
Gemeindewälder im Landkreis Dillingen – zwischen Profit und Umweltschutz


Naherholung, Lebensraum, Holzwirtschaft: Die Ansprüche an kommunale Wälder sind vielfältig. Das Beispiel zweier Gemeinden zeigt, wo es schon klappt und wo es noch hakt.
Fragt man Bürgermeister Thomas Reicherzer nach dem Wittislinger Gemeindewald, kommt er ins Schwärmen: "An den Parkplätzen stehen immer so viele Autos. Ich freue mich, wenn dort Menschen unterwegs sind." Im Winter sei der Forst etwa ein beliebter Treffpunkt zum Langlaufen – sofern genug Schnee liege. Und auch als Habitat für Tiere sei der Gemeindewald zwischen Wittslingen und Haunsheim schützenswert.
Der Lebensraum Wald ist tatsächlich ein Alleskönner: Bäume binden CO₂ in großen Massen und produzieren Sauerstoff. Durch das Wurzelwerk und die schattigen Verhältnisse kann der Boden besser Wasser speichern als auf Freiflächen. Wälder spielen deshalb eine große Rolle im Kampf gegen die Erderwärmung. Doch was machen eigentlich die Gemeinden im Landkreis mit ihren Wäldern? Und inwiefern muss sich die Bewirtschaftung der kommunalen Forste finanziell lohnen?
Jeder vierte Baum in den Wäldern im Landkreis Dillingen gehört einer Gemeinde
Martin Braun vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Nördlingen-Wertingen erklärt: "Gemäß dem Waldgesetz für Bayern sind alle Wälder in öffentlicher Hand vorbildlich zu bewirtschaften." Vorbildlich hieße vor allem nachhaltig, also den eigenen Bestand nicht auszubeuten, so Braun. Allerdings dürften Gemeinden auch ihre eigenen Interessen berücksichtigen, also die Nutzung des Waldes als Erholungsraum zum Beispiel. Der Forst-Experte vom AELF beobachtet, dass der Großteil der Kommunen in der Region ihren Wald so betreiben, dass die Kosten in etwa gedeckt sind. "Der Wald soll sich selber tragen", sagt Braun, dann seien die meisten Gemeinden zufrieden.
Der Landkreis Dillingen sei im Vergleich zu anderen Landkreisen in Bayern relativ waldarm. Laut Braun machen die Wälder im Landkreis nur knapp 22 Prozent der Gesamtfläche aus. Zum Vergleich: In ganz Bayern sind es laut Braun rund 35 Prozent. "Die Kommunen im Landkreis besitzen gut 4000 Hektar Wald", so der Forstexperte. Das entspricht in etwa einem Viertel der Waldfläche, oder vereinfacht ausgedrückt: Jeder vierte Baum in einem Wald im Landkreis Dillingen gehört einer Gemeinde.
Buttenwiesen "lässt bestimmte Flächen in Ruhe", wenn sie schützenswert sind
Anruf bei Rainer Höfle, Bauhofleiter in Buttenwiesen und zuständig für den Gemeindewald. Auch er hält den Faktor "Erholung" im gemeindeeigenen Forst für wichtig. "Wir müssen nicht nur Holzwirtschaft betreiben", sagt der Bauhofleiter. Der 85 Hektar große Forst sei relativ kleinteilig im Gemeindegebiet aufgeteilt. Die Stückelung mache mehr Arbeit als bei einem zusammenhängenden Wald. "Noch machen wir ein leichtes Defizit", sagt Höfle, auch wegen der vielen Nachpflanzungen, die in den vergangenen Jahren nötig gewesen seien.
Wie fast alle Wälder in der Region hätte auch Buttenwiesen mit Borkenkäferbefall und dem Eschentriebsterben zu kämpfen. An einem Naturschutzprogramm nimmt die Gemeinde laut dem Bauhofleiter noch nicht teil. "Wir lassen aber gewisse Flächen in Ruhe, wenn sie ökologisch wertvoll sind." Das seien zum Beispiel Waldstücke, in denen es Höhlungen und Risse im Totholz gebe, die als Habitate für Käfer, Insekten und Vögel dienten. Außerdem würde die Gemeinde darauf achten, verschiedene Baumarten gleichzeitig anzupflanzen, um für die Zukunft breiter aufgestellt zu sein.
Wittislingen macht mit seinem Gemeindewald plötzlich Gewinn
Interessant ist, wie sich die wirtschaftliche Situation im eingangs erwähnten Wittislinger Gemeindewald seit kurzem verändert hat. Nachdem die Kommune mit ihrem Forst jahrelang ein Minus im niedrigen vierstelligen Bereich erwirtschaftet hatte, erklärte Bürgermeister Thomas Reicherzer jüngst gegenüber unserer Redaktion, der Wald sei nun rentabel. 2022 habe sich das Blatt gedreht, so Reicherzer: "Im vergangenen Jahr haben wir ein Plus von gut 11.000 Euro gemacht." Der Bürgermeister erklärt, dass die plötzliche Kehrtwende (2021 hatte der Wald noch ein Minus von mehr als 15.000 Euro eingebracht) auf geringere Kosten für Nachpflanzungen und gute Holzpreise zurückzuführen sei. Auffallend ist aber, dass Wittislingen auf einem Teil seiner Waldflächen just seit einem Jahr an einem Naturschutzprogramm des Freistaats Bayern teilnimmt. "Wir haben uns vermehrt um Fördergelder bemüht", so Reicherzer.
Im Rahmen des sogenannten Vertragsnaturschutzprogramms (VNP) Wald belässt die Gemeinde unter anderem Biotopbäume und Totholz für zwölf Jahre im Wald (wir berichteten). Bis zu 220 Euro pro Baum bekommen teilnehmende Waldbesitzer im VNP für den Nutzungsverzicht ausgeschüttet. Wittislingen macht laut Reicherzer bislang nur auf einer Fläche von 2,5 Hektar bei dem Naturschutzprogramm mit. Ein verhältnismäßig geringer Anteil am Wald, der insgesamt 100 Hektar misst." Aber der Plan ist, jedes Jahr größere Gebiete für das VNP Wald auszuweisen", so der Bürgermeister.
Bayerisches Naturschutzprogramm: 35.500 Euro sind 2022 in den Landkreis geflossen
Ein Sprecher des bayerischen Umweltministeriums teilt auf Anfrage mit, dass durch das VNP Wald im vergangenen Jahr 16 Antragsteller im Landkreis Dillingen unterstützt worden sind. In Summe seien dafür 35.500 Euro in die Region geflossen. Wie viele von den Antragstellern Kommunen sind, ist unklar.
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