
Die Sesshafte


Elisabeth Gygas lebt seit 80 Jahren in ein und derselben Wohnung. Das Viertel um sie herum hat sich stark gewandelt.
Elisabeth Gygas hat einen festen Ankerplatz im Leben. Seit 80 Jahren lebt sie in ein und derselben Mietwohnung. Früher mit ihrer Familie, die sieben Köpfe zählte, heute allein mit Wellensittich Bubi. Nie würde sie wegziehen, sagt die 88-jährige Augsburgerin. „Einen alten Baum verpflanzt man nicht.“ Hier kennt sie jedes Gesicht.
Hier, das ist die Lindenstraße im Viertel Rechts der Wertach, gleich in der Nähe von MAN. Streng genommen liegt das Quartier an der Grenze zu Oberhausen, weshalb die Stadtplaner es auch Oberhausen zuordnen. Bewohner wie Elisabeth Gygas sehen das anders. Für sie ist die Wertach als Fluss die Grenze. Gygas hat sich immer der Innenstadt zugehörig gefühlt.
Dabei hat es der Augsburgerin als Kind gar nicht gefallen in der Lindenstraße. 1930, sie war acht Jahre alt, zog die Familie in die 68 Quadratmeter große Wohnung in Hausnummer 21. Komfortabel war es in dem Haus aus dem Jahr 1905 nicht. „Die Wohnung hatte nur ein Plumpsklo“, erzählt sie. Zum Baden musste man samstags die Wanne aus dem Keller holen. Gekocht wurde auf einem Kohlenherd und jeden Abend musste man das Gaslicht anzünden. Obendrein war die Wohnung grün gestrichen. „Mein Großvater ist da gesessen und hat geweint, weil es so wüst war.“
Doch im Laufe der Jahre wurde alles besser. Der Kanalanschluss kam, 1957 auch ein Bad, außerdem elektrisches Licht und Ende der 1970er Jahre eine Gasheizung. „Wir haben immer gut und sauber eingerichtet sein wollen“, sagt die Augsburgerin.
Mit Großeltern, Eltern und Bruder war es sehr eng in der Wohnung. Aber sie lag praktisch für den Vater, der bei MAN arbeitete – so wie fast alle Männer in der Nachbarschaft. Den Zweiten Weltkrieg überstand das Haus unbeschadet von Bomben. Während Mutter und Oma mit Kindern im Krieg aufs Land verschickt wurden, hielt Elisabeth Gygas daheim immer die Stellung.
Sie wurde Lehrling im Fahrradgeschäft Härter am Schmiedberg, lernte aus, wohnte aber weiter daheim. Dann heiratete die Schwester und zog aus, der Vater starb und später die Mutter. Seit 1993 lebt Elisabeth Gygas alleine in der Wohnung an der Lindenstraße.
Seither hat sich viel getan im Viertel. Viele Nachbarn stammen jetzt aus Russland, Polen oder der Türkei. Ins Haus ist oben eine Studenten-WG eingezogen. Elisabeth Gygas findet es interessant, wie sich die Welt um sie herum verändert. Mit den neuen Nachbarn kommt sie gut aus, wie sie sagt. Schließlich geht auch sie selbst immer mit der Zeit. Zu ihrem 80. Geburtstag hat sei einen Computer bekommen. Statt Briefen schreibt sie jetzt E-Mails.
Dieser Artikel ist hier noch nicht zu Ende, sondern unseren Abonnenten vorbehalten. Ihre Browser-Einstellungen verhindern leider, dass wir an dieser Stelle einen Hinweis auf unser Abo-Angebot ausspielen. Wenn Sie weiterlesen wollen, können Sie hier unser PLUS+ Angebot testen. Wenn Sie bereits PLUS+ Abonnent sind, .
Dieser Artikel ist hier noch nicht zu Ende, sondern unseren Abonnenten vorbehalten. Ihre Browser-Einstellungen verhindern leider, dass wir an dieser Stelle einen Hinweis auf unser Abo-Angebot ausspielen. Wenn Sie weiterlesen wollen, können Sie hier unser PLUS+ Angebot testen.
Die Diskussion ist geschlossen.