Drei närrische Regenten
Vorbei ist es mit "Zuckerbaron und Rosenfee": In Rain am Lech regiert das erste Dreigestirn Bayerns.
Rain am Lech Wir befinden uns im Jahre 2009 nach Christus. Ganz Bayern ist von holden Lieblichkeiten und schmucken Prinzen bevölkert, die in Samt und Seide im Dreivierteltakt über die närrischen Bühnen schweben. Ganz Bayern? Nein: Der Faschingsclub in Rain am Lech (FCR) hat in dieser Session mit seiner 37-jährigen Tradition gebrochen und auf seine Regenten "Zuckerbaron" und "Rosenfee" verzichtet. Ein Dreigestirn aus Prinz Fasching, Bauer und Jungfrau, wie man es nur aus dem Kölner Karneval kennt, schwingt heuer im "Rainland" die Reichsinsignien Zepter, Spiegel und Dreschflegel. Als erstes Trifolium in ganz Bayern und (fast) einziges: Lediglich in Vohburg bei Ingolstadt hat sich wenig später ein zweites formiert.
Aus der puren Not heraus geboren ist die Idee, es den Rheinländern gleich zu tun: Denn in Rain hat sich erstmals in der Geschichte des FCR kein geeignetes Prinzenpaar gefunden. "Ich habe rund 150 Telefonate geführt und Treffen arrangiert, mir aber nur eine Absage nach der anderen eingehandelt", schildert Präsident Bernhard Bischoff sein Dilemma. Und da die Rainer dem Fasching Jahr um Jahr mit großer Begeisterung frönen, glich diese Vakanz einer mittleren Katastrophe. Eine Saison ohne Regenten - undenkbar!
Doch auf die bange Frage "Was nun?" folgte wachsende Begeisterung: Wir bilden ein Dreigestirn. In Norbert Plewka (ihre Lieblichkeit Jungfrau Plewine I.) und Harald Harprecht (seine Deftigkeit Bauer Harald I.) hatte Bischoff (seine Tollität Prinz Fasching Bernhard I.) schnell zwei Mitstreiter von gleichem Kaliber gefunden: Stimmungskanone Plewka ist ein Urgestein bei den Rainer Narren und Gaudibursch Harprecht hat den Kölner Karneval sieben Jahre lang hinter den Kulissen miterlebt. Bischoff selbst hat sämtliche Stationen durchlaufen, mit denen man sich närrische Qualifikationen erwirbt: vom Kinderprinzen über den kreativen Ideengeber und Kulissen-Designer bis hin zum Präsidenten.
In vollem Ornat tanzen die drei nun bis zum Kehraus auf Bühnen und Tischen, streifen durch Kneipen ebenso, wie sie soziale Auftritte absolvieren und singen ohne Unterlass: "Oh, wie ist das schön." Ungeachtet des Schweißes, der unter den dicken Stoff-Schichten ihrer aufwendigen Kostüme fließt, walten sie würdig ihres Amtes und stoßen nach anfänglicher Skepsis auf große Euphorie bei ihren Untertanen in dieser fünften Jahreszeit: "Die Leute sind Feuer und Flamme für uns", hat Bernhard Bischoff aus vielen Reaktionen erfahren.
Und auch außerhalb Rains ist man auf die ungewöhnliche Formation aufmerksam geworden. Beim "Damischen Ritterumzug" in München war sie am Sonntag dabei und "sogar vom Original Kölner Dreigestirn sind Glückwünsche gekommen".
Prachtvoll sehen sie aus in ihren Monturen, die haargenau der Kölner Vorlage nachempfunden sind. Eine auf historische Kostüme spezialisierte Schneiderin hat die Kleidung gefertigt und der Husarenhelm "Tschako" von Bauer Harprecht, bestückt mit Pfauenfedern, stammt aus einer von nur drei Manufakturen, die überhaupt Derartiges herstellen.
Für Rain soll dieses Dreigestirn die Ausnahme bleiben. "Wir läuten keine neue Ära ein", versichern Plewka, Bischoff und Harprecht und verkörpern schon deshalb ihre Rollen voller Leidenschaft. "Wir bringen als oberste Instanz die gute Laune unters Volk. Dieser Fasching ist der Wahnsinn. Wir machen die Nacht zum Tage, denn schlafen können wir, wenn wir tot sind …"
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