Milliarden für Agrar-Industrie und kein Geld für Bergbauern?
Naturschützer fordern von der EU eine bessere Bezahlung von Bergbauern: Ein neuer Vorschlag für Subventionen sei ein Kahlschlag. Auch die Agrarlobby in Brüssel wird kritisiert.
„Die Gesellschaft ist nicht mehr bereit, bis zu 60 Milliarden Euro der Agrarindustrie in den Rachen zu werfen und diejenigen Landwirte zu Hartz-IV-Empfängern zu machen, die Leistungen für die Gesellschaft erbringen.“ Mit diesen harschen Worten legt sich der Vorsitzende des Bund Naturschutz in Bayern, Hubert Weiger, für die Kulturlandschaft und die bäuerliche Landwirtschaft in den Alpen ins Zeug.
Er kritisiert den Kompromissvorschlag zur EU-Agrarreform, der in Brüssel derzeit diskutiert wird.
Rund 20 Organisationen bilden Naturschutz-Allianz für die Alpen
Gemeinsam mit dem Deutschen Alpenverein, der Arbeitsgemeinschaft Bäuerlicher Landwirtschaft und der Stiftung EuroNatur legte der Bund Naturschutz gestern in München einen Katalog von Forderungen vor, um „die Berglandwirtschaft stärker zu fördern und gezielt zu unterstützen“.
Ihre „Allianz für Landwirtschaft und Naturschutz in den Alpen“ wird nach eigenen Angaben von rund 20 Organisationen unterstützt, darunter aus dem Bereich der Landwirtschaft allerdings nur einige kleinere Verbände.
Naturschützer enttäuscht über Debattenverlauf in der Europäischen Union
Die Enttäuschung über den Verlauf der Debatten in Brüssel ist vor allem bei den Naturschützern groß. Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer der Stiftung EuroNatur, sah in den ursprünglichen Vorschlägen von EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos zunächst einen „zaghaften Schritt in die richtige Richtung“. Die Agrarlobby habe dies wieder zunichtegemacht.
„Der sogenannte Kompromissvorschlag“, so Schwaderer, „wäre ein Kahlschlag für alle ökologischen und sozialen Ansätze und auch für die Berglandwirtschaft ein dramatischer Rückschlag.“
Alpenverein: rein flächenbezogene EU-Subventionen für Bergbauern nicht ausreichend
Ludwig Wucherpfennig, der Vizepräsident des Deutschen Alpenvereins, sorgt sich um den Erhalt der Almgebiete. „Die Berglandwirtschaft ist das Rückgrat der Bergregionen. Mit der Pflege von extensiven Bergwiesen und -weiden erhalten die Bergbauern eine unserer wertvollsten und artenreichsten Kulturlandschaften“, sagte Wucherpfennig.
Im Kern fordert die Allianz, den hohen Arbeitsaufwand in den Bergbauernbetrieben bei der Neuverteilung der Agrarsubventionen künftig besser zu honorieren. Die bewirtschaftete Fläche dürfe bei Bergbauern nicht der Maßstab sein. Eine reine Flächenprämie werde der Situation nicht gerecht.
Außerdem sollen die mit den Zahlungen verbundenen Natur- und Umweltschutzauflagen verpflichtend sein. „Wenn das nur freiwillig ist, dann können Sie das vergessen“, sagte Weiger.
EU-Agrarreform: Finanzlage bisher ungeklärt
Maßgebliche bayerische Politiker in München und Brüssel bekennen sich zum Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft in den Alpen. Der Chef der CSU-Europagruppe, Markus Ferber, sagte auf Anfrage unserer Zeitung, Bayern habe im Vergleich zu anderen Ländern bei der Förderung der Bergbauern keinen Nachholbedarf. Landwirtschaftsminister Helmut Brunner (CSU) betonte: „In Bayern wurde bisher keine Alm oder Alpe aufgegeben.“
Beide aber verweisen auf die schwierige Verhandlungslage und die ungeklärte Finanzierung der Agrarreform insgesamt. Ferber sagte: „Ich werde nicht vor die Bauern treten und sagen, ihr kriegt weniger Geld pro Hektar, aber dafür haben wir euch die Auflagen erhöht.“ Brunner sieht wenig Chancen auf eine „Arbeitszeitkomponente bei den Direktzahlungen“, setzt sich aber für Sonderregelungen ein.
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