Diabetes: Leben mit der Zucker-Krankheit
Diabetes Typ 1 und 2 sind die häufigsten Arten der Stoffwechselerkrankung. Wann man zum Arzt gehen sollte und wie man das Diabetes-Risiko senken kann.
In Deutschland leben mehr Menschen mit Diabetes als bisher geschätzt: Inzwischen leidet rund jeder zehnte Bundesbürger mit einer gesetzlichen Krankenversicherung an der chronischen Stoffwechselerkrankung, heißt es in einer neuen Analyse für den Versorgungsatlas. Diabetes Typ 1 und 2 sind die häufigsten Formen von Diabetes.
Während Diabetes Typ 2 als "Wohlstandskrankheit" wahrgenommen wird, gleicht Diabetes Typ 1 einem Schicksalsschlag, denn bei der Autoimmunkrankheit spielen auch Gene eine Rolle.
Diabetes Typ 1 kann in jedem Alter ausbrechen. Bei welchen Symptomen man hellhörig werden sollte, ob man sein persönliches Risiko senken kann und welche Fortschritte es in der Forschung gibt, darüber haben wir Ende 2016 mit dem Dillinger Diabetologen Dr. Alexander König gesprochen.
Wie häufig ist Diabetes?
Man geht nach relativ aktuellen Zahlen davon aus, dass in Deutschland etwa sieben Prozent der Bevölkerung eine erkannte und behandelte Diabeteserkrankung haben und noch weitere zwei Prozent einen bisher noch nicht entdeckten Diabetes haben, also insgesamt circa neun Prozent der Bevölkerung, wobei es natürlich regionale Unterschiede gibt. Das bedeutet für einen Landkreis wie Dillingen mit rund 95000 Einwohnern, dass geschätzt 8000 bis 9000 Menschen eine Diabeteserkrankung haben.
Was sind die Ursachen der Diabeteserkrankung und welche Formen gibt es?
Die häufigste Form der Diabeteserkrankung ist der Typ-2-Diabetes, den man früher auch „Altersdiabetes“ genannt hat. Dieser macht 90 Prozent der Diabeteserkrankungen aus. Den Begriff Altersdiabetes hat man aber verlassen, da diese Form im Prinzip schon ab dem Jugendalter auftreten kann, wobei Erkrankungen vor dem 30. Lebensjahr sehr selten sind. Wir sehen aber eine deutliche Zunahme ab dem mittleren Erwachsenenalter. Die Ursache des Typ-2-Diabetes ist eine genetische Veranlagung, die aber über 40 Prozent aller Menschen haben. Diese Veranlagung führt dann im Zusammenhang mit falscher Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel sowie zunehmendem Alter zum Ausbruch der Erkrankung.
Welche Form gibt es noch?
Die zweithäufigste Form ist der Typ-1-Diabetes. Dieser macht circa fünf Prozent der Diabeteserkrankungen aus und ist eine komplett andere Erkrankung. Hier ist die Ursache eine sogenannte Autoimmunreaktion, bei der der Körper des Betroffenen Abwehrstoffe gegen die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse bildet, wodurch diese zerstört werden. Diese Form der Diabeteserkrankung kann prinzipiell in jedem Lebensalter auftreten, kommt aber am häufigsten schon im Kindes- und Jugendalter sowie im jungen Erwachsenenalter vor. Die restlichen fünf Prozent der Diabeteserkrankungen sind seltene Formen, die man aber erkennen muss, um sie richtig zu behandeln.
Kann ich durch meine Lebensweise das Risiko senken, die Erkrankung zu bekommen?
Ja, aber nur beim Typ 2 und einigen selteneren Diabetesformen. Hier sind die Ernährung und Bewegung zentraler und wichtiger Teil der Vorbeugung und auch der Behandlung. Das Auftreten eines Typ-1-Diabetes dagegen ist schicksalhaft und nicht durch Lebensstilfaktoren beeinflussbar.
Welche Symptome sollten hellhörig werden lassen?
Die häufigsten Symptome sind häufiges Wasserlassen im Zusammenhang mit viel Durst, Leistungsschwäche und manchmal auch ungewollter Gewichtsabnahme. Sehstörungen sind ebenfalls häufig. Gerade beim Typ-2-Diabetes sind diese Symptome aber oft gering ausgeprägt und manchmal dauert es deshalb Jahre, bis die Erkrankung entdeckt wird.
Wie wird die Erkrankung behandelt?
Nicht jede Diabeteserkrankung wird gleich behandelt. Bei allen Formen ist die Schulung des Patienten bezüglich Ernährung, Bewegung und Verhalten im Umgang mit der Erkrankung notwendig. Beim Typ-2-Diabetes kann in der Frühphase der Erkrankung oft mit Tabletten behandelt werden, beim Typ-1-Diabetes muss sofort mit Insulin behandelt werden.
Welche Fortschritte gibt es in der Forschung?
In den vergangenen zehn Jahren sind die Fortschritte immens. Für die Behandlung des Typ-2-Diabetes stehen verschiedene neue Medikamente zur Verfügung, die man je nach den individuellen Gegebenheiten des Patienten verwenden kann. Für Patienten mit Typ-1-Diabetes liegt der Schwerpunkt der Forschung auf technischen Möglichkeiten, die die Insulinapplikation und die Blutzuckermessung erleichtern. Zum Beispiel gibt es inzwischen Insulinpumpen, welche gekoppelt an einen Sensor, der in der Haut liegt, teilweise selber die Insulinapplikation steuern können.
Im Jahr 2015 wurden nach Auskunft des Bayerischen Landesamtes für Statistik im Landkreis mehr als 200 Patienten mit Diabetes im Krankenhaus behandelt. Warum ist das notwendig?
Zum Glück ist die Diabeteserkrankung eine Erkrankung, die bei den allermeisten Patienten ambulant behandelt werden kann. Gründe, die zur Krankenhauseinweisung führen können, sind schwere Blutzuckerentgleisungen mit sehr hohen oder sehr niedrigen Blutzuckerwerten, die lebensbedrohlich sein können. Häufiger sind Komplikationen oder Begleiterkrankungen sowie Spätfolgen der Diabeteserkrankung. Zum Beispiel ist bei schlecht kontrolliertem Diabetes das Auftreten von schweren Infekten wie Lungenentzündungen oder schweren Harnwegsinfekten gehäuft. Auch das sogenannte diabetische Fußsyndrom, welches häufig über Wunden am Fuß zu Weichteil- und Knocheninfektionen führt, muss häufig stationär behandelt werden, leider auch häufig mit der Folge von Amputationen oder Teilamputationen.
Welche Spätfolgen sind möglich?
Die Spätfolgen einer längere Zeit nicht ausreichend behandelten Diabeteserkrankung sind leider häufig und oft furchtbar für die Betroffenen und deren Angehörige. Diabetes ist in Deutschland die häufigste Ursache für Amputationen, für Erblindung und von Dialysepflichtigkeit. Außerdem ist die Erkrankung in Kombination mit anderen Krankheiten wie Bluthochdruck die Ursache von Tausenden von Herzinfarkten und Schlaganfällen. AZ
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