
Wenn Auto-Träume auf der IAA Mobility plötzlich aus China kommen

Autohersteller aus dem asiatischen Land feiern erste Erfolge mit Elektrowagen in Deutschland, die selbst von Mercedes-Händlern verkauft werden.

Chinesische Aussteller geben alles in München. Sie wollen auf der Auto-Messe IAA Mobility nichts dem Zufall überlassen. Das fängt mit dem Wumms ihrer Auftritte an. Der dem Selbstverständnis nach „führende Hersteller von Elektro-Fahrzeugen“, der Autobauer BYD, hat sich auf dem Messegelände in einer Halle einquartiert, in der sich auch Mercedes-Benz präsentiert. Der Stand der Chinesen ist in etwa doppelt so groß wie der des Stuttgarter Konzerns. Auch auf dem Odeonsplatz suchen die Asiaten Sichtweite mit deutschen Platzhirschen. Im Zentrum der Landeshauptstadt sind ihre dicht umlagerten und in der Sonne glänzenden Elektroautos schräg gegenüber den VW-Stromern aufgereiht. BYD-Europa-Chef Michael Shu strotzt vor Selbstbewusstsein: „Wir wollen in Deutschland der führende internationale Hersteller werden.“ Das Kürzel BYD steht für "Build Your Dreams", also "Verwirkliche Deine Träume".

Auf den Ständen der chinesischen Autobauer lassen sich in großer Zahl angereiste Landsfrauen und Landsmänner stolz vor ihren Autos made in China fotografieren – lächelnd und gerne in Grüppchen. Die Konzerne sind bemüht, den deutschen Gepflogenheiten gerecht zu werden. In einem Video auf dem BYD-Messestand erschallt die Losung: „Wir reiten auf der Welle der Freiheit.“ Wenn das die Kommunistische Partei wüsste. Die Botschaft des Unternehmens gerade an jüngere potenzielle Käuferinnen und Käufer lautet: „Lasst uns unsere Träume verwirklichen und die Welt für zukünftige Generationen bewahren.“
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IAA Mobility in München: Das Gedränge ist groß am Stand von BYD
In der guten neuen chinesischen Elektro-Welt stehen überall Windräder und Solaranlagen. Das Gedränge ist groß auf dem Messestand. Mit Smartphones wird jedes Detail der Autos festgehalten. Wiederum müssen sich die Verantwortlichen vorab Gedanken gemacht haben. Damit die Fahrzeuge und der Boden um sie herum stets glänzen, wird permanent geputzt und abgestaubt. In der alten Auto-Welt, die zum Teil immer noch in Nischen ein Macho-Dasein fristet, war das ein Frauen-Job. Bei BYD geht es diverser zu. Eine Asiatin spürt die Flecken am Kunststoffboden auf, zeigt sie einer männlichen Putzkraft, die wieder für Hochglanz sorgt. So soll der Eindruck vermittelt werden, die Generation Greta könne hier ohne größere öko-soziale Bedenken über die Anschaffung eines Elektroautos nachdenken.
Mag mancher chinesische Marken wie BYD und MG schon kennen, versuchen in München weitere Elektro-Emporkömmlinge wie Dongfeng und das als ernsthafter Konkurrent für europäische Autohersteller gehandelte Unternehmen Leapmotor ihr Glück. BMW-Chef Oliver Zipse hingegen nutzt die noch bis 10. September laufende Messe, um vor dem „brandgefährlichen Verbrenner-Verbot“ zu warnen. Erklärend schickt er hinterher: „Wir können nicht einfach sagen, E-Autos sind die einzige Technologie. Was tun wir, wenn die Rahmenbedingungen für die E-Mobilität nicht eintreten? Sind wir dann überrascht?“ Der Manager baut zwar massiv die BMW-Elektro-Flotte aus, hält aber solange wie möglich parallel an Verbrennern, also Benzin- und Dieselautos, fest.

Denn Zipse hat sich bei aller Elektro-Euphorie auf der Mobilitäts-Show ein beträchtliches Maß an Skepsis bewahrt: „Wo laden die Menschen all die E-Autos?“ Seiner Ansicht nach gibt es ab 2035, wenn das EU-Verbot für den Verkauf neu gebauter Verbrenner-Autos greift, in Europa keine flächendeckende Infrastruktur für Elektro-Wagen. Der BMW-Chef will die Menschen auf der IAA zum Nachdenken animieren, indem er stichelt: „Glauben Sie, dass in zwölf Jahren in Regionen wie Süditalien in jedem Dorf Ladesäulen stehen?“ Zipse wirkt wie ein einsamer Mahner.
Zukunft des Autogeschäfts: Die Chinesen sind längst da
Die staatlich unterstützten chinesischen Elektro-Euphoriker fechten derlei Bedenken eines erfahrenen und erfolgreichen deutschen Auto-Managers nicht an. Und Deutschlands bekanntester Auto-Deuter Ferdinand Dudenhöffer meint, die Auto-Show werde als „IAA Mobility der Chinesen“ in die Geschichte eingehen. Ist das übertrieben? Dudenhöffer ist schließlich eine unbändige Lust an Zuspitzung eigen.
Wer sich an der automobilen Basis umschaut, merkt nach einigen Recherche-Tagen: Die Chinesen sind längst da, noch etwas versteckt, sie gehen aber clever vor, um im deutschen Markt Land zu gewinnen. Die Asiaten sind gekommen, um zu bleiben. Die IAA soll die Zeitenwende zu ihren Gunsten einläuten. Dabei gewährt ein Blick ins Auto-Ländle Einblicke in die Strategie der asiatischen Konzerne. Dort vollzieht sich in manchem baden-württembergischen Autohaus eine stille Revolution. Einige Inhaber wollen darüber nicht sprechen, schon gar nicht „mit der Presse“, geht es doch an das Innerste der Schwaben-Seele. Das hat entscheidend mit „dem Daimler“ zu tun, den der hartnäckig auf Luxus-Autos pochende schwedische Konzern-Chef Ola Källenius in Mercedes-Benz Group umbenennen ließ. Weil die Marke mit dem Stern nach der Interpretation des in solchen Fragen bestens informierten Handelsblattes die A- und B-Klasse der Luxus- und Elektrostrategie opfern wird, tragen sich in Mercedes-Autohäusern ungewöhnliche Dinge zu. Plötzlich werden in den Showroom-Glaspalästen nicht nur Autos „vom Daimler“ ausgestellt, sondern auch – und das gar nicht verschämt – günstige Elektro-Wagen des chinesischen Herstellers MG Motor.
Mehrere Versuche, mit Inhabern solcher sich neu orientierenden deutschen Unternehmen ins Gespräch zu kommen, laufen ins Leere. Die Materie ist heikel. In Waiblingen, einer nordöstlich von Stuttgart gelegenen Stadt mit gut 56.000 Einwohnern, hört die Heimlichtuerei auf. Dort macht das große Autohaus Lorinser, bekannt durch enge Mercedes-Bande und international nachgefragte Veredelungskünste für Autos mit dem Stern, keinen Hehl zur neuen China-Connection. Das darf auch die Presse wissen. Die urschwäbische Firma mit rund 200 Beschäftigten geht selbstbewusst damit um, in gut zwei Jahren schon mehr als 540 Autos der chinesischen Marke MG Motor verkauft zu haben. Der kaufmännische Leiter Marcus Reiner blickt zurück auf die Wochen des Umdenkens: „Wir fragten uns, wie wir am Markt bestehen können, und waren überzeugt davon, dass wir Fahrzeuge brauchen, um unser Angebot preislich nach unten abzurunden, zumal sich Mercedes auf das Luxus-Segment konzentriert.“ Dann kamen MG-Vertriebsspezialisten über das soziale Netzwerk LinkedIn auf die Lorinser-Mannschaft zu. Reiner erinnert sich: „Wir fragten uns: MG, was ist das? Dann haben wir uns im Internet schlaugemacht.“ Die MG-Mannschaft aus München überzeugte die Waiblinger mit Preisen für Elektroautos von rund 32.000 Euro und günstigen Leasing-Angeboten von zum Teil knapp 200 Euro im Monat.

Automesse in München: Die asiatischen Lockrufe verfangen in der Mercedes-Heimat
Die asiatischen Lockrufe sollten in der Mercedes-Heimat verfangen. Der Lorinser-Manager Reiner hält kurz inne und sagt: „Die deutschen Marken müssen sich warm anziehen.“ Damit meint er nicht nur, dass chinesische Autobauer ihre Fahrzeuge in bekannten deutschen Autohäusern unterbringen. Der Auto-Spezialist spielt auch auf den Umstand an, dass MG über Social-Media-Plattformen potenzielle Kundinnen und Kunden „erfolgreich“ anspricht und nicht wartet, bis sie in ein Autohaus kommen. Was der Firma Lorinser auch gefällt: „Die ganze Zahlungsabwicklung läuft über MG. Wir bekommen eine Vermittlungsgebühr. Der Aufwand ist für uns geringer.“ So bleibe Zeit für andere Aufgaben. Nun geht es richtig an die Daimler-geprägte Ländle-Seele: Reiner schildert, die gesparte Zeit werde dafür genutzt, etwa das MG-5-Modell in Taxis umzurüsten. Weil der auf Luxus abfahrende Daimler nicht mehr so viel Wert auf das schnöde Droschken-Geschäft legt, fahren auch chinesische Elektro-Taxis durch die Mercedes-Heimat.
Diese Geschichte bestätigt Dudenhöffers Theorie vom bevorstehenden Erfolg der chinesischen Anbieter. Die Phase der Berührungsängste zwischen den Lenkern des Waiblinger Autohauses und den MG-Verantwortlichen ist längst vorbei. Heute sagt Reiner: „Wir sind als schwäbisches Unternehmen stolz darauf, dass wir schon so viele Autos in zwei Jahren verkauft haben.“ Was erstaunlich für das traditionsbewusste Ländle ist: Manche lange treuen Mercedes-Kunden sind halb untreu geworden: In ihren Garagen steht zwar weiter „ihr Daimler“, sie haben sich aber zusätzlich einen elektrischen MG gegönnt.

Nun liegt es nahe, dass die zunehmende Elektrifizierung der automobilen Welt sowie der Ausstieg aus der Verbrenner-Zeit die Protestierenden sanftmütiger stimmt und den einen oder anderen davon abbringt, sich auf Straßen festzukleben oder in München mit allerlei anderen Formen des zivilen Ungehorsams den Ablauf der Messe IAA Mobility zu stören und Auto-Freunde wie Kanzler Olaf Scholz bei seinem Messe-Besuch zu verärgern. Ein Besuch im Protestcamp im Münchner Luitpoldpark lässt indes alle diesbezüglichen Hoffnungen schwinden. Die überwiegend jungen und weiblichen Klimaaktivisten stellen nämlich die Systemfrage. Darunter machen sie es nicht. Ihnen reicht es nicht, dass Autos einen neuen, umweltfreundlicheren Antrieb bekommen. Sie wollen die Zahl der Pkw massiv zurückdrängen und gleichzeitig in einem Kraftakt sondergleichen gerade auf dem Land den öffentlichen Nahverkehr massiv ausbauen.
Anti-"Greenwashing": Klimaaktivisten wollen Kapitalismus abschaffen
Die jungen und perfekt gendernden Menschen träumen davon, dass Autowerke in Fahrrad- und Trambahnfabriken umgebaut werden. Das ist ihre Utopie. Lou Schmitz vom Bündnis „No Future for IAA“ wirft der Fahrzeugbranche vor, sich nur einen grünen Anstrich zu geben, obwohl sie weiter Umweltsünden begehe. „Greenwashing“ ist der Fachausdruck dafür. Elektroautos würden immer schwerer, glichen Panzern. Für sie müssten immer mehr Materialien wie Lithium abgebaut werden. Um den Rohstoff für Batterien in Chile zu gewinnen, sind enorme Mengen Wasser erforderlich, das Einheimischen in den ohnehin extrem trockenen Regionen fehlt. Deswegen fordert die Frau mit den zu einem Dutt gebundenen blonden Haaren „einen Bruch mit dem kapitalistischen System, um die Klimakrise zu stoppen“.

Derlei Überlegungen gehen sicher auch den ihre Elektroauto-Produzenten hätschelnden chinesischen Machthabern in Peking viel zu weit. Manche Utopien werden allerdings mit langer Verzögerung Wirklichkeit. Wer hätte in den 80er Jahren gedacht, dass Deutschland aus der Kernenergie aussteigt und ein Bundeskanzler namens Olaf Scholz die Atomkraft einmal als „totes Pferd“ bezeichnet?
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No Future for Cars- Greenwashing heisst die Devise der Gegner von individueller Mobilität. Nur noch Förderung von Öffis und Fahrrädern als Fortbewegungsmittel. Und das Ganze unter sozialistischer Aufsicht; erinnert an die Zeiten Maos vor langer Zeit als die "Werktätigen" zu den Fabriken gekarrt wurden oder zu Fuss oder mit Fahrrad sich fort bewegten. Die Utopisten wollen das Land wohl in ein Land von Kulis zurückführen, die ihre Einkäufe mit Lastenfahrrad tätigen. Die Nutzung von Autos wird nur noch im Ausnahmefall genehmigt. Eine tolle Lebensplanung, die in einem den Wunsch nach Auswanderung wachsen läßt. Aber die IAA berücksichtigt insgesamt nicht den realen Bedarf an PKWs für Kunden, die nicht alle paar Jahre einen Neuwagen leasen oder kaufen können, sondern sich weiterhin auf lange Zeit auf dem Gebrauchtwagenmarkt Verbrenner PKWs erstehen werden. Es wird nur noch von der Zukunft geschwärmt; ich habe mir als konservativer Mensch lieber wieder einen SUV aus deu Produktion bestellt mit Dieselmotor, der meinem Einsatzprofil genügt und nicht einen "hippes " E-mobil mit diversen Assistenztools auf die ich keinen Wert lege.