Sparen mit allen Mitteln
Die Regierung in Athen bangt um die nächste Hilfszahlung und beugt sich daher dem Druck der Geldgeber. Die Reformauflagen der EU sollen erfüllt werden.
In Griechenland geht die Angst von der Pleite um. Das Land ist auf die nächste, acht Milliarden Euro schwere Tranche aus dem ersten Hilfspaket angewiesen. Fließen die Milliarden nicht, droht Athen bereits im Oktober die Zahlungsunfähigkeit. Politiker wie der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble haben in den vergangenen Tagen klargemacht, dass es die nächsten Hilfsmilliarden nur geben wird, wenn der Schuldenstaat die von der EU auferlegten Sparauflagen erfüllt.
Über 100000 Staatsbedienstete sollen entlassen werden
Inzwischen scheinen die Griechen den Ernst der Lage erkannt zu haben. So kündigte die Regierung gestern an, schon in den kommenden Tagen mit der Umsetzung der Sparauflagen zu beginnen. Hinzu sollen weitere Einschnitte kommen. Dazu ist den Griechen fast jedes Mittel recht: Unrentable Unternehmen, an denen der Staat beteiligt ist, will die Regierung in Athen bis zum Jahresende schließen. Nach Informationen griechischer Medien könnten in den kommenden Monaten über 100000 Staatsbedienstete entlassen werden. Außerdem soll mehr gegen Steuerhinterziehungen getan werden.
Darüber hinaus will die griechische Regierung die umstrittene Immobiliensteuer konsequent umsetzen. Danach soll jeder Bürger, der eine Wohnung oder ein Haus besitzt, in diesem und im kommenden Jahr zwischen 50 Cent und 16 Euro je Quadratmeter zahlen. Eingetrieben werden soll die Abgabe über die Stromrechnung, da die Finanzbehörden als ineffizient gelten.
Am Abend wollte der Athener Finanzminister Evangelos Venezilos in einer Telefonkonferenz mit den Vertretern der EU, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) diese sogenannte Troika bewegen, ihre Arbeit in Athen wieder aufzunehmen. Die Gespräche endeten zunächst ohne Ergebnis und sollen heute fortgesetzt werden. In Brüssel sagte ein Kommissionsvertreter, die neuen Sparbemühungen seien die Voraussetzung dafür, dass die Experten zurückkehren, um bis Ende des Monats ihren Fortschrittsbericht fertigzustellen. „Wenn die Troika-Vertreter nicht nach Athen kommen, haben wir ein Problem“, erklärten Regierungskreise gestern in Athen. Vor zwei Wochen waren die Gutachter überraschend abgereist, offenbar weil sie Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Reformbemühungen in Griechenland hatten.
EU-Währungskommissar Olli Rehn machte noch einmal deutlich, dass man auf den vereinbarten Spar-, Reform- und Privatisierungszielen bestehe. Man erwarte eine „volle Erfüllung der vereinbarten Ziele“. „Falls es Unzulänglichkeiten gibt, müssen weitere Maßnahmen ergriffen werden.“
Die griechische Wirtschaft wird deutlich schrumpfen
Die unklare Zukunft Griechenlands hat an den Börsen für gravierende Probleme gesorgt. Marktbeobachter verwiesen darauf, dass ein erhoffter Lösungsansatz auf dem Finanzministertreffen am Wochenende ausgeblieben sei. Eine Auszahlung dringend benötigter Hilfsgelder stehe weiter auf der Kippe. „Die Sparmaßnahmen haben die Schuldenkrise bislang nicht eindämmen können, und es ist unwahrscheinlich, dass Griechenland das Ziel für das Defizit in diesem Jahr erfüllen kann“, hieß es. Dagegen bat Finanzminister Venizelos um Verständnis. „Wir müssen in wenigen Wochen Reformen schaffen, die wir jahrzehntelang nicht gemacht haben“, sagte er. Die griechische Wirtschaft werde im laufenden Jahr vermutlich um 5,5 Prozent schrumpfen. Das wiederum hat es seit Jahrzehnten nicht gegeben. AZ/dpa/dapd
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