"Unerhört" seit 20 Jahren: Das plant die Bayerische Kammerphilharmonie
Die Bayerische Kammerphilharmonie blickt voraus auf die neue Spielzeit: Die verspricht Mozart und mehr – diesmal mit englischem Akzent.
"Unerhört!", das prustet man, wenn sich Unglaubliches ereignet. Freches, Außerordentliches, das einen Bauklötze staunen lässt. "Unerhört" kann aber auch "noch nie gehört" bedeuten, eine neue Erfahrung für die Ohren. Deshalb hat sich die Bayerische Kammerphilharmonie dieses Wort als Leitmotiv gewählt. Vor 20 Jahren begann das Kammerorchester aus Augsburg mit Konzerten unter diesem Titel. In der neuen Spielzeit feiert es jetzt das Jubiläum – mit britischem Akzent.
Die Bayerische Kammerphilharmonie spielt britische Werke
"Unerhört" groß ist die Freude, von der Valentin Holub erzählt, der Leiter der Kammerphilharmonie. Denn sein Orchester startet mit einem Preis in die neue Saison: Den begehrten Opus Klassik hat das Ensemble gewonnen, für eine Aufnahme mit Werken des Komponisten Paul Ben-Haim. Die CD "Musik für Streicher" ist eine Wiederentdeckung der Werke des jüdischen Künstlers, der einst in Augsburg am Theater dirigierte. Auch in der neuen Saison bleiben die Augsburger Konzertsäle der Dreh- und Angelpunkt für die Kammerphilharmonie. Aber die Musik der unerhörten Reise führt diesmal auf die Insel.
"Die Briten haben jetzt einen König, der an Kunst und Kultur interessiert ist", weiß Holub. "Das sind doch einmal gute Nachrichten von der Insel. Der Brexit schmerzt uns als Europäer ja noch immer." Denn die Kultur Großbritanniens schätzt Holub – und die Musik der Briten würdigt die Kammerphilharmonie im ersten Konzert der Spielzeit 2023/24. Im Kleinen Goldenen Saal, am 7. Oktober, um 19.30 Uhr, stehen Werke dreier "Great Britons" auf dem Programm: Elgar, Holst und Britten. Etwas "Unerhört" wird es trotzdem: Statt Edward Elgars Standardwerk "Pomp and Circumstance" spielt die Kammerphilharmonie seine Streicherserenade. Statt Gustav Holsts Suite "Die Planeten" dessen "St. Paul's Suite". Was eint die "Britons"? "Eine Klangsprache, die nur aus England kommen kann", findet Holub und erklärt, was er meint: Eine Gleichberechtigung der Stimmen, Melodien, die intelligent durch alle Register wandern. Solist des Abends wird Thorsten Johanns sein, er spielt Gerald Finzis Klarinettenkonzert op. 31.
Ein Weihnachtskonzert im Kleinen Goldenen Saal gehört dazu
Dem britischen Klang folgt auch ein zweites Konzert, am 13. Juni 2024. Valentin Holub schwärmt von Benjamin Brittens "Les Illuminations", ein Liederzyklus von 1940, dem Poeten Arthur Rimbaud gewidmet: "Da schwebt der Sopran voller Kraft und Emotion über dem Orchester." Diesen Schwebezustand verspricht im Konzert die Sopranistin Mojca Erdmann – die sich an diesem Abend auch als gefragte Stimme für Mozart-Lieder präsentieren wird.
Von der Insel nach Italien, ein Abstecher zur Adventszeit: Unter dem Motto "Buon Natale" steht ein Konzert im Kleinen Goldenen Saal am 3. Dezember 2023, mit Konzerten und Suiten von Corelli, Händel und Bach. Dabei begleitet die Kammerphilharmonie den gebürtigen Augsburger Robert Sailer, Solo-Oboist des Gärtnerplatztheaters.
Die Bayerische Kammerphilharmonie gestaltet Schubertiaden
"Happy Birthday, Mozart!", jedes Jahr spielt die Kammerphilharmonie in der Mozartstadt auch ein Geburtstagsständchen für Wolfgang Amadeus – diesmal am 28. Januar 2024, im Kleinen Goldenen Saal. Das Geburtstagsgeschenk, wenn man so will, ist diesmal der Pianist Alexander Lonquich, er wird Mozarts Klavierkonzerte Nr. 17 und 19 mit dem Orchester spielen. "Ein sehr, sehr feiner Pianist, der die Musik intelligent durchsteigt", findet Holub. "Ein Künstler, der die Musik fühlt und begreift."
Solistische Momente wollen auch die Orchestermitglieder auskosten: Zwei Schubertiaden gestalten sie am 16. und 17. März, im Herrenhaus Bannacker und im Kleinen Goldenen Saal. Franz Schuberts "Forelle" soll da erklingen, einmal in Klavierquintett-Besetzung, dann auch mit Liedgesang: Solistin ist die Sopranistin Alexandra Steiner an diesen Abenden im kleinen Kreis.
Der Kabarettist Martin Zingsheim spielt mit dem Orchester
Auf einer größeren Bühne wagt sich das Orchester an ein neues Format: Spaßmacher trifft Sinfoniker, im Parktheater Göggingen lässt sich das Orchester am 7. Juli auf ein Duett mit dem Kabarettisten Martin Zingsheim ein. "Ab in den Urlaub" heißt das Programm, das auf eine Ferienreise quer durch Europa führen soll, von Tschechien (Antonin Dvorák) über Norwegen (Edvard Grieg), mit Abstechern nach Italien (Nino Rota) und Polen (Frédéric Chopin). "Oft dient die Pointe bei solchen Formaten nur als Steigbügelhalter für die nächste Musik", erklärt Holub. "Das soll bei uns aber nicht so sein."
Um Vielfalt sind Holub und das Orchester bemüht. Gastspiele an neuen Orten, dazu Konzerte für Familien und Kinder und Schulen – inklusive Unerhörtes: "Uns ist in jedem Programm wichtig, dass es Überraschungen gibt."
Infos: Alle Infos unter www.kammerphilharmonie.de.
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