
EU sagt Regenwald-Kahlschlag den Kampf an


Der europäische Lebensstil ist für zehn Prozent der weltweiten Entwaldung verantwortlich. Das soll sich nun ändern. Die EU hat konkrete Pläne, wie das gelingen soll.
Regelmäßig schockieren Bilder von der Ausbreitung riesiger Farmen in Südamerika, die zum Kahlschlag ganzer Landstriche führt, von Vertreibungen indigener Amazonas-Bewohner für Ackerland oder von Straßen, die Schneisen in den Regenwald schlagen. Tatsächlich ist es bislang legal, wenn Bulldozer Gebiete im Amazonas plattmachen und die Unternehmer das Holz der geschlagenen Bäume in der EU verkaufen. Auf den frei gewordenen Flächen werden dann etwa Rinder gehalten, die Steaks landen oft in Supermärkten in Europa.
Europas Lifestyle für zehn Prozent der weltweiten Entwaldung verantwortlich
Der Verbrauch von Kaffee, Soja, Palmöl, Vieh und anderen Waren in der EU ist für etwa zehn Prozent der weltweiten Entwaldung verantwortlich. Laut Naturschutzorganisation WWF gingen im Jahr 2017 sogar 16 Prozent der globalen Tropenwaldabholzung auf das Konto der Europäer. Das soll sich nun ändern. Am frühen Dienstagmorgen haben sich die Unterhändler des EU-Parlaments und des Rats, also des Gremiums der 27 Mitgliedstaaten, auf ein Gesetz zum Schutz des Amazonas und anderer Wälder geeinigt.
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Künftig soll die Einfuhr zahlreicher Produkte in die EU nur erlaubt sein, wenn die Importeure nachweisen können, dass für den Anbau und die Produktion keine Regenwälder in Ackerflächen umgewandelt wurden. Die Einigung setze „neue Maßstäbe für den globalen Waldschutz“, sagte Anna Cavazzini, handelspolitische Sprecherin der Grünen im EU-Parlament, während die SPD-Europaabgeordnete Delara Burkhardt „einen globalen Goldstandard für Sorgfaltspflichten für entwaldungsfreie Lieferketten“ lobte. „Verbraucher können sich dann sicher sein, dass ihre Einkäufe nicht mehr zur Vernichtung von Regenwäldern beitragen.“
Um den Regenwald zu retten: auch Papier und Möbel auf Schutzliste
Der christdemokratische Verhandlungsführer des Parlaments, Christophe Hansen, äußerte die Hoffnung, „dass dies ein erster Schritt in Richtung eines neuen Modells für den weltweiten Schutz der Wälder ist“. Zustimmung kam auch von Naturschutzorganisationen. Die Verordnung sei „die erste weltweit, die gegen globale Entwaldung vorgeht und den ökologischen Fußabdruck der EU erheblich verringern wird“, sagte Susanne Winter, Programmleiterin für diesen Bereich beim WWF Deutschland. „Als großer Handelsblock wird die EU damit nicht nur die Spielregeln innerhalb ihrer Grenzen verändern, sondern auch einen großen Anreiz für andere Länder schaffen, diesen Schritt mitzugehen.“
Die neuen Vorschriften gelten überdies für Waren, die die gelisteten Naturprodukte enthalten, mit ihnen gefüttert sind oder aus ihnen hergestellt wurden, wie etwa bedrucktes Papier oder Möbelstücke. Diskussionen gab es bis zuletzt um Kautschuk. Letztendlich wurde der Rohstoff in die Verordnung aufgenommen, damit sind beispielsweise auch Reifen betroffen. Dagegen haben sich einige Mitgliedsstaaten, vorneweg Frankreich und Rumänien, mit ihrem Widerstand gegen die Aufnahme von Mais durchgesetzt. Zu wichtig erschien ihnen das Futtermittel für die Viehzucht der heimischen Landwirtschaft.
Kredite nur für Unternehmen, die nicht zur Regenwald-Abholzung beitragen?
Kritisiert wurde von den Abgeordneten, dass wegen der Ablehnung des Rats nicht noch mehr bewaldete Flächen wie Buschlandschaften durch das Gesetz abgesichert werden. „Damit besteht die Gefahr, dass landwirtschaftliche Aktivitäten einfach von nun geschützten Wäldern auf weiterhin ungeschützte Savannen-Landschaften ausweichen, so wie dies bereits in der südamerikanischen Cerrado-Savanne beobachtet werden kann“, sagte SPD-Politikerin Burkhardt.
Dieser Aspekt soll innerhalb von zwölf Monaten nochmals verhandelt werden. Die Grüne Cavazzini bemängelte, dass das Parlament mit der Forderung scheiterte, auch europäische Banken und Versicherungen in die Vorschriften mit aufzunehmen. Die Parlamentarier wollten erreichen, dass Unternehmen nur Kredite bekommen, wenn bei ihnen das Risiko gering ist, dass sie zur Abholzung von Wäldern beitragen. Nun soll die EU-Kommission in zwei Jahren prüfen, ob die Sorgfaltspflichten auf Finanzinstitute ausgeweitet werden sollten.
Als Stichtag für die Regelung haben die Unterhändler den 31. Dezember 2020 vereinbart, das heißt, Produkte dürfen nur importiert werden, wenn deren Erzeugung nicht auf danach abgeholzten Waldflächen erfolgte. Zwar steht noch die formale Billigung des Parlaments und der EU-Staaten aus, doch die Abgeordneten hoffen, dass die Verordnung spätestens ab Sommer 2024 für große Unternehmen gilt. Kleine Betriebe müssen sich voraussichtlich ab Frühjahr 2025 an die Regeln halten, wenn sie keine Geldstrafen riskieren wollen. So könnten Firmen bei Verstößen mit Bußen von „mindestens vier Prozent“ ihres Jahresumsatzes in der EU belegt werden.
Die Diskussion ist geschlossen.
Der Regenwald wird u. a. abgeholzt, um für die europäischen Rindviecher Viehfutter zu produzieren, also um die Massentierhaltung aufrechtzuerhalten. Oder um Edelfleisch in die EU einzuführen, obwohl hier genügend Lebensmittel produziert werden können. Im Gegenzug schwindet ein Gebiet, das für das Weltklima enorm wichtig ist ebenso wie für die dort lebende indigene Bevölkerung. Also ist es dringend an der Zeit, über neue Regeln und auch neue Produktionsmethoden nachzudenken und diese auch in die Tat umzusetzen.
Ohne die Umweltschutz in Misskredit zu bringen mal nachfolgendes zum Nachdenken: die Brasilianer holzen Wälder ab um ein Einkommen zu generieren, wir fällen Bäume für den Export von Holz, um Windräder aufzustellen (z.B. Reinhardswald, Nordhessen) und für Infrastruktur. Die Dimensionen sind unterschiedlich groß, das Grundprinzip aber vergleichbar. Als der Verkauf von Billigkleidung aufgrund der Corona- Maßnahmen stockte, rückten die Näherinnen in Bangladesh in den Fokus weil sie keine Arbeit mehr hatten. Alles hat zwei Seiten und man muss auch mal versuchen den gegensätzlich Standpunkt zu verstehen.