Fachärzte drohen der AOK mit einem Boykott
Der Mediziner-Honorarstreit in Bayern eskaliert. Weil die Fachärzte im Freistaat sich insbesondere von der AOK zu schlecht bezahlt fühlen, drohen sie, die über vier Millionen Kassenpatienten künftig nur mehr gegen Vorkasse zu behandeln. Von Josef Karg
Von Josef Karg, Augsburg
Der Mediziner-Honorarstreit in Bayern eskaliert. Weil die Fachärzte im Freistaat sich insbesondere von der AOK zu schlecht bezahlt fühlen, drohen sie, die über vier Millionen Kassenpatienten künftig nur mehr gegen Vorkasse zu behandeln. Die AOK spricht von einer "leeren Drohung".
Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) will zwischen den Parteien schlichten und verspricht den Patienten bereits vorab: "Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) wird die medizinische Versorgung der Bürger auch im kommenden Jahr sicherstellen. Dies hat die KVB bereits zugesagt", so Söder gegenüber unserer Zeitung.
Worum geht es in der Auseinandersetzung eigentlich? Einig sind sich alle Beteiligten, von den Krankenkassen bis zu Söder, dass Fachärzte, insbesondere hoch spezialisierte aufgrund des ab 1. Januar geltenden neuen Abrechnungssystems deutliche finanzielle Einbußen hinnehmen müssen. Manchen Mediziner könnte dies sogar in den Ruin treiben, befürchten Experten.
Der Streitfragen sind - wie so oft im Gesundheitssystem - kompliziert. Fakt ist: Es geht um künftig wegfallende regionale Sonderzahlungen, die Fachärzte bisher "für besonders förderungswürdige Leistungen" bekamen. Ambulante Operationen fallen beispielsweise darunter.
Und die umstrittene Frage ist: Wer hat Schuld daran? AOK-Sprecher Michael Leonhart sieht die Ursache des ganzen Ärgers bei der Kassenärztlichen Vereinigung. Denn Geld, sagt er, sei genügend da. Nur solle es von der KVB gerechter verteilt werden: "Ich verstehe die Fachärzte. Aber die Kassen zahlen in Bayern 2009 sechs Prozent mehr. Da erwarten wir, dass das auch in den Praxen ankommt".
KVB weist Vorwürfe entschieden zurück
In einem unserer Zeitung vorliegenden offenen Brief an Gesundheitsminister Söder weist die KVB diese Vorwürfe jedoch entschieden als "unsachlich und polemisch" zurück. Sie sieht das Problem eindeutig bei den Kassen. Dort nämlich habe man darauf gedrungen, die pauschalen Bundesvorgaben durch den neuen Gesundheitsfonds umzusetzen und auf die Sonderzahlungen zu verzichten. Die Begründung damals: Ansonsten würden die Kassen pleitegehen, heißt es.
CSU-Politiker Söder indes nennt eine ganz andere Ursache für den Honorarstreit in Bayern - nämlich die vom Bund beschlossene Vergütungsreform für Ärzte: "Sie ist fehlerhaft und bedarf weiterer Korrekturen." Er wolle sich weiter dafür einsetzen, dass die bayerischen Ärzte ein leistungsgerechtes Honorar erhalten, so der Gesundheitsminister gegenüber unserer Zeitung.
In einem erneuten Schreiben an die Bundesgesundheitsministerin forderte er, die Ungleichbehandlung zu beseitigen. Wie auch immer der Streit ausgehen wird, Söder versucht zu beruhigen: "Ich gehe davon aus, dass es nicht zu den von Facharztgruppen angedrohten Maßnahmen kommen wird."
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