
Steigende Energiekosten: Sozialverbände fordern drittes Entlastungspaket

Exklusiv Bald droht eine neue Kostenexplosion im Bereich der Gasversorgung. Minister Habeck hat die Notfallstufe ausgerufen. Und auch die Sozialverbände schalten sich ein.

Schon heute gehen die Preise für Energie durch die Decke. Eine Familie mit einem Durchschnittsverbrauch von 20.000 Kilowattstunden Gas wird in diesem Jahr bis zu 2000 Euro mehr fürs Heizen zahlen als im vergangenen. Mindestens. Denn weil Russland seit kurzem weniger Gas nach Deutschland schickt, werden die Preise aller Wahrscheinlichkeit nach noch höher schießen.
In Berlin reichen die Schätzungen von Versechsfachung bis Verzehnfachung. Die Sozialverbände sind deshalb in großer Sorge, dass Millionen Menschen diese Steigerungen nicht mehr stemmen können. Sie fordern zusätzliche Hilfen, noch bevor die beschlossene Unterstützung aus den beiden Entlastungspaketen vollständig ausgezahlt ist. „Für sehr viele Menschen spitzt sich die Lage gerade extrem zu“, sagte die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele, unserer Redaktion. „Deswegen muss jetzt ganz schnell ein drittes Entlastungspaket geschnürt werden für alle bisher Vergessenen wie Rentner, pflegende Angehörige, Krankengeld- und Elterngeldbezieher.“
Wirtschaftsminister Habeck warnt vor Gasknappheit im Winter
Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa schloss sich der Forderung nach einem dritten Entlastungspaket an. „Gassperren für Kunden, die ihre Rechnung nicht bezahlen können, gehören ausgesetzt und die Heizkosten von Menschen im Grundsicherungsbezug müssen dringend unbürokratisch übernommen werden“, verlangte sie im Gespräch mit unserer Redaktion. Zuvor hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Unternehmen und Verbraucher darauf eingestellt, wie gefährdet die Gasversorgung im Winter sein wird.
Fest steht: Auf die Menschen in Deutschland kommen extreme Energiepreise zu. Und das ist noch das beste Szenario. Denn wenn es schlecht läuft, müssen die Fabriken heruntergefahren werden, damit die Verbraucher zu Hause nicht frieren. „Wir sind in einer Gaskrise. Diese Belastung ist ein externer Schock“, sagte der Grünen-Minister.

Um die Bedrohlichkeit zu unterstreichen, rief er die Alarmstufe Gas aus, die zweite von drei Stufen. Dadurch ist gleichzeitig die Voraussetzung dafür geschaffen, dass der Wirtschaftsminister Paragraf 24 des Energiesicherungsgesetzes ziehen kann. Dieser erlaubt Energiekonzernen und Stadtwerken, die bestehenden Vertragsbedingungen außer Kraft zu setzen und die hohen Preise direkt an die Kunden weiterzugeben. Bislang kommt die Kostenexplosion gestreckt bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern an, weil die Verträge schrittweise angepasst werden. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) fordert sogar die zeitnahe Ausrufung der höchsten Stufe, der Notfallstufe Gas. Dann müsste der Staat direkt eingreifen.
Staatliche Preiskontrollen könnten Mehrkosten für Verbraucher verhindern
Noch ist es nicht so weit. Die Bundesregierung will zunächst weitere Entlastungen beschließen, bevor sie den Unternehmen erlaubt, bei ihren Kunden unmittelbar zuzugreifen. Der Koalitionsausschuss von SPD, Grünen und FDP hatte sich am Mittwoch aber noch auf nichts Konkretes verständigt.
Linken-Vorstandsmitglied Lorenz Gösta Beutin drängte die Bundesregierung dazu, die Preise direkt zu regulieren. „Es ist völlig inakzeptabel, wenn die Verbraucher die Last der steigenden Energiepreise tragen müssen. Hier brauchen wir staatliche Preiskontrollen“, sagte Beutin unserer Redaktion. Die Linke schlug deshalb kostengünstige Grundkontingente für Strom und Gas vor. Sie macht sich zudem für ein monatliches Energiegeld von 125 Euro stark, Strom- und Gassperren sollen den Versorgern verboten werden.
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"Von oben herab lässt es sich leicht reden."
Gemeint ist, dass diejenigen, die nicht vom Problem betroffen sind, auch leicht darüber reden können. Man muss Dinge auch aus der Sicht der Betroffenen sehen.
Da gebe ich meinem Nachkommentator vollkommen Recht. Ich hoffe das Missverständnis klären zu können.
Herr Kr.: >> Eine derart explosive Gemengelage aus Krieg in Europa, drohender Klimakatastrophe, galoppierender Inflation, nicht bewältigter Pandemie, drohender Rezession und auseinanderdriftenden Gesellschaften gab es seit dem Ende der Weimarer Republik um 1930 nie. <<
Umso wichtiger ist es, sich als Gesellschaft nicht auseinander dividieren zu lassen. Genau darauf legt es Putin an und seine Büchsenspanner werden in den sozialen Netzwerken die Stimmung entsprechend anheizen. Es sind ja auch hier welche unterwegs.
Natürlich wird es Leute geben, die sagen, das interessiert mich alles nicht, ich kann mir das leisten. Solidarität ist allerdings etwas anderes. Zudem besteht immer noch die Hoffnung, dass dieser Krieg nach der voraussichtlich gescheiterten Gegenoffensive der Ukraine im Sommer in einen Waffenstillstand mündet und sich die Lage etwas beruhigt. Auch Russland leidet nämlich massiv unter den Sanktionen, auch wenn das natürlich unter der Decke gehalten wird.
Es gibt keine Verpflichtung für Solidarität mit der Sanktionspolitik der Ampel !
Es besteht ein erheblicher Anfangsverdacht, dass die Maßnahmen der "wirtschaftlichen Spezialoperation" gegen Russland ungeeignet sind der Ukraine zu helfen. Man wollte anfänglich dem Dogma "keine Waffenlieferungen" mit einem Wirtschaftskrieg gerecht werden. Das ist nicht gelungen.
>> Auch Russland leidet nämlich massiv unter den Sanktionen, auch wenn das natürlich unter der Decke gehalten wird. <<
Die Frage ist, welche Seite sich auf Sicht von 3 bis 5 Jahren mit dem neuen eisernen Vorhang ökonomisch besser arrangieren kann. Das wird mit chinesischer Unterstützung Russland sein und nicht Deutschland mit seinem Irrglauben an ganzjährige klimagerechte Energie aus Wind und PV in einem relativ dicht besiedeltem Land ohne große Küstenlinie.
Die Russen können momentan halt nicht in den Urlaub fliegen - die Deutschen fliegen wie die Irren frieren dafür im nächsten Winter.
Wenn die Strompreise mit Abschaltung der Atomkraftwerke auf über 50 Cent klettern beginnt ein Widerstand, den es nirgends in Russland gibt...
Entlastungspaket? Entlassungspaket schiene sinnvoller.
Die drohende Krise ist auch eine Chance für Deutschland (und die EU). Hierzulande wird unglaublich viel Energie sinnlos verschwendet, worüber sich bisher kaum jemand ernsthafte Gedanken gemacht hat. Das wird sich nun ziemlich schnell ändern und wir werden überrascht sein, was wir alles nicht brauchen und wo wir sparen können. Auch im Hinblick auf die Herausforderungen, die der Klimawandel noch mit sich bringen wird, kann die anstehende Rosskur nur nützlich sein.
Bedürftige und Unternehmen dürfen dabei allerdings nicht auf der Strecke bleiben. Der Rest wird erfahren, was Energie tatsächlich kostet. Das ist in den letzten Jahrzehnten etwas in Vergessenheit geraten.
Hätten Sie recht mit ihrem Glauben an die menschliche Vernunft und Lernfähigkeit, müssten wir Putin fast dankbar sein.
Sie sehen die Lage m. E. viel zu optimistisch. Eine derart explosive Gemengelage aus Krieg in Europa, drohender Klimakatastrophe, galoppierender Inflation, nicht bewältigter Pandemie, drohender Rezession und auseinanderdriftenden Gesellschaften gab es seit dem Ende der Weimarer Republik um 1930 nie.
Schön, dass Sie all dem noch Positives abgewinnen können. Es lässt auf eine ziemlich optimistische Grundeinstellung schließen. Die Worte hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.
Den verantwortlichen Umgang der Deutschen mit Energie können Sie an den derzeitigen Warteschlangen an den Flughäfen erkennen.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/rezession-der-wirtschaft-droht-der-absturz-was-jetzt-noch-helfen-kann-kolumne-a-32d5a164-2464-4904-be92-b895ddd054da
Herr Wolfgang L., „ohne russisches Gas wird die Energiewende nicht gelingen“, haben Sie noch am 22.02. hier geschrieben und nun geben Sie den Gesundbeter der verfehlten Sanktionspolitik. (Um einem Shitstorm zu entgehen, liefere ich die gerade unter https://www.mundmische.de/bedeutung/33492-Gesundbeter entdeckte Erklärung:
„Der Gesundbeter ist der ‚Heilegänschenmacher‘... ist doch alles nicht so schlimm, wir müssen es auch von der positiven Seite sehen ...“
und das Beispiel dazu:
„Der Regierungssprecher ist der Gesundbeter der Kanzlerin. Welchen Blödsinn sie auch immer verzapft, wenn sie dabei erwischt wird, kommt der Gesundbeter und glättet die Wogen.“)
Ganz sicher brauche ich kein erneutes von den Grünen verordnetes Frieren. (Vor mehr als einem halben Jahrhundert bin ich auf einem Bauernhof aufgewachsen, warm war da im Winter nur der Herd in der Wohnküche. Meine heutigen Gliederschmerzen insbesondere bei Kälte hängen vermutlich damit zusammen.)
Stimmt, noch im Januar sah ich im Erdgas die geeignete und eigentlih alternativlose Übergangstechnologie für die Energiewende und ich war selbst massiv in Gazprom investiert. Mit dem Aufmarsch der Russen und spätestens mit deren Angriff war dieser Traum aber ausgeträumt. Aber was hilft es? Man muss sich den von Putin geschaffenen Tatsachen stellen. Vielleicht hat uns dieser verrückte Narr mit seinem Angriffskrieg gerade noch rechtzeitig die Augen geöffnet und eine vorher kaum durchsetzbare Entwicklung zu Gunsten erneuerbarer Energien und Energieeinsparung eingeleitet.
Ein Zurück wird es jedenfalls nicht geben und eine Unterwerfung unter Putins Erpressungspolitik kommt für einen Menschen mit Anstand wohl kaum in Frage - und hätte auch verhängnisvolle Konsequenzen.
>> Eine derart explosive Gemengelage aus Krieg in Europa, drohender Klimakatastrophe, galoppierender Inflation, nicht bewältigter Pandemie, drohender Rezession und auseinanderdriftenden Gesellschaften gab es seit dem Ende der Weimarer Republik um 1930 nie. <<
Drohende Klimakatastrophe und Pandemie können sie streichen; in der Breite ohne Relevanz. Auch mit 3 Impfungen eine bemerkenswerte Anzahl langwieriger Verläufe. Nach dem nächsten Winter herrscht in diesem Land vsl. breiter Konsens, dass wir in einem eher kalten Land mit nur kurzem Sommer ohne Heizbedarf leben.
Krieg in der Ukraine ist schon seit 2014 - man wollte ihn nur nicht sehen.
Inflation ist da - hinsichtlich der Energiepreise sicher selbst gemacht. Wenn sich eine Rezession durch den Energiepreisschock selbst auslöst, kann man ggf. die Zinserhöhungen moderat halten und muss nicht künstlich mit Zinserhöhungen eine abgeschwächte Wirtschaft auslösen. Man muss es halt wollen und darf nicht an ewige Hochkonjunktur und "Deutschland ist ein reiches Land" glauben.
Deutsche sollen frieren,
Deutsche sollen sparen,
Deutsche sollen solidarisch sein,
Deutsche sollen nachhaltig leben,
Deutsche sollen explodierende Preise zahlen,
Deutsche sollen künftig für einen Buchstaben (Z) juristisch verfolgt werden können
Hieß es nicht, die Sanktionen sollen gegen Russland sein und nicht gegen die eigene Bevölkerung?
Sarkasmus- das hat doch alles seine Ordnung. Das ist neue werteorientierte Politik für alle Lebenslagen. Die Grüne interessiert
doch das Wohlergehen der eigenen Bürger nur sehr wenig. Hauptsache die Gesinnung stimmt , da kann man auch persönliche Nachteile freudig in Empfang nehmen. Bis der Tag kommt, an dem der Arbeitsplatz auch noch weg ist und der soziale Unfrieden sich ausbreitet und es zum aktiven Widerstand in der Bevölkerung kommt. Wenn man die derzeitige Politik kritisiert, wird man als Putins 5. Kolonne hingestellt.
Ein bekannter Augsburger hat einmal gesagt:
Zuerst kommt das Fressen und dann kommt die Moral...
Wenn ich die Kommentare lese, sehe ich wie recht er hatte ;-)
Von oben herab lässt es sich leicht reden.
@Bernd-Michael H.
...wer im Schlamm sitzt, hat es leicht kleine Bällchen zu formen..
Ich schaue mit Schaudern auf den kommenden Winter und hoffe er wird mild und kein Jet-Stream bläßt polare Kaltluft nach Augsburg, wie wir es vor Jahren mit -20 Grad schon erlebt hatten.
Ich wohne in einem unrenovierten 50er Jahre Nachkriegshaus ohne Dämmung, Isolierung mit Gaseinzelöfen und Durchlauferhitzer.
Die Energiekosten sind schon in den letzten vier Jahren ständig gestiegen obwohl ich den Verbrauch immer etwas verringern konnte. Was jetzt auf mich an Kosten für das Gas auf mich zu kommt, kann ich nur verdrängen, da auch meine Mittel begrenzt sind.
Aber gleich zum Feind überzulaufen und einem Volk im Kampf gegen das pure Böse die Unterstützung zu verweigern, das dauert bei mir noch länger, im Gegensatz zu einigen Kommentatoren.
Von hohem Roß kann ich leider nicht sprechen, egal auf welchem Ponny Sie reiten ;-)
Da wird durch unsere Regierung keine Entlastung kommen sondern die automatische zusätzliche Erhöhung der Preise zum Jahreswechsel wegen der CO2 Abgabe noch obendrauf.
Die haben wir selbst verursacht.
Wer boykottiert hier wen Russland uns oder wir Russland?
Was geht uns die Ukraine an?
Mir ist da mein Geldbeutel wichtiger.
Und die wo jetzt schreien wie assozial ich bin, können sich gerne melden und meine Gasrechnung zahlen.
Ihrer Meinung schliesse ich mich voll an. Selbstverschuldete Lage. Was habe ich mit den Sanktionen zu schaffen, die den eigenen Bürgern mehr schaden als Russland. Möge der Krieg bald zu Ende gehen; dann kann ja der UA Präsident über die Autonomie des Donbass gerne nachdenken. Und über das Kriegsziel Wiedereingliederung der Krim. Nachteilig nur, wenn beide Regionen von der RU Armee kontrolliert werden.
>> „Gassperren für Kunden, die ihre Rechnung nicht bezahlen können, gehören ausgesetzt und die Heizkosten von Menschen im Grundsicherungsbezug müssen dringend unbürokratisch übernommen werden“ <<
Linksgrüne Politik hat sich für eine Kriegswinter entschieden - der gilt für alle!
16 Grad muss für alle gelten!
>> Strom- und Gassperren sollen den Versorgern verboten werden. <<
Genau, lasst uns die Stadtwerke kaputt machen - dann sparen wir uns auch die vielen Millionen die im Versorgungsbereich für die Defizite des ÖPNV verdient werden.
???
Ich denke jetzt hilft nur noch raus aus dem Euro - die Linken werden Geld drucken und alle werden wissen, dass es nichts mehr wert ist.
Die EU hat sich komplett mit dem Wirtschaftskrieg gegen Russland und ihrem Klimaprojekten verzockt.
"Die EU hat sich komplett mit dem Wirtschaftskrieg gegen Russland . . .verzockt."
Und zwar in Kenntnis der zu erwartenden Folgen und ganz vorne mit dabei Deutschland mit seiner All-Parteien-Anti-Russland- Koalition. CDU/CSU, SPD, FDP, Grüne und Leit-Medien trieben mit immer radikaleren Forderungen nach schnellster Lieferung schwerster Waffen, härtester Sanktionen, Embargos und "Putin muss diesen Krieg verlieren"-Geschwätz den vorsichtigeren Kanzler vor sich her.
Hat schon jemand bezüglich der zu erwartenden Folgen etwas von "Frau Großkaliber" Strack-Zimmermann oder vom Hofreiter Toni gehört?
Habeck schwadroniert »Putin will, dass sich unser Land zerlegt. Aber wir zerlegen uns nicht«.
Was haben diese naiven deutschen Protagonisten denn erwartet?
Mit den 16 Grad meinen sie im Sommer oder Winter?