Schottland ohne England – Was bedeutet das eigentlich?
Wenn die Schotten am 18. September über die Abspaltung von England abstimmen, geht es um viel. Die Unabhängigkeit hätte weitreichende Auswirkungen.
Auf diesen Tag fiebern viele Schotten seit Jahren hin: Am 18. September stimmen sie darüber ab, ob ihr Land Teil von Großbritannien bleiben soll. Eine Abspaltung hätte viele Folgen:
Europäische Union
Schottlands Unabhängigkeitsbefürworter wollen EU-Mitglied bleiben. Doch aus Brüssel heißt es, dass ein souveränes Schottland sich nach Artikel 49 des EU-Vertrags neu bewerben müsste. Mehrere Staaten könnten aus Sorge vor Separationsbewegungen im eigenen Land einen solchen Aufnahmeantrag blockieren. Die Regierung in Edinburgh hofft deshalb darauf, dass bis zur geplanten Unabhängigkeit 2016 eine Vertragsänderung nach Artikel 48 verhandelt wird. Auf diesem Weg könnte Schottland in der EU bleiben, ohne sich um einen neuen Beitritt bewerben zu müssen.
Währung
Die Scottish National Party (SNP), die das Referendum ausgehandelt hat, will das britische Pfund Sterling behalten. Alle großen Parteien in London haben jedoch einstimmig erklärt, dass sie ihre Währung nicht mit einem souveränen Nachbarn teilen wollen. Eine Währungsunion wird abgelehnt, auch weil damit der schottischen Regierung weiterhin Mitsprache in der Währungspolitik eingeräumt werden müsste. Trotzdem könnte Schottland das Pfund benutzen – ohne formelle Union. Doch unter Experten gilt der Schritt, die politische Bindung aufzugeben, an der fiskalischen jedoch festzuhalten, als Wagnis. Eine kaum diskutierte, weil unpopuläre Option ist der Euro. Sollte Schottland als neues Mitglied der EU beitreten, müsste es sich verpflichten, eines Tages den Euro einzuführen. Die schottischen Banken fürchten, im Falle einer Unabhängigkeit den Schutz der Bank of England zu verlieren. Die Royal Bank of Scotland und Lloyds kündigten an, im Falle einer Unabhängigkeit nach London abzuwandern.
Atomwaffen
Das Versprechen der SNP beinhaltet, die britischen Atomwaffen vor der Küste Schottlands loszuwerden. Die mit Atomraketen bestückte U-Boot-Flotte soll abgezogen werden. Dafür plant die Regierung in Edinburgh, die Militärbasis zu einem regulären Marinestützpunkt umzubauen und eine eigene Armee aufzubauen. Wo London künftig die britischen Atomwaffen lagern würde, ist offen. Schottland müsste im Übrigen auch einen Neuantrag für die Aufnahme in die Nato stellen.
Schulden
Bereits vor einigen Monaten hat Westminster durchblicken lassen, dass Großbritannien im Falle einer Abspaltung zunächst für alle Staatsschulden verantwortlich bleibt. Nach der Unabhängigkeit gilt die Aufteilung nach der Zahl der Einwohner als einfachste Variante. Demnach käme auf den jungen Staat laut dem britischen Economist umgerechnet zwischen rund 151 Milliarden und 180 Milliarden Euro an Schulden zu.
Wirtschaft
Die Öl- und Gasvorkommen in der Nordsee befinden sich mehrheitlich auf schottischem Gebiet. Bei einer Unabhängigkeit würden 91 Prozent der Steuereinnahmen an die Schotten gehen, berechnete das Londoner Institut für Wirtschafts- und Sozialforschung. Geplant ist, daraus nach norwegischem Vorbild einen Öl-Fonds zu speisen, der künftigen Generationen zugutekommen soll. Doch Experten warnen, die Vorräte könnten früher versiegen als angenommen. Zuletzt betrugen die Einnahmen umgerechnet rund 8,2 Milliarden Euro pro Jahr. Zudem tragen die Exporte vor allem von Whisky, aber auch von Lachs, Dienstleistungen und Maschinen zur Wirtschaftsleistung Schottlands bei.
Monarchie
Die Schotten wollen Königin Elisabeth II. behalten. Sollte es zur Autonomie kommen, würde Schottland zu einer parlamentarischen Monarchie mit der Queen als Staatsoberhaupt werden – ähnlich wie in Kanada und Australien. Die Royals vertreten eine neutrale Position bezüglich des Referendums. Es heißt jedoch, dass die Queen eine große Anhängerin der Union ist.
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