Özdemir will mehr Bio-Landwirtschaft – doch die ist in der Krise
Agrarminister Cem Özdemir verfolgt ehrgeizige Ziele: 30 Prozent der Landwirtschaft sollen bis 2030 ökologisch sein. Doch die Bio-Branche steckt in der Krise.
Eine gesunde Ernährung ist wichtig – das ist unbestritten. Was sie allerdings kosten darf und was die Politik tun kann, um den Absatz von gesunden und nachhaltig erzeugten Lebensmitteln zu fördern – darüber gehen die Meinungen vor dem Start der Grünen Woche, der größten Agrarmesse der Welt, noch auseinander.
Cem Özdemir will 30 Prozent Bio-Landwirtschaft in Deutschland
Nach dem Willen von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir soll der Bio-Anteil in der Landwirtschaft auf 30 Prozent steigen und das Tierwohl künftig eine deutlich stärkere Rolle spielen. Der Grünen-Politiker wirbt damit, dass einige Bio-Produkte inzwischen sogar günstiger seien als konventionelle, zum Beispiel Gurken. Tatsächlich jedoch hat das Geschäft mit Bio-Lebensmitteln im vergangenen Jahr einen ungewohnten Dämpfer erhalten. Zum ersten Mal in seiner Geschichte ist der deutsche Öko-Markt nach einem Marktbericht des Bauernverbandes geschrumpft, nämlich um 4,1 Prozent auf 15 Milliarden Euro.
„Jede Bürgerin, jeder Bürger sollte sich darüber bewusst sein, dass es einen Unterschied macht, wie wir essen“, betont Özdemir im Interview mit unserer Redaktion. „Jeder Bissen zählt, wenn es um Tierwohl oder Klima geht.“
Vorschrift: 30 Prozent Bio-Lebensmittel in Kantinen des Bundes
Den Kantinen des Bundes will der Minister nun einen Bio-Anteil von 30 Prozent vorschreiben. Bauernpräsident Joachim Rukwied dagegen warnt vor übertriebenen Erwartungen an eine Ernährungswende: „Wer noch mehr Tierwohl in den Ställen will“, warnt er, „ muss auch bereit sein, im Supermarkt gezielt nach Tierwohl-Produkten zu greifen und einen etwas höheren Preis zu bezahlen. Sonst kann das nicht funktionieren.“
Gleichzeitig biete der Trend zur pflanzlichen Ernährung den Bauern aber auch neue Chancen, räumt Rukwied ein: „Die Erzeugung folgt immer dem Markt.“ Ein Beispiel dafür seien Kichererbsen, die es vor einigen Jahren so noch nicht auf deutschen Feldern gegeben habe.
Studie zeigt: Preise für Bio-Lebensmittel nicht so stark gestiegen
Nach einer Studie des Bundes für Ökologische Lebensmittelwirtschaft sind die Preise für etliche Bio-Produkte deutlich weniger stark gestiegen als die für konventionelle Produkte. Herkömmlich erzeugte Butter kostete danach im Herbst 2022 fast 60 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die Preise für Bio-Butter erhöhten sich dagegen bei den Discountern „nur“ um 35 Prozent und in Supermärkten um 29 Prozent. Am geringsten waren die Preiserhöhungen für Bio-Butter mit 19 Prozent in Bio-Supermärkten oder Reformhäusern.
Ganz ähnlich war die Entwicklung der Studie zufolge bei Möhren, Äpfeln und Eiern. Bei Frischmilch dagegen erhöhten die Discounter die Preise für konventionelle Ware und für Bio-Milch praktisch im Gleichschritt. Im übrigen Lebensmittelhandel verteuerte sich Bio-Milch sogar stärker als konventionelle Milch. Da das Preisniveau für Bio-Lebensmittel insgesamt höher ist, zögern viele Konsumenten jetzt vor dem Bio-Regal. Wie der Marktforscher GfK ermittelt hat, sind die Umsätze der Bio-Supermärkte binnen eines Jahres um 9,4 Prozent eingebrochen. Naturkostläden und Reformhäuser verzeichneten sogar ein Minus von 33,9 Prozent.
Nach dem Willen von Özdemir sollen bis zum Jahr 2030 mindestens 30 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland nach ökologischen Gesichtspunkten bewirtschaftet werden. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 waren es lediglich 10,9 Prozent. Nicht nach Fläche, sondern nach Höfen gerechnet, arbeiten im Moment 14 Prozent der Betriebe ökologisch. (mit dpa)
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Die Grünen wollten Ihre Verbraucheransichten schon immer anderen aufquetschen - nichts neues.
Man könnte aber natürlich auch akzeptieren, dass diese Vorschläge durchaus ihre Berechtigung haben! Es wäre schön, wenn die Einsicht jedes Einzelnen irgendwelche politischen Vorgaben unnötig machen würde.
Natürlich kann jeder Vorschläge machen. Ebenso natürlich darf auch jeder drauf reagieren oder antworten. Wenn Bio wenigstens noch gesünder und besser wäre ...
Wer die teils erbärmlichen Zustände in der Massentierhaltung kennt und dennoch am regelmäßigen Verzehr solcher Produkte festhält, obwohl es Alternativen gibt und man sich höherwertigere Produkte leisten kann, ist eigentlich nur zu bedauern.
Damit sich die Verhältnisse ändern, braucht es strengere Vorschriften. Auf die Einsicht der Verbraucher sollte man nicht unbedingt zählen. Und auf die der Produzenten noch weniger.
@Wolfgang B.: Fressen Sie ruhig den billigen Mist, am besten immer auf das Etikett "Jetzt neu mit verbesserter Rezeptur" achten, das ist bekanntlich am besten.
@Wolfgang L.: Absolut korrekt. Der deutsche Michel will sein Schnitzel für 69 Cent, weil sonst kann er sich ja den 1200€-Webergrill nicht leisten.
Wenn es keinen Unterschied gibt mach ich das auch. Der Geschmack - nicht das sog. Tierwohl zählt.