Linus Straßer genießt in Schladming einen seltenen Moment des Genusses
Linus Straßer gewinnt den Slalom in Schladming und gilt nun als Medaillenkandidat für Olympia. Doch in keiner anderen Disziplin ist der Erfolg wankelmütiger. Gewohnt unterhaltsam war dafür ein Kommentatoren-Duo.
Äußerlich wirkte Linus Straßer einigermaßen gefasst, als klar war, dass er den legendären Nacht-Slalom von Schladming gewonnen hat. Zumindest im Vergleich zum Rotz und Wasser heulenden Norweger Atle Lie McGrath, der im zweiten Durchgang völlig überraschend von sehr weit hinten nach fast ganz vorne gefahren war. „Enjoy“, rief ihm Straßer zu. Genieße den Moment. Ein guter Rat, denn Erfolg ist für Slalomfahrer in diesen Tagen ein sehr flüchtiger Begleiter. Österreichs Überfahrer Marcel Hirscher, der seine Karriere 2019 beendete, war der letzte Seriensieger. Seitdem ist es völlig unvorhersehbar geworden, wer aufs Podest fährt. Prognosen haben die Halbwertszeit von einem Pfund Butter in der Sahara. Neben dem Norweger Lucas Braathen, Manuel Feller aus Österreich und dem Schweden Kristoffer Jakobsen ist Straßer der Einzige, der es in dieser Saison bereits zwei Mal auf ein Podium im Slalom geschafft hat. Von Konstanz zu sprechen, wäre angesichts seiner übrigen Ergebnisse – Platz 14 sowie drei Nullnummern – jedoch vermessen.
Es liegt nicht viel zwischen Scheitern und Sieg
„Zwischen Leid und so was hier liegt so wenig“, sagte Straßer dann auch richtigerweise, als er zu später Abendstunde freudestrahlend vor dem ARD-Mikrofon stand. Dabei hielt er seinen Daumen und Zeigefinger nur etwas mehr als einen Zentimeter voneinander entfernt in die Höhe. Speziell im Slalom ist die Gefahr des Ausscheidens allgegenwärtig. Es ist die große Kunst, die richtige Balance zwischen Attacke und Beherrschtheit zu finden. Wer zu viel attackiert, fädelt ein. Wer zu wenig attackiert, fädelt zwar nicht ein, kommt aber unter ferner liefen ins Ziel. In Schladming fand Straßer die richtige Mischung. Er sei ganz bei sich geblieben. Bei dem, was er kann. Er habe sich von nichts ablenken lassen. Hilfreich dürfte diesbezüglich gewesen sein, dass nur rund 1000 Zuschauer an der Piste standen. In normalen Zeiten pilgern rund 50.000 Österreicher nach Schladming und machen die Nacht zum Tage. „Es gibt Fahrer, die pusht so eine Kulisse. Und es gibt Fahrer, die hemmt das eher“, sagt auch Bernd Schmelzer, der an diesem Abend von Schladming ein weiterer Hauptdarsteller war – zumindest für all diejenigen, die sich das Rennen im Bayerischen Fernsehen anschauten.
Bernd Schmelzer kommentierte mit Rainer Schönfelder
Dort kommentierte Schmelzer im Duett mit dem ehemaligen Weltklasse-Slalomfahrer Rainer Schönfelder. Einmal pro Saison, immer in Schladming, sitzen der Allgäuer Schmelzer und der Österreicher Schönfelder gemeinsam am Mikrofon und sorgen mit einer Mischung aus komödiantischem Geschick und großer Expertise für die akustische Beilage zum sportlichen Hauptgericht. Zum sechsten oder siebten Mal habe man das nun schon gemacht, sagt Schmelzer und einmal mehr würden sie in den sozialen Netzwerken von Reaktionen überflutet. „Fast alle sind positiv, was heutzutage ja sehr verwunderlich ist. Meist wird da im Schutz der Anonymität nur geschimpft und wenn du schaust, wer das geschrieben hat, steht da dann Erdbeere28. In diesem Fall wird sehr viel gelobt, was uns natürlich sehr freut.“ Dabei sei nichts von dem Gesagten vorbereitet. „Dieser verrückte Österreicher und ich liegen einfach auf der gleichen Wellenlänge. Wir verstehen uns sehr gut und haben ja zusammen auch den Podcast Schönis GeSKIchten“, erzählt Schmelzer. „Jeder weiß vom anderen genau, wie er tickt.“
Diverse Frotzeleien vor dem zufriedenen Blick aufs Podest
Und diesmal durften beide, nach diversen Frotzeleien, auch einigermaßen zufrieden aufs Podest blicken. Aus dem von Schönfelder erhofften österreichischen Dreifachsieg wurde zwar nichts, aber immerhin fuhr sein Landsmann Manuel Feller auf Platz drei.
Bei den Olympischen Winterspielen in Peking, die in etwas mehr als einer Woche beginnen, wird Schmelzer dann wieder ohne seinen Spezi auskommen müssen. Aber vielleicht darf er dann wieder einen Erfolg von Linus Straßer kommentieren, denn der Münchner hat sich durch den Erfolg in Schladming in den engsten Kreis der Medaillenkandidaten katapultiert. Zwei Tage werde er jetzt pausieren, sagte Straßer. Dann beginnt die Vorbereitung auf Peking. Der olympische Slalom steht am 16. Februar an.
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