich sicher, dass die Schemata von (italienischen) Tätern und (deutsch-österreichischen) Opfern einer Aufarbeitung im Weg stehen. „Man muss von der Schwarz-Weiß-Malerei wegkommen“, sagt der 57-Jährige. Wie das gehen kann, hat der Historiker zusammen mit anderen Kollegen gezeigt. Im jahrzehntelang instrumentalisierten Siegesdenkmal in Bozen schuf Obermair ein aufschlussreiches Dokumentationszentrum zur faschistischen, aber auch nationalsozialistischen Diktatur in Südtirol. Am Gerichtsplatz ließ die Stadtverwaltung ein Monumentalrelief am ehemaligen Parteigebäude von Künstlern und Historikern in ein Mahnmal verwandeln. „Niemand hat das Recht zu gehorchen“, mit diesen Worten leuchtet dort nun ein an Hannah Arendt angelehntes, absurd anmutendes Mantra in Neonlettern. „Wir haben den Nationalisten ihr Spielzeug weggenommen“, sagt Obermair. Aber das beredte Schweigen der großen Mehrheit zu den historischen Traumata überzeugt ihn nicht. Es ist ein Schweigen, in dem die lautesten Schreie besonders schrill zu vernehmen sind.

Südtirol gehört heute zu den wohlhabendsten Regionen Europas

Südtirol geht es gut. Auch das trägt zu einer gewissen Gemütlichkeit bei, in der sich Nationalisten leichter Gehör verschaffen können. Knapp 90 Prozent aller Steuern bleiben im Land, so sieht es das Autonomiestatut vor. Von einer armen Bergregion hat sich Südtirol in die Rangliste der 20 wohlhabendsten Regionen Europas vorgearbeitet, in Italien steht man an der Spitze. Wohlstand macht müde, weiß auch Luis Durnwalder, eine Art Franz-Josef Strauß Südtirols. 25 Jahre lang war er Landeshauptmann, er tut sich ein bisschen schwer mit dem Ruhestand, das merkt man. Seine christdemokratische Südtiroler Volkspartei (SVP) ist immer noch die tonangebende politische Kraft im Land, verliert aber immer mehr an Zuspruch. „Wissen Sie, ich bin Jäger“, sagt Durnwalder beim Treffen in einem Bräustüberl bei Meran. „Wenn die Gämsen ruhig auf der Alm grasen, dann ist kein Adler oder Wolf in der Nähe. Wenn sie aber zu ruhig sind, merken sie gar nicht mehr, wenn Gefahr droht.“

So sei es auch mit den Südtirolern. Die Adler und Wölfe sind für Durnwalder dabei weniger die heimischen Nationalisten, auf die man immer ein bisschen Rücksicht nehme, der alten Gefühle wegen. Die Raubtiere säßen auch in Rom. „Als Minderheit in Italien muss man die Autonomie immer wieder mit besonderem Einsatz verteidigen“, sagt er. Der brisante und vor allem in Rom als Affront aufgenommene Doppelpass-Vorschlag Österreichs lässt ihn eher kalt. „Ich kann mit oder ohne leben, mir ist das gleich.“ Fakt ist aber auch: Die SVP des heutigen Landeshauptmanns Arno Kompatscher, zuvor Bürgermeister der Friedberger Partnergemeinde Völs am Schlern, ist für den Doppelpass, trägt die Forderung aber eher verschämt vor sich her.

Dass die derzeitige Schnappatmung der Separatisten nicht flächendeckend ankommen muss, wird auch bei einer Podiumsdiskussion in Schlanders deutlich. Der Saal im Kulturzentrum ist rappelvoll, die lokalen Kandidaten stellen sich vor. Die Zuschauer dürfen per Smartphone die Themen mitbestimmen. Der Doppelpass kommt erst weiter hinten. Vorne liegen Probleme, die die Menschen im Vinschgau ganz besonders bewegen. Der zunehmende Verkehr, die Zukunft des Krankenhauses. Von Sehnsucht nach Österreich kann an diesem Abend nicht die Rede sein.

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