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Bundestagswahl 2017
15.09.2017

Herr Schulz, wie gut kennen wir uns eigentlich?

Kann er Kanzler? Martin Schulz tut sich schwer, Themen zu setzen.
3 Bilder
Kann er Kanzler? Martin Schulz tut sich schwer, Themen zu setzen.
Foto: Florian Gärtner, imago

Wie Angela Merkel tickt, das wissen die meisten. Aber Martin Schulz? Über einen Kandidaten, der nah an den Menschen sein will und sich doch schwertut, Vertrauen zu gewinnen.

„Du kennst mich viel zu wenig...” Die Wahlkampf-Hymne von Martin Schulz beginnt ausgerechnet mit dieser Feststellung. Händeschüttelnd bahnt sich der bärtige SPD-Kanzlerkandidat seinen Weg durch die Menschenmenge auf dem mittelalterlichen Marktplatz von Marburg. Wie beim Einmarsch eines Boxers dröhnt dazu das Lied. „Wie sehr wir leuchten”, heißt das Stück des Pop-Duos Gloria. Das hat gut gepasst, als sie es im März beim SPD-Parteitag spielten, damals, als Schulz mit sagenhaften 100 Prozent zum Vorsitzenden gewählt und als Kanzlerkandidat frenetisch gefeiert wurde. Das mit dem Leuchten, aber eben auch das mit dem Zu-wenig-Kennen.

Im Endspurt seines Wahlkampfs muss sich Martin Schulz immer noch vorstellen

Nichts hat der SPD-Chef seither unversucht gelassen, damit die Deutschen sich ein besseres Bild von ihm machen können. In diesem Punkt hat Martin Schulz einen riesigen Rückstand auf Angela Merkel aufzuholen. Denn der Satz „Sie kennen mich” ist das Erfolgsrezept der Bundeskanzlerin. Ein hochrangiger SPD-Stratege glaubt, dass die Zeit seit der Nominierung viel zu kurz war, um die nötige Vertrautheit zwischen Schulz und den Deutschen herzustellen. Jetzt, im Endspurt seines Wahlkampfs, ist der SPD-Chef immer noch dabei, sich vorzustellen. Und versucht, Nähe zu schaffen – indem er zeigt, dass er seinerseits ganz viele Menschen kennt. Ganz normale Leute, die er im Alltag ständig trifft.

Im rheinischen Singsang erzählt er von der armen alten Frau, die 120 Euro Wohngeld bekommen würde, wenn ihre Rente nicht um lächerliche fünf Euro zu hoch wäre. Von dem Studenten, der mehr Zeit mit der Wohnungssuche verbringt als mit dem Studieren. Schulz berichtet von den Handwerkern, die er gerade im Haus hat, die alle Diesel fahren und jetzt Fahrverbote und Wertverlust fürchten. Vom Patienten, der schon viel zu lang im Wartezimmer sitzt und sich ärgert, dass ein anderer sofort drankommt, nur weil der privat versichert ist.

Kleine Geschichten von „kleinen Leuten” – Schulz baut sie immer wieder ein. Sie sollen zeigen, wie ungerecht es in Deutschland doch zugeht. Schulz’ Vorstellungen einer modernen sozialdemokratischen Politik bekommen so ein Gesicht – seines, mit Bart und Brille. Schulz gibt den hemdsärmeligen Macher, der entschieden vorgehen würde gegen Wohnungsnot, Zweiklassenmedizin oder schummelnde Autokonzerne. Das kommt gut an in der hessischen Studentenstadt. Zumal der 61-Jährige dort eine Art Heimspiel hat, die Gegend ist SPD-Hochburg. Doch selbst in der Wolle gefärbte Sozialdemokraten räumen ein, dass sie mit dem Namen Schulz noch gegen Ende vergangenen Jahres nicht viel anzufangen wussten. Ein langjähriger SPD-Kommunalpolitiker aus einer Umlandgemeinde sagt: „Das war einfach dieser Europapolitiker mit dem Bart. Was das für ein Mensch ist, wofür der steht, da hatte ich keine Ahnung.” Wie aber kann es sein, dass der weitgehend Unbekannte nach seiner Nominierung einen heute fast bizarr anmutenden Sturm der Begeisterung auslöste? Der Mittsiebziger mit Schiebermütze erklärt sich das so: „Die Genossen waren einfach froh, dass nicht der Gabriel antritt.”

Laut Umfragen kommt die SPD zeitweise nicht einmal auf 20 Prozent

Als Schulz Ende Januar vom Parteivorstand zum Kanzlerkandidaten gekürt wird, steckt die SPD in einer existenzbedrohenden Krise. Zwar kann sie in der Großen Koalition mit der Union durchaus Erfolge vorweisen – den Mindestlohn etwa oder die abschlagsfreie Rente mit 63. Doch die Lorbeeren trägt die Kanzlerin davon. Die SPD trifft der Fluch des Juniorpartners, der am Ende in der Wählergunst meist verliert, mit aller Härte. Laut Umfragen wollen ihr zeitweise nicht einmal 20 Prozent der Wähler ihre Stimme geben. Und alle Entscheidungen, für die die Kanzlerin kritisiert wird, etwa in der Flüchtlingskrise, hat die SPD voll mitgetragen.

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Sigmar Gabriel, der Parteichef, ist selbst in den eigenen Reihen so unbeliebt, dass keiner ihm auch nur den Hauch einer Chance gegen Merkel gibt. Doch dann trifft er die Entscheidung, die in der SPD damals als genialer Schachzug gefeiert und heute hinter vorgehaltener Hand immer öfter als ein Sich-aus-der-Verantwortung-Stehlen kritisiert wird. Gabriel verzichtet auf die Kandidatur und präsentiert Martin Schulz. Den Mann, der von außen kommt, der Teil der SPD ist, aber eben nicht der Großen Koalition. Der keine Rücksicht zu nehmen braucht – eigentlich.

Fußballer, Alkoholiker, Buchhändler: Es ist ein ungewöhnlicher Lebenslauf

In welchem Maß die SPD anfangs ihren neuen Vorsitzenden feiert, sagen Schulz-Vertraute, ist ihm selbst unheimlich. Wo immer er auftritt, jubeln begeisterte Genossen, von der „Lichtgestalt”, gar vom „Messias”, ist die Rede. Ganz offen träumt die SPD im Frühjahr davon, im „Schulz-Zug” direkt ins Kanzleramt zu fahren. Zur Euphorie trägt bei, dass der Hoffnungsträger so anders erscheint, als die meisten Spitzenpolitiker. Sein Lebenslauf ist ungewöhnlich, weist Brüche und Niederlagen auf. Der Sohn eines Polizeibeamten wächst in Würselen auf, einer Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen. Das katholische Gymnasium verlässt er ohne Abitur, weil er in Mathe schwächelt. Wie viele Jugendliche will er Fußballprofi werden. Das große Ziel scheint in greifbarer Nähe, als er als Mannschaftskapitän von Rhenania Würselen westdeutscher Vize-Jugendmeister wird. Doch ein kaputtes Knie macht ihn zum Sport-Invaliden und wirft ihn völlig aus der Bahn. Mit 24 Jahren ist Schulz Alkoholiker, schafft es aber, die Sucht zu besiegen. Er wird Buchhändler.

Seine Mutter hatte den örtlichen CDU-Verband gegründet – es ist also wohl auch Rebellion gegen das Elternhaus, die dazu führt, dass Martin Schulz wie seine vier Geschwister bei der SPD landet. Er bewundert Willy Brandt, ist bewegt von dessen Kniefall in Warschau. Im Hinterzimmer seiner Buchhandlung heckt er mit seinen Juso-Freunden Strategien aus. Und wird mit gerade einmal 31 Jahren Bürgermeister von Würselen. Gut 37.000 Einwohner hat die Stadt, die bei Aachen liegt, nahe der holländischen und belgischen Grenze. Von dort aus kann Schulz bequem nach Brüssel pendeln, seine Frau Inge und die beiden Kinder, die heute längst erwachsen sind, regelmäßig sehen, als er 1994, mit 38 Jahren, ins Europaparlament gewählt wird.

Mit Leidenschaft, Ehrgeiz und mitreißenden Reden schafft er den Aufstieg zum Vorsitzenden der Sozialistischen Fraktion und 2012 sogar zum Präsidenten des Europaparlaments. Schulz gilt als Vertreter des rechten Flügels der SPD. Vor den Konservativen im Parlament hat er wenig Berührungsängste. Zu Jean-Claude Juncker, dem Präsidenten der Europäischen Kommission, hat Schulz einen guten Draht – ebenso wie zur deutschen Kanzlerin. Nicht wenige glauben, dass er mit Attacken auf Merkel geizt, etwa im zahmen Fernsehduell, weil er sich schon jetzt als Koalitionspartner in Position bringen will.

Schulz beschwört geradezu seine Bodenständigkeit

Im Wahlkampf spielt Schulz seine lange Erfahrung auf höchster europapolitischer Ebene eher herunter. Brüssel, das weiß auch er, ist für viele Menschen ein Reizwort, das nach zu viel Bürokratie und Umverteilung klingt. Umso öfter betont er seine einfache Herkunft, beschwört geradezu seine Bodenständigkeit. Auch in Marburg erfahren die Zuhörer, dass seine Brille ein Kassengestell ist und seine Anzüge von der Stange sind. Im selben Atemzug geißelt er „selbst ernannte Eliten in den Medien”, die ihm die Aura eines Sparkassenangestellten oder den Charme eines Zugschaffners bescheinigen. „Was ist an einem Zugschaffner schlecht, was an einem Sparkassenangestellten? Das sind Leute, die Respekt verdienen”, wettert er. Der Spott gegen ihn, den Mann ohne Abitur, sei Ausdruck einer „tief sitzenden Verachtung gegenüber normalen Menschen”. Als Schulz „Respekt für alle Menschen” fordert, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Nachnamen, bekommt er an diesem Spätnachmittag den längsten Applaus.

Ein Mitglied aus seinem Wahlkampfteam berichtet, dass sie im Willy-Brandt-Haus keine befriedigende Erklärung dafür haben, warum der Kanzlerkandidat bei Auftritten im ganzen Land viel Zuspruch erntet und in den Umfragen seinen riesigen Rückstand auf Merkel doch nicht verringern kann. Dass die Euphorie der verrückten Anfangstage, als die SPD zeitweise auf Augenhöhe mit der Union schien, verpufft ist – klar, das habe mit den drei Niederlagen der SPD bei Landtagswahlen zu tun. Für die könne Schulz ja wenig, aber als Vorsitzender habe er eben den Kopf hinhalten müssen. Gerade die Wahlschlappe in seiner nordrhein-westfälischen Heimat habe ihn sehr geschmerzt.

Keiner der Themen wird zum Wahlkampfschlager

Die Deutschen kennen seither vor allem Schulz, den Verlierer. Der einer weit in Führung liegenden Gegnerin hinterherhechelt. Der im Wochentakt seine Vorschläge präsentiert, wie er Deutschland gerechter machen will. Damit aber kaum durchdringt – vielleicht, weil es dem Land so gut geht wie seit langem nicht. Der Plan, die Agenda-Reformen des letzten SPD-Kanzlers Gerhard Schröder zum Teil zurückzunehmen, geht dem linken Lager in seiner Partei nicht weit genug. Länger Arbeitslosengeld sollen nur Ältere bekommen, wenn sie an Qualifizierungsmaßnahmen teilnehmen. Ob Schulz die Einkommenslücke zwischen Frauen und Männern schließen will oder ein neues Rentenkonzept vorstellt – zum Wahlkampfschlager wird keines der Themen, die er setzt. Obwohl er beteuert, wie gut er die Leute kennt, mit all ihren Sorgen. Von der Frage aber, ob die Leute ihn schon gut und lang genug kennen, wird es abhängen, ob sie ihn in wenigen Tagen zum Bundeskanzler wählen.

Als in Marburg der Schlussapplaus verebbt, hat sich der Senior mit der Schiebermütze sein Bild vom SPD-Kandidaten gemacht. „Der könnte schon Kanzler”, sagt er. „Aber die Merkel kennen die Leute halt schon seit zwölf Jahren.”

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