Biden und Ryan: Zwei, die sich nichts schenken
Im TV-Duell versucht Vizepräsident Joe Biden mit einem aggressiven Auftritt gegen den jungen Republikaner Paul Ryan zu punkten.
US-Präsident Barack Obama kann durchatmen: In einem heiß umkämpften TV-Duell hat sein Vize Joe Biden ihm gegen dessen republikanischen Rivalen Paul Ryan wieder Spielraum verschafft. Biden tat alles, was sein Chef in der Vorwoche gegen Mitt Romney versäumt hatte: Er verteidigte Obamas Bilanz, warb für weitere vier Jahre und bedrängte die Gegenseite. Ein Befreiungsschlag wurde es trotzdem nicht: In einer CNN-Umfrage erklärten 48 Prozent der Zuschauer den Republikaner Ryan zum Sieger. 44 Prozent fanden Biden überzeugender.
Joe Biden: Der 69-Jährige grinst ständig und unterbricht laufend
Joe Biden war zuvor nicht bereit, seinem aufstrebenden Gegenüber irgendetwas durchgehen zu lassen. Der 69-jährige Vizepräsident grinst ungläubig, schüttelt den Kopf und unterbricht regelmäßig, wenn der 42-jährige Ryan etwas sagt. Für den Fall, dass jemand nicht mitbekommt, wie wenig ernst er seine Thesen nimmt, hat Biden noch eine gönnerhafte Anrede parat: „Mein Freund hier“, nennt er den 42-Jährigen immer wieder. Ryan schmunzelt, aber er bleibt respektvoll. Sein Auftritt wirkt nicht so spontan wie Bidens, sondern steifer und einstudierter. Im Studio in Danville, Kentucky, kommt sein Ernst aber an, und an vielen Bildschirmen auch.
„Im Ausland wachsen die Probleme, aber zuhause nehmen die Jobs nicht zu“, lautet Ryans zentrale Botschaft als ABC-News-Moderatorin Martha Raddatz ihm das Wort erteilt. Er greift die Regierung für ihren Umgang mit dem Terror in Libyen an, für das teure Konjunkturpaket, die zähe Wirtschaftsentwicklung und eine Außenpolitik, die an die Uno delegiert worden sei. Biden grinst: „Das ist ein Haufen Unsinn.“ Er rollt mit den Augen: „Verantwortungsloses Gerede!“
Er unterbricht: „Das ist einfach falsch!“ Dann sagt er nur „Oh Gott“ und tadelt: „Muss man einem Kongressabgeordneten wirklich erklären, dass man beim Thema Syrien oder Iran nicht einfach über Russland oder China hinwegtrampeln kann?“, fragt er. „Falls wir jemals eingreifen müssen, werden wir die Welt hinter uns haben, anders als damals, als wir die Amtsgeschäfte übernommen haben!“, spielt er auf George W. Bushs Irak-Krieg an.
US-Wahlen: Kampf um die Mittelschicht
Auch den Kampf um die Mittelschicht lässt Biden sich nicht nehmen: „Hören Sie auf, darüber zu reden, wie sehr Sie sich um die Menschen sorgen. Zeigen Sie mir einen Politikentwurf.“ Immer wieder kritisiert der Demokrat, dass Romneys Seite stets vage bleibe, wenn es um Details, etwa um Einsparungsmaßnahmen, gehe. Genüsslich reitet Biden auf dem Video herum, in dem Romney 47 Prozent der amerikanischen Wähler als Schmarotzer abgetan hat.
Ryan kontert, dass die Arbeitslosenquote unter Obama stark gestiegen sei, Biden fällt ihm auch hier aggressiv ins Wort. Vor wenigen Tagen sei die niedrigste Arbeitslosenquote seit Obamas Amtsantritt öffentlich geworden, nachdem der Präsident die Wirtschaftsrezession von seinem Vorgänger Bush geerbt habe, betont Biden.
Obama gegen Romney
Die professionellen TV-Duell-Beobachter gaben Biden im Fakten-Check die besseren Noten. Eine Mehrheit der Fernsehzuschauer fand jedoch Ryan nach der Debatte aber nicht nur sympathischer, sondern auch seriöser. Kommenden Dienstag kämpfen die beiden Präsidentschaftskandidaten wieder selbst gegeneinander. Diesmal werden die Fragen von Bürgern gestellt.
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