„Dann werden sie uns zerfetzen“
Stefan Kutschke ist kein Typ für Alibis und Schubladen. Nach der schlechten Pokal-Leistung spricht der Angreifer Klartext. Was am Samstag in Magdeburg gefragt ist
Stefan Kutschke lässt sich nicht gerne in ein Klischee oder in eine bestimmte Schublade stecken. Erst recht nicht, wenn es um die „Phrasendrescherei“ im Fußball-Geschäft geht. Gerade im Misserfolg greifen seine Kollegen – unabhängig von der Vereinszugehörigkeit – zumeist zu belanglosen Standardaussagen, um möglichst nichts Falsches zu sagen. Schließlich könnte das möglicherweise Mitspieler oder Verantwortliche „verletzen“ sowie zusätzlichen Staub aufwirbeln.
Als der Angreifer des Zweitligisten FC Ingolstadt am gestrigen Freitagmittag in die kleine obligatorische Medienrunde tritt, wirkt er wie immer freundlich, zuvorkommend – aber auch überaus nachdenklich! Dass das DFB-Pokalspiel vom vergangenen Montag beim Aufsteiger SC Paderborn (1:2) beziehungsweise die Art und Weise, wie sich die Schanzer dabei präsentiert haben, eines der Hauptgesprächsthemen in den folgenden rund 30 Minuten sein würde, dessen war sich Kutschke freilich bewusst. „Ich habe mir nicht nur bis einschließlich Donnerstag viele Gedanken über diese Partie gemacht, weil ich einfach nicht der Typ bin, der ein solches Match innerhalb kürzester Zeit einfach so abhaken kann – sondern auch darüber, wie ich mich darüber in der Öffentlichkeit äußere, ohne dabei auf bestimmte Alibis, die in solchen Situationen immer wieder gerne genommen werden, zurückzugreifen“, beginnt Kutschke.
Dementsprechend fällt die Analyse des 29-Jährigen auch offen und ehrlich aus. „Gerade das, was wir in den ersten 45 Minuten in Paderborn abgeliefert haben, war absolut blamabel und grottenschlecht. So kann und darf man nicht auftreten“, redet Kutschke erst gar nicht um den heißen Brei. Seinen Cheftrainer Stefan Leitl nimmt er dabei ausdrücklich aus der Schusslinie: „Unsere Coaches hatten im Vorfeld einen eindeutigen Matchplan ausgegeben, wie wir Paderborn zu bespielen haben. Nur wenn sich keiner daran hält, kann man ein solches Spiel schlichtweg nicht gewinnen.“ Ursprünglich wollte man unter anderem über die sogenannten „zweiten Bälle“ Druck auf die Defensiv-Reihe der Hausherren ausüben. Doch letztlich blieb es im ersten Abschnitt beim puren Vorhaben auf dem Taktikboard. „Ich kann mich ehrlich gesagt nicht erinnern, dass wir in dieser Phase überhaupt nur einen dieser Bälle gewonnen hätten“, sagt Kutschke, der sich allerdings auch selbst gehörig in die Pflicht nimmt: „Gerade wir erfahrenen Akteure müssen in solchen Momenten, in denen wir merken, dass etwas ziemlich in die falsche Richtung läuft, einschreiten und unsere Teamkollegen wachrütteln. Diesbezüglich muss ich mich an die eigene Nase fassen.“
Die fehlende Leidenschaft lasse sich laut dem FCI-Stürmer auch daran festmachen, dass nach 90 Minuten lediglich eine Gelbe Karte auf dem Spielberichtsbogen stand. „Natürlich muss man niemanden über die Bande treten. Aber in einem Pokalmatch, wo es nur ums Weiterkommen oder Ausscheiden geht, muss man sich auch einmal wehren. Das haben wir über weite Strecken einfach nicht gemacht.“
Sollten sich die Schanzer beim heutigen Zweitliga-Duell mit dem 1. FC Magdeburg (13 Uhr) ähnlich präsentieren wie gegen Paderborn im ersten Durchgang, weiß der Ingolstädter Sturmführer, der im Übrigen von Cheftrainer Leitl eine Stammplatz-Garantie gegen den Aufsteiger erhielt, genau, was ihm und seinen Mannschaftskameraden in diesem Fall blühen würde. „Magdeburg definiert sich über die Leidenschaft und den Kampf. Vor allem in den ersten 20 Minuten werden sie vor ihren rund 20000 Zuschauern eine brutale Power an den Tag legen. Wenn wir da nicht entsprechend dagegenhalten, werden wir zerfetzt“, so Kutschke.
Auf einen freundlichen Empfang in der dortigen MDCC-Arena kann er sich als gebürtiger Dresdner (Kutschke: „Zwischen Magdeburg und Dresden herrscht eine große Rivalität.“) ohnehin nicht gefasst machen – was wohl auch an zwei weiteren „Vorfällen“ liegen dürfte. Zum einen feierte Kutschke mit den Dynamos im Jahr 2016 ausgerechnet in Magdeburg durch ein 2:2-Remis den Aufstieg in die 2. Liga. Zum anderen erzielte er in der Saison 2012/2013 – seinerzeit im Trikot von RB Leipzig – einen Hattrick gegen den FCM.
Verzichten muss Ingolstadts Coach Stefan Leitl heute im Magdeburger „Hexenkessel“ neben den beiden langzeitverletzten Almog Cohen und Christian Träsch auch auf Marcel Gaus (Bauchmuskelverletzung) und Youngster Joey Breitfeld, der sich einen Kreuzbandriss zugezogen hat.
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