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Keller vor dem Abgang: DFB sucht Weg aus der Krise und neue Führungsfiguren

Keller vor dem Abgang

DFB sucht Weg aus der Krise und neue Führungsfiguren

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    Muss sich vor der Ethikkammer des DFB-Sportgerichts erklären: Noch-DFB-Präsident Fritz Keller.
    Muss sich vor der Ethikkammer des DFB-Sportgerichts erklären: Noch-DFB-Präsident Fritz Keller. Foto: Patrick Seeger/dpa

    Im dunklen Sakko und mit großem Schal um den Hals hielt sich Fritz Keller bewusst im Hintergrund.

    Die kurze Abschiedstour des nach seinem Nazi-Vergleich tief gefallenen DFB-Präsidenten begann am Donnerstagabend beim DFB-Pokal-Finale - und führt ihn schon am Freitag vor das Sportgericht. Nach seiner Rückkehr aus Berlin muss sich der 64-Jährige in der Zentrale des Deutschen Fußball-Bundes verantworten - dort, wo die komplizierte Nachfolgesuche zur Feuerprobe wird. Wer bereit und in der Lage wäre, den DFB aus der tiefen Führungskrise zu lotsen, scheint völlig offen - die Übergangslösung mit Rainer Koch und Peter Peters trägt nicht unbedingt zur Beruhigung bei.

    "Das ist eine ganz große Mogelpackung", sagte Rekordnationalspieler Lothar Matthäus bei Sky und forderte als Ehrenspielführer der DFB-Auswahl einen "totalen Neuanfang" mit Rücktritten von allen, die "in dem Boot mit gesessen sind." Aus der Politik äußerte sich SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil ähnlich: "Der Verband braucht einen kompletten Neustart in der Verbandskultur", sagte der 43-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. "Dazu gehört auch eine gründliche, ehrliche Aufarbeitung dessen, was in den letzten Jahren im DFB alles schiefgelaufen ist."

    Beim Pokal-Endspiel zwischen Borussia Dortmund und RB Leipzig sollte Keller nicht mehr an prominenter Position zu sehen sein - das wurde schon vor der Partie entschieden, laut DFB-Mitteilung auf Kellers Vorschlag hin. "Kein Offizieller vom DFB" sollte auf dem Platz stehen, teilte der Verband mit, die Pokalübergabe war einer Nachwuchsfußballerin und einem Nachwuchsfußballer vorbehalten. Bilder von Keller und den Pokalhelden dieser Saison hätten nicht gepasst.

    Der im September 2019 als großer Erneuerer angetretene 64-Jährige ist im Amt gescheitert - an den lähmenden Querelen im Präsidium und an sich selbst. Am Freitag wird das Sportgericht unter dem Vorsitzenden Hans E. Lorenz entscheiden, ob und wie Keller noch zusätzlich belangt wird.

    "Die Weichen für eine Neuaufstellung des DFB" seien gestellt, hatte der DFB am Dienstagabend mitgeteilt. Mit Generalsekretär Friedrich Curtius wird über eine Vertragsauflösung verhandelt. Koch und Schatzmeister Stephan Osnabrügge werden beim kommenden Bundestag, der auf Anfang 2022 vorgezogen werden soll, nicht mehr zur Wiederwahl antreten. Das Trio und Keller hatten sich den folgenschweren Streit geliefert, der darin gegipfelt war, dass der DFB-Präsident seinen Vize Koch als "Freisler" bezeichnet hatte. Ein Vergleich also mit Roland Freisler, dem Vorsitzenden des Volksgerichtshofes im Nationalsozialismus.

    Der radikale Umbau war deshalb von etlichen gefordert worden. Nach Matthäus sprach sich auch Reiner Calmund für Noch-Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge (65) als Erneuerer beim DFB aus. "Er steht für Kompetenz, Erfahrung, Souveränität und hat auch in ganz Europa die richtige Anerkennung. Es gibt in Deutschland keine Persönlichkeit, die den Jugend-, Amateur- und Profibereich besser vertreten könnte als er. Das wären für mich sechs Richtige im Lotto", sagte der frühere Manager des Bundesligisten Bayer Leverkusen am Donnerstag im Fußball-Podcast "Messi & Ronaldo XXL". Rummenigge selbst bekundete bisher aber kein Interesse an dem Job.

    Ex-Bundestrainer Berti Vogts nannte einen anderen Namen. "Für mich braucht es an der Spitze des Verbandes einen starken Mann - und das kann eigentlich nur Uli Hoeneß (69) sein", sagte er der "Rheinischen Post". Auch Weltmeister-Kapitän Philipp Lahm (37), Organisationschef der Münchner EM-Spiele im Sommer und des Heim-Turniers 2024, wird immer wieder ins Spiel gebracht. Interesse bekundet hatte zuletzt die Anti-Korruptionsexpertin Sylvia Schenk (68).

    Die Amateursportvertreterin Ute Groth, die 2019 gegen Keller am Ende nicht zur Wahl zugelassen worden war, sagte der dpa, sie arbeite derzeit mit einem Team an tiefgreifenden Reformvorschlägen. "Es gibt überall fähige Leute, die Erfahrung und Wissen einbringen können", sagte sie. Die Entfremdung der Basis, zwischen den Amateuren und Profifußballern, sei "eklatant - da müssen wir aufeinanderzugehen". Weg von der "Kultur der Vorwürfe" und hin zu "Verständigung" und "Unterstützung".

    Koch will diesen Prozess bis zur Neuwahl zum dritten Mal als Interimspräsident begleiten. Ob er seine Funktionärskarriere komplett beendet, ist nach dpa-Informationen offen. Der 62-Jährige strebt aber keine Position im Präsidium oder DFB-Vorstand mehr an. Koch führt derzeit auch den Bayerischen sowie den Süddeutschen Fußball-Verband und sitzt zudem noch im Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union, was laut UEFA-Statuten auch nach seinem Abschied als DFB-Vize weiter möglich wäre. Wenn der DFB nicht die Abberufung fordert.

    Ein Briefwechsel zwischen Koch und DFL-Geschäftsführer Christian Seifert hatte tiefe Gräben zwischen den beiden Funktionären offenbart, die für den aktuell kaum zu lösenden Konflikt der beiden Lager stehen. Peters ist stellvertretender Sprecher des Präsidiums der Deutschen Fußball Liga - entsprechend schwer ist vorstellbar, dass er und Koch in den kommenden Monaten harmonisch zusammenarbeiten. Mindestens konstruktiv muss es aber sein: Unter anderem steht die von DFB-Direktor Oliver Bierhoff vorangetriebene Verpflichtung von Hansi Flick als Bundestrainer an, Joachim Löw hört nach der EM im Sommer auf.

    Koch scheint zudem dem Profilager als DFB-Vertreter in der UEFA bis 2025 schwer vermittelbar - zumal Rummenigge zuletzt ebenfalls wieder in das Entscheidergremium gewählt worden war. Allerdings würde für Koch nicht automatisch ein DFB-Vertreter nachrücken. Für Curtius soll die stellvertretende Generalsekretärin Heike Ullrich dessen Geschäftsbereiche kommissarisch übernehmen. Die dauerhafte Beförderung der diplomierten Sportökonomin scheint nicht ausgeschlossen.

    © dpa-infocom, dpa:210512-99-571366/9 (dpa)

    Mitteilung vom 13. Mai

    Mitteilung vom 11. Mai

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