FCA oder FCB?
Vor der Bundesliga-Partie gegen Bayern München müssen sich etliche Anhänger für einen Verein entscheiden, obwohl sie sonst mit beiden sympathisieren.
Josef Pongratz (54) wird am Sonntag nicht in der Augsburger SGL-Arena sein. Bis zuletzt hat er sich um eine Karte bemüht, aber es war nichts zu machen – weder beim FC Augsburg noch bei „seinem“ Verein, dem FC Bayern München. „Keine Chance“, sagt Pongratz, der Vorsitzende der „Datschiburger Bayernfans“. Das bayerische Derby bewegt die Massen, ist seit Monaten ausverkauft. Pongratz wird es sich also in seiner ausgebauten Doppelgarage mit privater Theke und Großbildleinwand gemütlich machen; in der Donauwörther Straße, einen Steinwurf vom Vereinsgelände des FCA entfernt.
Er habe sich gefreut, als der FCA in die erste Liga aufgestiegen ist. „Für mich ist das ein zusätzliches Derby“, sagt Pongratz. Ginge es nicht gegen seine Bayern, würde er dem FCA die Daumen drücken. So aber zählt am Sonntag nur ein Bayern-Sieg. Wie es ausgeht, steht auch schon fest. „Ich bin der festen Überzeugung, dass der FCA nichts holen wird.“ Pongratz kündigt an, dass sich Nachbarn und Kumpels in seinem Party-Raum in zwei Lager aufteilen werden, in FCA- und FCB-Fans, auch wenn sie an anderen Tagen beiden Vereinen zugeneigt sind.
Schnittmenge der Fans
Die Schnittmenge aus Fans, die mit beiden Klubs sympathisieren, ist im Vorfeld der Partie groß – abgesehen von den Hardcore-Anhängern in den Stehplatzblöcken, wo es klare Bekenntnisse gibt. Gerade wenn der Krösus aus München international tätig ist, wechseln Augsburger Anhänger ins rote Lager. Etliche FCA-Fans freuten sich am Mittwoch noch über den 3:2-Erfolg des FCB in der Champions League gegen Neapel, am Sonntag drücken sie dem FCA die Daumen.
Jakob Ludwig, Vorsitzender der „Augsburger Jungs“, weiß dies. Er hat selbst sechs Jahre in München gewohnt, mit dem Hoeneß-Verein kann er trotzdem nichts anfangen. „Für mich ist Bayern ein Verein wie Dortmund oder Leverkusen“, sagt er. „Nicht mehr.“
Ludwig hat nichts gegen Fans, in deren Brust Bayern- und FCA-Herzen schlagen, er kann es auch ein Stück weit nachvollziehen. Ein Problem hätte er allerdings damit, wenn sich im rot-grün-weißen Fan-Block, dort, wo keine andere Liebe als die zum FCA zugelassen ist, Bayern-Fans erspähen ließen. „Da müssen sich die Leute schon entscheiden“, sagt er geradeheraus.
Jahrelang dümpelte der FC Augsburg an der Grenze zum professionellen Fußball herum. Dem schwäbischen Traditionsverein fehlen aus diesem Grund aus dem Augsburger Umland einige Generationen treuer Fans, die stets nach München pilgerten, wenn sie hochklassigen Profi-Fußball im Stadion erleben wollten.
Mit jeder Saison in der Bundesliga holt der FCA auf, gerade die jungen Erwachsenen scheinen begeisterungsfähig. „Bei den 20- bis 25-Jährigen haben wir keine Probleme“, bestätigt Alexander Edin, der FCA-Fanbeauftragte. Ihm ist bekannt, dass in heutigen FCA-Fans tief verwurzelte Bayern-Sympathien aus der Vergangenheit schlummern. Edin kann sich sogar vorstellen, dass am Sonntag „Zwitterfans“ im Stadion sein werden, ausgestattet beispielsweise mit FCA-Trikot und Bayern-Schal.
Bei ihnen wird die Vorfreude auf das schwäbisch-oberbayerische Duell nicht minder groß sein wie bei Edin. „Es ist ein Höhepunkt“, sagt der Fanbeauftragte. Obwohl der FC Bayern in den jüngsten Wochen gehobene Fußballkunst zelebrierte und manchen Gegner mit riesigem Torhunger abfertigte, hat er keine Angst davor, dass der FCA vorgeführt wird. Eine knappe Niederlage plant er aber unverhohlen ein.
Darauf werde es wohl hinauslaufen, vermutet FCB-Fan Pongratz. Er ist überzeugt, dass Augsburg den Klassenerhalt schafft. Die nötigen Punkte dafür müssten sie aber gegen andere holen, nicht gegen seinen FC Bayern.
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