Keine Profi-Schiedsrichter
Hellmut Krug von der Deutschen Fußball-Liga ist gegen die Einführung von berufsmäßigen Unparteiischen.
Die Fußball-Schiedsrichter hatten es zuletzt nicht leicht. Erst erschütterte der über Monate hinweg dauernde Sex-Skandal zwischen dem ehemaligen Schiedsrichterfunktionär Manfred Amerell (Augsburg) und FIFA-Referee Michael Kempter (Sauldorf) nicht nur die Branche der Regelhüter, sondern auch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) in den Grundfesten. Dann gerieten einige Unparteiische in der Vorrunde dieser Saison wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ins Visier der Staatsanwaltschaft und in die negativen Schlagzeilen.
Im vergangenen November schließlich unternahm Bundesliga-Schiedsrichter Babak Rafati (Hannover) vor der Partie zwischen dem 1. FC Köln und dem FSV Mainz 05 einen gerade noch verhinderten Selbsttötungsversuch, der weiter viele Fragen aufwirft. Rafati hat sich seit diesem Vorfall noch nicht geäußert, sein Anwalt begründete die Tat mit Depressionen und dem „Leistungsdruck als Schiedsrichter“. Themen, die bei der Halbzeittagung der Bundesliga-Schiedsrichter am Wochenende in Mainz aufgearbeitet wurden.
Wie auch die Leistungen der Schiedsrichter in der Vorrunde dieser Saison. Gestern wurden auch bei einem Schiedsrichter-Seminar mit Sportjournalisten die Entscheidungen der Unparteiischen mit Hellmut Krug, dem Schiedsrichter-Chef der Deutschen Fußball-Liga (DFL), und dem Bundesliga-Unparteiischen Marco Fritz (Korb/Baden-Württemberg) anhand von 48 strittigen Szenen, die per Video zu sehen waren, diskutiert. Teils sehr kontrovers. Dabei nahm Krug bei Fehlentscheidungen auch kein Blatt vor den Mund und kritisierte seine Kollegen.
Von Ausnahmen abgesehen (Krug: „Vor allen Dingen der elfte Spieltag hatte es in sich, allein da gab es zwölf unterschiedlich bewertete Strafraumsituationen.“) war die Halbzeitbilanz der Schiedsrichter in Ordnung. Den Kritikern gab Krug einen Rat: „Beurteilen Sie die Szenen, wie Sie es in Echtzeit gesehen haben, nicht nach der vierten Zeitlupe auf dem Bildschirm. Denn selbst unter Fachleuten gibt es da unterschiedliche Meinungen.“ Deshalb lehnt Krug auch den immer wieder geforderten Videobeweis ab. Was sich er und die Regelhüter allerdings als Hilfsmittel wünschen würden, wäre der Chip im Ball. „Dann käme es nicht mehr zu umstrittenen Torentscheidungen, das würde unsere Arbeit erleichtern.“
Krug und Fritz sprachen sich gestern auch gegen die zuletzt von FIFA-Präsident Joseph S. Blatter angemahnte Einführung von Profi-Schiedsrichtern in Deutschland aus. Es spräche wenig dafür, aber viel dagegen. Krug: „Was passiert, wenn ein Schiedsrichter mal eine Saison schlechte Leistungen bringt? Schwebt dann das Damoklesschwert der Arbeitslosigkeit über ihm? Wie sieht es nach schweren Verletzungen aus?“ Für Marco Fritz, der als Bankkaufmann arbeitet, ist es sogar sehr wichtig, ein zweites berufliches Standbein zu haben.
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