Nach Toyota auch Renault? - Ferrari schlägt Alarm
Maranello (dpa) - Ferrari schlägt Alarm. Erst Honda, dann BMW, nun Toyota und schon bald auch Renault? Die Formel 1 erlebt einen noch vor kurzer Zeit kaum für möglich gehaltenen Exodus und steht vor dem tiefgreifendsten Wandel der vergangenen Jahre.
Um den Ernst der Lage in der Formel 1 zu beschreiben, bemühte Ferrari die Literatur. Die Situation nach dem Ausstieg von Toyota verglich das Team aus Maranello mit dem Agatha-Christie-Roman "Ten Little Indians" (Deutscher Titel: "Und dann gab's keines mehr"). Doch die Realität sei "sehr viel ernster", schrieb Ferrari in seiner ungewöhnlichen Mitteilung zum Rückzug der Japaner.
Auch Renault könnte schon bald die Ausfahrt aus dem teuren PS-Kreisverkehr nehmen. Für den 5. November war in Paris eine außerordentliche Sitzung der Franzosen mit dem Tagesordnungspunkt "Ausstieg" angesetzt. Auch die Teamchefs Jean-Francois Caubet und Bob Bell sind laut der Online-Seite des Fachmagazins "auto, motor und sport" geladen. Sollte Renault sich tatsächlich zurückziehen oder sich auf die Motorenlieferung beschränken, würden nur noch der Mythos Ferrari und Mercedes als Hersteller in der Formel 1 übrig bleiben.
Die italienische Zeitung "La Stampa" befürchtet bereits einen "Domino-Effekt". "La Repubblica" glaubt: "Die Formel 1 bricht auseinander." In dem Roman von Agatha Christie werde der Schuldige erst gefunden, weil einer nach dem anderen stirbt, setzt Ferrari seine Buch-Besprechung fort und endet mit der Frage: "Wollen wir abwarten, bis dies bei uns passiert oder wollen wir für das Formel-1-Buch ein anderes Ende schreiben?"
Die Gründe für die Flucht der vergangenen elf Monate sowie den angekündigten Rückzug des Reifenlieferanten Bridgestone seien weniger ein Resultat von wirtschaftlichen Krisen, meint Ferrari. "Die Wahrheit ist, dass dieser allmähliche Rückzug aus der Formel-1-Gemeinde mehr zu tun hat mit dem Krieg gegen die großen Automobilhersteller, den diejenigen in den vergangenen Jahren geführt haben, die die Formel 1 managen." Adressaten der Schuldzuweisungen aus Italien sind der Automobil-Weltverband FIA und Formel-1-Chefvermarkter Bernie Ecclestone.
Die Ferrari-Verantwortlichen tun sich offensichtlich schwer mit dem Umbruch in der Formel 1. Im kommenden Jahr heißen die Gegner der Scuderia nicht mehr BMW, Toyota oder - wie noch 2008 - Honda. Sie haben dann weniger klangvollere Namen wie Manor, Lotus, USF1, Campos oder BMW-Sauber-Käufer Qadbak - sofern diese Teams überhaupt in der Lage sind zu starten. Man könne sagen, dass es sich ausgleicht, weil es genug Teilnehmer gebe, schrieb Ferrari und warnte: "Das entspricht aber nicht der Wahrheit. Wir müssen das kommende Jahr abwarten und schauen, ob tatsächlich so viele Teams beim Rennen in Bahrain am Start stehen und wie viele bis zum Saisonende durchhalten."
An der Situation, die Ferrari nun beklagt, sind die Hersteller allerdings auch selbst schuld. In dem Machtkampf zwischen ihnen mit der FIA und Ecclestone ging es vor allem auch um Kostenreduzierungen. Durch den Einstieg der Automobilkonzerne war in den vergangenen Jahren aus dem Millionen-Geschäft Formel 1 ein Milliarden-Geschäft geworden. Die Ausgaben stiegen horrend. Toyota hat über 2,5 Milliarden Euro seit 2002 ausgegeben, um auf dem Asphalt-Abenteuerspielplatz mitzumischen.
In der Saison 2008 kurvten noch mehr Werksteams oder Teams mit Konzern-Beteiligung als Privat-Rennställe auf den Strecken der Welt. Dass die Flucht nun zu einem Zeitpunkt erfolgt, da die Kosten sich auf vergleichbar überschaubare 100 Millionen Euro beschränken sollen, zeigt, wie ernst die Wirtschaftssituation der Unternehmen ist.
Aber auch PS-"Pate" Ecclestone muss sich Gedanken über seine Strategie "Go east" machen. Immer mehr Rennen finden in Asien oder dem Mittleren Osten statt. Hier sieht der Brite die Märkte der Zukunft. In Japan hat die Formel 1 allerdings viel von ihrer Popularität verloren. So sind 2010 nun weder ein Team noch voraussichtlich ein Fahrer aus dem "Land der aufgehenden Sonne" dabei.
An der Börse in Tokio spielte Toyotas Ausstieg kaum ein Rolle. Wichtiger waren die Quartalszahlen, die im dritten Viertel des Jahres überraschend einen leichten Gewinn auswiesen. Der Kurs sank um 0,8 Prozent und war damit besser als der Trend im Nikkei-Index, der ein Minus von 1,3 Prozent verzeichnete.
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