Immer mehr weibliche Fußball-Fans
Frankfurt/Main (dpa) - Mädchen und Frauen erobern immer mehr die Stadien der Bundesliga: Noch nie gab es so viele weibliche Fußball-Fans.
Auf etwa 40 Prozent schätzt Mediendirektor Markus Hörwick beim deutschen Rekordmeister FC Bayern München den Anteil: "Früher war es eine Männerdomäne, jetzt kommen die Frauen mit." Bundesweit 13,7 Millionen sind nach einer Studie des Kölner Marktforschungs-Unternehmens "Sport+Markt" vom Ballfieber infiziert, 1991 waren es nur 5,9 Millionen. Tendenz: weiter steigend.
Bei der letzten Erhebung der Deutschen Fußball Liga (DFL) am Ende der Saison 2007/2008 waren 23 Prozent der Besucher weiblich. Es sind nicht nur Teenager, die Lukas Podolski, Bastian Schweinsteiger & Co. verehren: Es sind vor allem Frauen, die schlichtweg ein spannendes Fußballspiel sehen wollen und es genießen, dass die Arenen sicherer und komfortabler geworden sind.
Das "Sommermärchen" hat diesen Boom verstärkt - selbst bei Senioren: Regina Tochtermann aus Stuttgart konnte der populärsten Sportart Deutschlands nie etwas abgewinnen, obwohl ihre beiden ältesten Kinder viele Jahre im Verein kickten und die Jüngste eine Dauerkarte beim VfB hat. Bei der WM 2006 saß sie zur Überraschung der gesamten Sippschaft plötzlich dauernd vor dem Fernseher. Danach wünschte sie sich zum Geburtstag eine Eintrittskarte für ein Bundesliga-Spiel. Mit 67 war sie erstmals in einem Stadion und der Fußball-Gott belohnte sie: Zur Premiere gab's Stuttgarts 6:3 über Werder Bremen. Dolores Ossyra hatte beruflich mit 1899 Hoffenheim zu tun und bekam eine VIP-Karte geschenkt. "Seitdem bin ich Fußball-Fan, besser gesagt Hoffenheim-Fan", sagte die 53-Jährige aus Gemmingen, die inzwischen einen Stammplatz in der Rhein-Neckar-Arena hat.
Einige Vereine haben sich der neuen Kundschaft dankend angenommen, vor allem der konsumfreudigen jüngeren: So vertreibt der VfB Stuttgart in seinem Fanshop ein "Home Damen-Trikot", außerdem Kapuzenpullis, Poloshirts und Fleece-Jacken mit dem Vereinslogo. Werder Bremen verkauft sogar Taschen und Geldbörsen - kein Wunder: Mehr als 100 Millionen Euro geben die weiblichen Fans pro Saison in den Bundesliga-Arenen aus, schätzen die Experten von Sport+Markt".
Bei der "alten Dame" Hertha BSC sind - wie der Club in einer Studie hat untersuchen lassen - ein Viertel der Zuschauer weiblich. Deshalb haben die Berliner sogar eine eigene Homepage für diese Klientel. Wie viele Mädchen und Frauen inzwischen in Fan-Clubs organisiert sind, hat die Koordination Fanprojekte des DFB noch nicht erfasst. Aber es gibt schon welche ohne männlichen Anteil wie "Die Bande" bei Bayer Leverkusen.
Fakt ist: Bei der Europameisterschaft 2008 saßen in Deutschland mehr Frauen als Männer vor den Bildschirmen. 60 Prozent sehen Fußball als beliebteste TV-Sportart - 1991 waren es nur 22 Prozent, die ein Faible für Doppelpass und Torschuss hatten. Im fast gleichen Zeitraum hat sich auch die Zahl der weiblichen Mitglieder beim DFB etwa verdoppelt - auf inzwischen über eine Million (bei insgesamt knapp 6,6 Millionen). "Die Treiber des Fußball-Booms in Deutschland sind die Frauen", sagte "Sport+Markt"-Vorstand Hartmut Zastrow. Sie seien ein "wesentlicher Wirtschaftsfaktor und überdurchschnittlich konsumfreudig, deshalb prophezeit der Marketing-Experte: "Neue Branchen werden mehr und mehr in den Fußball investieren."
Nach dem Bundesliga-Report der DFL beträgt der Anteil von Frauen unter den Fußball-Interessierten in Deutschland inzwischen 30,5 Prozent. Das passt zu den Zahlen, die die ARD ermittelt hat: Bei der Sportschau sind 30 Prozent der Zuschauer weiblich. Zwischen den 14- und 19-Jährigen sind Mädchen und Jungs mittlerweile auf gleicher Ballhöhe. "Die Zukunft des Fußballs ist weiblich" - hat auch Joseph Blatter erkannt. Und der Präsident des Weltverbandes FIFA meint damit nicht nur die ebenso stetig wachsende Zahl von Kickerinnen in aller Welt.
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