Die meisten Immobilien- oder Grundstücksbesitzer haben ihre Grundsteuererklärung abgegeben. Vor allem die komplizierten Fälle aber wurden noch nicht bescheidet. Ob und um wie viel die Grundsteuer ab 2025 teurer wird, hängt ganz wesentlich von den Kommunen ab: Senken sie ihre Hebesätze für das nächste Jahr, damit die Reform aufkommensneutral bleibt - oder eben nicht?
Wie der aktuelle Stand ist, was man wissen sollte und welche Ausnahmen es geben kann.
Sind in Bayern alle Grundsteuererklärungen abgegeben?
Bisher wurden in Bayern rund 6,2 Millionen Grundsteuererklärungen wie gefordert abgegeben. Dies entspricht rund 97 Prozent der abzugebenden Erklärungen. Allerdings würden noch fast 300.000 Grundsteuererklärungen fehlen, teilt das Bayerische Landesamt für Steuern (LfSt) mit.
Was passiert, wenn keine Erklärung abgegeben wurde?
Liegt für ein Grundstück und eine Immobilie keine Erklärung vor, können die Finanzbehörden Schätzungen laut bayerischem Landesverband für Wohneigentum Schätzungen vornehmen. Zudem drohen Verspätungszuschläge.
Wie viele Bescheide sind bereits ergangen?
Bis Ende Februar 2024 sind laut Landesamt für Steuern insgesamt 5,27 Millionen Hauptfeststellungen durchgeführt und die dazu gehörenden zwei Bescheide erlassen worden. Es fehlen somit noch fast eine Million der Doppel-Bescheide. Gerade für die wirklich komplizierten Fälle mit "besonderen" Gebäuden lägen noch keine Bescheide vor, so Frank Rumpel von der Würzburger Steuerberatungsgesellschaft ECOVIS.
Was sind die nächsten Schritte?
In diesem Jahr wird die Grundsteuer noch einmal nach den alten Regeln erhoben. Bis spätestens zum 1. Januar 2025 müssen die Kommunen ihre Hebesätze festlegen, die dann für die reformierte Grundsteuer ab dem Jahr 2025 gelten. Die Kommunen sind aber nicht verpflichtet, ihre Hebesätze anzupassen. "Die zunächst notwendige Festlegung der Hebesatzhöhe ist freie Entscheidung der jeweiligen Gemeinde und liegt in ihrer ausschließlichen Verantwortlichkeit", teilt das Bayerische Landesamt für Steuern mit. Diese Hebesatzautonomie ist grundgesetzlich garantiert.
Woher wissen die Kommunen, wie sich die Reform auf ihre Einnahmen auswirkt?
Nach dem erklärten politischen Willen der bayerischen Staatsregierung soll die Grundsteuerreform aufkommensneutral sein. Städte und Gemeinden können vom Bayerischen Landesamt für Steuern Informationen erhalten, wie sich die Reform auf ihre Grundsteuer-Einnahmen auswirken wird und dann entsprechend ihre Hebesätze anpassen. Ein öffentliches Transparenzregister im Internet, in dem man für jede Gemeinde die monetären Auswirkungen der Reform nachvollziehen kann, ist im Gegensatz zu einigen anderen Bundesländern in Bayern jedoch nicht geplant.
Werden die aktuellen Hebesätze sinken?
Bleibe es bei den bisherigen Hebesätzen, werde es definitiv zu großen Mehrbelastungen bei den Grundstückseigentümern kommen, ist sich Steuerfachmann Frank Rumpel sicher: "Das bedeutet, für eine aufkommensneutrale Grundsteuer müssten die Gemeinden meiner Einschätzung nach die Hebesätze zum Teil deutlich nach unten anpassen."
Rudolf Limmer, Präsident des Landesverbands Wohneigentum rechnet nicht damit, dass die Reform aufkommensneutral verlaufen wird. Im Einzelfall entscheide wohl die Haushaltslage der einzelnen Kommune, ob sie den Hebesatz senke. Im Zweifelsfall könnten Kommunen den Hebesatz sogar erhöhen, dann werde es für Eigentümer im Schnitt deutlich teurer. Limmer empfiehlt den örtlichen Eigentümervereinen rechtzeitig auf ihre Mandatsträger vor Ort zuzugehen.
Wird die Grundsteuer steigen und es Ungerechtigkeiten geben?
In Einzelfällen wird es teurer werden, sagt Rudolf Limmer. Allerdings sei das bayerische Flächenmodell unter dem Strich deutlich besser als das Bundesmodell. Da das Bundesmodell unter anderem auch Baujahr einer Immobilie und den Wert des Grundbesitzes berücksichtige, könne es im Einzelfall 600 bis 700 Prozent teurer werden.
Frank Rumpel gibt zu bedenken, dass die Neubewertung und damit auch die Neuverteilung der Grundsteuerlast auch ein Ziel der Grundsteuerreform gewesen sei. Somit sei eine Mehrbelastung in bestimmten Fällen unumgänglich und durchaus gewollt.
Wird in Bayern der ländliche Raum gegenüber den Städten benachteiligt?
"Da es in Bayern künftig im Wesentlichen nur auf die Flächen ankommt, ist der Äquivalenzwert bei gleich großen Grundstücken im ländlichen und im städtischen Raum zunächst identisch", sagt Frank Rumpel. Alles stehe und falle mit den Hebesätzen der Gemeinden. Spannend werde sein, ob die Gemeinden in Bayern von ihrem Recht Gebrauch machen würden, ab 2025 abweichende Hebesätze beispielsweise für Baudenkmäler, sozialen Wohnungsbau oder Vermietungsgenossenschaften festzulegen.
Auch in Unterfranken gibt es Recherchen zufolge Steigerungen in Einzelfällen um das Fünf- bis 30-fache, wenn Hebesätze gleich bleiben. Was ist bei derartigen Härtefällen?
In Einzelfällen könnten die Betroffenen wegen einer unangemessen hohen Steuerbelastung nach Artikel 8 des Bayerischen Grundsteuergesetzes Erlassanträge stellen, so Steuerberater Rumpel. Ob und in welcher Höhe die Grundsteuer erlassen werde, liege im Ermessen der jeweiligen Gemeinde. Sie alleine sei für die Bearbeitung der Anträge zuständig. Diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber geschaffen, um Härtefälle bei der Umstellung zu vermeiden.
Ein Antrag könne erst gestellt werden, wenn im Einzelfall die tatsächliche Höhe der Grundsteuer feststehe. Es müssten also erst die ab 2025 geltenden Hebesätze der Gemeinden bekannt sein, erklärt Rumpel: "Es bleibt abzuwarten, was als unangemessen hohe Steuerbelastung angesehen werden wird und wie die einzelnen Gemeinden dann mit derartigen Anträgen umgehen werden."
Betrifft die Reform nur Eigentümer?
Nein, die Grundsteuer zählt zu den umlagefähigen Betriebskosten und kann auf Mieterinnen und Mieter umgelegt werden.