Lehrkräfte in Teilzeit werden häufig schlechter bewertet
Das bayerische Schulsystem benachteiligt laut den Grünen Teilzeitbeschäftigte und Frauen. Das Kultusministerium weist das zurück.
Lehrkräfte in Teilzeit schneiden laut einer Recherche der bayerischen Grünen bei dienstlichen Beurteilungen oft schlechter ab als Vollzeitkräfte. Die schwäbischen Bildungsexperten der Partei, Max Deisenhofer und Thomas Gehring, haben tausende Bewertungsergebnisse analysiert. "Unsere Auswertung zeigt, dass Teilzeitkräfte in vielen Fällen schlechter beurteilt werden als Vollzeitkräfte", sagt Deisenhofer. Die Grünen sehen darin eine systematische Benachteiligung. Damit einhergehend seien Frauen öfter von schlechteren Bewertungen betroffen als Männer. Denn zum großen Teil sind es Lehrerinnen, die ihre Stunden reduzieren.
Alle vier Jahre muss eine Lehrkraft mit einer Beurteilung durch Vorgesetzte rechnen. Diese beinhaltet unter anderem unangekündigte Unterrichtsbesuche, Einschätzungen etwa vom Fachbetreuer und den Lernfortschritt der Klasse. Anhand solcher Parameter wird die Lehrkraft in eine von sieben Prädikatsstufen eingestuft. Dienstliche Beurteilungen sind ein wichtiger Faktor für die Karriere.
Lehrerinnen und Lehrer in Teilzeit seltener mit Top-Bewertungen
Der Grünen-Statistik zufolge schafften es in den Jahren 2018 bis 2022 an Gymnasien 26 Prozent der Vollzeitlehrkräfte in die höchsten Bewertungskategorien, aber nur zehn Prozent der Teilzeitbeschäftigten. Die "geschlechtsspezifische Diskrepanz" erstreckt sich demnach über alle Schularten. An Grund-, Mittel- und Förderschulen "erhalten doppelt so viele der Vollzeitbeschäftigten die besten Bewertungen im Vergleich zu den Teilzeitkräften", heißt es in der Analyse.
Das Kultusministerium weist die Vorwürfe vehement zurück: "Die Aussage, wonach Frauen und Teilzeitkräfte ‚systematisch‘ schlechter bewertet würden als männliche und Vollzeitkräfte, ist schlicht falsch", sagt ein Sprecher von Ministerin Anna Stolz (Freie Wähler). Die Beurteilungen würden von der Schulaufsicht überprüft. "Sachlich unbegründete Bewertungen von Frauen oder Teilzeitbeschäftigten sind nicht erkennbar." Im Gegenteil, auch Lehrkräfte in Teilzeit würden "sehr häufig gute oder sehr gute Beurteilungen erhalten".
Was der Sprecher aber auch sagt: Teilzeitkräfte müssten – ihrem Arbeitsumfang entsprechend – ebenso die Qualitätskriterien erfüllen wie Vollzeitbeschäftigte. "Dass dies für Teilzeitbeschäftigte mit unter Umständen umfangreichen familiären Verpflichtungen nicht immer einfach ist, ist unbestritten."
Grüne fordern Abschaffung des Beurteilungssystems
Dem Grünen Deisenhofer drängt sich der Eindruck auf, dass Schulleitungen dazu neigen, besonders die Pädagogen zu belohnen, die ihnen Arbeit abnehmen. "Da geht es oft nicht wirklich objektiv zu." Tätigkeiten fernab des Unterrichts würden sehr hoch bewertet – etwa wenn eine Lehrkraft zusätzlich Sicherheits- oder Umweltbeauftragte sei. "Teilzeitkräfte haben oft gar nicht die Möglichkeit, das zu übernehmen. Was nutzt ein Sicherheitsbeauftragter, der nur an zwei Tagen pro Woche in der Schule sein kann?"
Die Grünen fordern jetzt eine Abschaffung des Beurteilungssystems. "Das Kerngeschäft der Lehrerinnen und Lehrer, Unterrichten also, spielt eine zu kleine Rolle." Es benötige vielmehr ein regelmäßiges und professionelles Feedback – und eine dienstliche Beurteilung nur dann, wenn sich ein Lehrer auf eine Führungsposition bewirbt. An Bayerns Schulen arbeiten 45 Prozent der Lehrerinnen und Lehrer mit reduzierter Stundenzahl – mehr noch als im Bundesschnitt (42 Prozent). Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte zuletzt laut darüber nachgedacht, die Teilzeitmöglichkeiten zu beschränken, um den Lehrkräftemangel abzuschwächen.
Ist Bayern wirklich so spitze, wie immer behauptet wird? Dem gehen wir in unserer neuen Podcast-Reihe nach. Dieses Mal zum Thema Bildung – mit Michael Piazolo und Simone Strohmayr.
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