
Hilfe für die Ukraine: Tonnenweise Medizin und Sandsäcke aus Augsburg


Eine Apothekerin schickt über eine halbe Tonne Arznei an ein ukrainisches Krankenhaus, ein Konvoi mit Spenden bricht zum dritten Mal gen Osten auf. Die Hilfsbereitschaft bleibt hoch.
In einem kleinen Nebenraum in der Ludwigs-Apotheke in Oberhausen waren zu Beginn der Woche zahlreiche Kisten aufgetürmt. 54, um genau zu sein, insgesamt 690 Kilogramm schwer. Der Inhalt: Insulin, Schmerzmittel, Infusionslösungen für Verwundete. Das Ziel ist ein Krankenhaus in der Ukraine, nicht weit entfernt von der Hauptstadt Kiew. Apothekerin Christiane Fahrmbacher-Lutz sagt, eine ukrainische Freundin, die in Augsburg lebe, habe ihr eine Liste mit den angeforderten Arzneimitteln weitergeleitet. „Sie hat mich gefragt, ob ich da helfen kann.“ In der Nachricht, die sie bekommen hat, steht: „Es gibt enorm viele Verwundete und wir brauchen Medikamente dafür.“

Das war Anfang März. Die zwei Wochen seither waren für Fahrmbacher-Lutz und ihr Team eine Zeit voller Arbeit. „Das war eine große Leistung“, sagt die Apothekerin. Dabei ging es nicht nur darum, möglichst schnell hunderte Kilogramm an Arzneimitteln zu beschaffen. Fahrmbacher-Lutz musste auch eine Spedition ausfindig machen, die bereit ist, die Lieferung zu übernehmen. Dazu kam jede Menge Übersetzungsarbeit. Nicht nur die Packliste, sondern jede einzelne Medikamentenpackung musste nicht nur auf deutsch und englisch, sondern auch auf ukrainisch beschriftet werden. Die Apothekerin hatte Glück: Ihre Mitarbeiterin Jenni Geipel kann kyrillisch schreiben.
Unterstützung für Ukraine: Hilfsbereitschaft: Ja, blinder Aktionismus: Nein
Enthusiasmus und Hilfsbereitschaft seien wichtig, sagt Fahrmbacher-Lutz. Sie betont aber, dass blinder Aktionismus nichts bringe. Private Arzneimittelspenden sind laut der Apothekerin keine gute Idee. Diese seien teilweise kurz vor dem Ablaufdatum, außerdem müsse sichergestellt seien, dass sie in der Ukraine zugelassen seien. Sie empfiehlt stattdessen Geldspenden an große Organisationen, die koordiniert helfen, etwa Apotheker ohne Grenzen.
Auch persönlich hilft Fahrmbacher-Lutz Menschen, die unter Putins Angriff auf die Ukraine leiden. In ihrem Haus in Augsburg hat sie vor einer Woche drei Frauen und deren sechs Kinder aufgenommen, die vor dem Krieg geflohen sind. „Natürlich gibt's da Reibereien“, sagt sie über das Zusammenleben der Geflüchteten. Alle seien im Stress, wollen mit ihren Angehörigen in der Heimat in Kontakt bleiben. Ihre Hilfsbereitschaft bereut die Apothekerin nicht.
Von der Augsburger Feuerwache aus fahren zwei Lastwagen in die Ukraine
Mit gleich zwei Lastwagen machten sich am Freitag vier Mitglieder der privat organisierten Gruppe „Augsburger Hilfstransporte für die Ukraine“, die vor allem aus Polizistinnen, Polizisten und Feuerwehrleuten besteht, von der Feuerwache aus auf den Weg in die ukrainische Region Transkarpatien. Die Ladung, die sie in die Westukraine bringen: mehrere Tonnen leere Sandsäcke, Verbandskästen und Hygieneartikel, etwa Masken oder Desinfektionsmittel. Ein großer Teil der Spenden kommt von der Stadt, aber auch Firmen und Privatpersonen haben sich beteiligt. Es ist bereits die dritte Fahrt dieser Art. Frederic Adler, Katastrophenschutzbeauftragter der Berufsfeuerwehr, ist einer von vier Fahrern, die am Freitag aufbrachen.
Sinkt die Hilfsbereitschaft nach mehreren Wochen des Einsatzes? Anscheinend nicht. „Die Motivation ist gut, die bleibt hoch“, sagt Adler. Er hoffe eher, dass es weiterhin genug Spendenbereitschaft geben wird. Im Gegensatz zu vielen anderen Initiativen nimmt seine Gruppe bevorzugt Sachspenden an. Denn in der Ukraine können laut Adler Geldspenden wegen des Krieges und der mangelhaften Versorgungslage teilweise schlecht in Lebensmittel oder Hygieneartikel umgetauscht werden. Gefragt sind etwa auch Putzmittel oder Verbandskästen. Wer spenden möchte, kann sich per Facebook oder unter der dort angegebenen Mail-Adresse an die Gruppe „Augsburger Hilfstransporte für die Ukraine“ wenden. Geldspenden verwendet die Gruppe für die Spritkosten. Die Lastwagen stellen Spediteure aus Augsburg und Umgebung kostenlos zur Verfügung.

Bei der Koordination zwischen den Augsburgern und dem Gouverneur Transkarpatiens hilft die Ukrainerin Olesia Ilnytska. In der Region ist es noch verhältnismäßig friedlich, aber der Krieg ist deutlich spürbar. „Jeden Tag kommen viele Geflüchtete“, sagt die 35-Jährige. Von Transkarpatien aus werden Teile der Augsburger Hilfsgüter auch weiter in andere Regionen der Ukraine geschickt, wo der Krieg tobt. Der Gouverneur zeigt sich erkenntlich: Am Freitag übergab Ilnytska in seinem Namen eine Urkunde an den Augsburger Feuerwehrchef Andreas Graber. Die Hilfe aus Schwaben sei für die Ukrainische Zivilbevölkerung wertvoll, heißt es darin.
Uniklinik schickt zehntausende Medikamente in die Ukraine
Auch das Universitätsklinikum hilft: 15 Paletten mit zehntausenden Medikamenten sind vor wenigen Tagen bei einem Krankenhaus in dem Oblast Tscherniwzi in der Ukraine, der Partnerregion des Bezirks Schwaben, angekommen. 50.000 Euro ist die Lieferung wert. Professor Wolfgang Kämmerer, Direktor der Apotheke an der Uniklinik, sagt: „Angefragt wurden vor allem Antibiotika, Schmerzmittel jedweder Art und Stärke, Infusions- sowie Injektionslösungen.“
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