Den Betrieben droht eine Praktikanten-Schwemme
Die Fragezeichen bei der Umstrukturierung der Hauptschulen häufen sich: Wie viele Hauptschul-Standorte stehen vor dem Aus? Und kann die Wirtschaft alle Schüler aufnehmen, die sich ab dem nächsten Schuljahr Berufspraxis holen müssen? Von Daniel Wirsching
Von Daniel Wirsching
Augsburg - Die Fragezeichen häufen sich: Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) plant eine umfassende Weiterentwicklung der Hauptschule. Doch Lehrer, Eltern und Schüler wissen nicht so recht, was da auf sie zukommt.
Wie wird das Kooperationsmodell zwischen Haupt- und Realschule nun genau funktionieren? Schwächt die sogenannte Kooperationsschule die Realschule? Fusionieren Haupt- und Realschule gar irgendwann? Und: Wie viele Hauptschul-Standorte stehen vor dem Aus?
Aktuell in der Diskussion: Kann die Wirtschaft all die Schüler aufnehmen, die sich ab dem nächsten Schuljahr Berufspraxis holen müssen?
Beispiel Hauptschulen: An ihnen werden in den achten Jahrgangsstufen "Praxistage" eingeführt - ein Praxistag pro Schüler und Woche. Diesen soll er, idealerweise als Praktikant, in einem Betrieb verbringen. Gleichzeitig setzt man in anderen Schularten verstärkt auf Praxisbezug. Droht damit eine Praktikanten-Schwemme?
Gerhard Steiner, Rektor der Werner-von-Siemens-Hauptschule in Augsburg, befürchtet das. Bei einer Veranstaltung des Augsburger Presseclubs am Donnerstagabend in der Benedikt-von-Nursia-Berufsschule, bei der Ludwig Spaenle mit Lehrern, Eltern und Schülern sprach, sagte er: "Das macht nur Sinn, wenn die Wirtschaft in die Schulen kommt oder die Schüler in die Betriebe gehen."
Dietmar Mayerhauser, früherer Vorstandsvorsitzender der Hosokawa Alpine AG und heute Sprecher der 65 Mentoren an der Werner-von-Siemens-Hauptschule, sagte: "Das sind Tausende von Praktikanten. Das klappt nicht. Das wird Widerstand geben." Kein einziger der Mentoren an seiner Hauptschule - sie sollen Schüler unterstützen und sie zu einem Ausbildungsvertrag führen - stamme etwa aus dem Handwerk. "Ich glaube, die Wichtigkeit von Praktika wird überschätzt."
Christian Gohlisch, Leiter der Abteilung "Berufliche Bildung" bei der Handwerkskammer für München und Oberbayern, widersprach am Freitag: "Es lohnt sich, diesen Weg einzuschlagen. Wir werden die Betriebe aufrufen, sich zu beteiligen. Es kann gelingen." Gleichzeitig räumte er ein, dass die Praktikantenzahl "letztlich begrenzt" sei - "aber auf einem hohen Niveau". Die Beteiligten vor Ort müssten sich jetzt zusammensetzen.
"Das muss die Wirtschaft stemmen können", pflichtete ihm Sibylle Bauer, Sprecherin des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags, bei. "Denn es liegt ja im Interesse der Unternehmen, sich um den Nachwuchs zu kümmern."
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