Angeklagt: Mann beißt Mann
Zwei Arbeitskollegen geraten bei Grillfeier in Streit. 30-Jähriger verletzt 46-Jährigen am Oberarm und wird angeklagt. Was der Richter im Selbstversuch testet
Aichach Bei einem Streit um die Lautstärke des Autoradios hat ein 30-Jähriger aus dem nördlichen Landkreis seinem 46-jährigen Kontrahenten in den Oberarm gebissen. Für den war der Fall nach einer Entschuldigung zwar erledigt, die Polizei ermittelte aber trotzdem wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Für den Angeklagten ging es gestern vor dem Aichacher Amtsgericht um viel: Er steht unter laufender Bewährung und muss bei einer Verurteilung in den Knast.
Im Grunde war der Streit eine Bagatelle. Bei einer Grillfeier mit anderen Hausbewohnern war es Ende April zum Streit zwischen dem 46-Jährigen und seinem 30-jährigen Nachbarn und ehemaligen Arbeitskollegen gekommen.
Wie das Opfer berichtete, hatten beide schon einiges getrunken, als sich sein Arbeitskollege ins Auto setzte und das Radio aufdrehte. Auf seine Aufforderung hin, es leiser zu stellen, habe der 30-Jährige, der es sich auf der Rückbank des Fahrzeugs bequem gemacht hatte, nicht reagiert. Also beugte sich der 46-Jährige ins Auto, um das Radio leiser zu stellen. Dann ging alles sehr schnell, berichtete der Zeuge. Der 30-Jährige habe ihn von hinten angegriffen und ruckzuck habe er auf den Vordersitzen gelegen. Dann biss der 30-Jährige zu und hinterließ einen Abdruck am rechten Oberarm des 46-Jährigen. Der 30-Jährige entschuldigte sich später bei ihm und sie gaben sich die Hand. Damit sei die Sache für ihn erledigt gewesen, sagte der Zeuge aus.
Um die Frage zu klären, wer angefangen hat und wie ein Kratzer am Arm seines Mandanten entstanden ist, hatte Verteidiger Alexander Hamburg noch weitere Zeugen hören wollen. Insgesamt waren deshalb drei Verhandlungstage notwendig gewesen, zu denen sowohl der Anwalt aus Stuttgart als auch der Angeklagte, der inzwischen im Raum Karlsruhe lebt, anreisen mussten.
Die Zeugen berichteten übereinstimmend von dem Streit, hatten den Biss selbst aber nicht gesehen. Lediglich die auch von der Polizei dokumentierte blutunterlaufene Wunde beschrieben sie unisono.
Der Angeklagte sei durch die Zeugenaussagen überführt, sagte Staatsanwältin Katharina Kling. Gegen den 30-Jährigen sprachen aus ihrer Sicht vor allem mehrere einschlägige Vorstrafen. Zuletzt war er 2013 und 2014 wegen Widerstands gegen Polizeibeamte und Körperverletzung zu Bewährungsstrafen verurteilt worden, die noch offen sind. Für die Staatsanwältin stellte sich deshalb die Frage nach einer neuerlichen Bewährung gar nicht. Sie plädierte für eine fünfmonatige Haftstrafe.
Verteidiger Alexander Hamburg hingegen forderte Freispruch. Bei den Zeugenaussagen hapere es an sämtlichen Details. „Wir wissen nicht, wer lügt und wer nicht“, betonte der Anwalt. Im Falle einer Verurteilung sprach er sich für eine Geld- oder Bewährungsstrafe aus.
Amtsrichter Walter Hell verurteilte den Angeklagten schließlich wegen vorsätzlicher Körperverletzung zu fünf Monaten Haft. Überlegungen, ob der 46-Jährige sich selbst in den Arm gebissen habe, erteilte Hell eine klare Absage. Im Selbstversuch habe er festgestellt, dass das nicht möglich sei. Ein Geständnis, Einsicht oder eine Entschuldigung hätten helfen können, stellte der Richter fest. Stattdessen hatte der Angeklagte an allen drei Verhandlungstagen geschwiegen. Hell dazu: „Sie haben es darauf ankommen lassen.“
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