Bad Reichenhall, 20.46 Uhr, die Erde bebt
Leichte Erschütterungen sind im Berchtesgadener Land nicht ungewöhnlich. Der Grund dafür ist umso erstaunlicher.
Es dauert vielleicht drei Sekunden, nicht länger. In vielen Häusern klirren die Gläser, manch einer rennt in Panik auf die Straße und bei der Polizei gehen besorgte Anrufe ein. Eigentlich ist ein Erdbeben nicht ungewöhnlich rund um Bad Reichenhall. Dort im Südosten Bayerns nahe Salzburg, wo die Alpen geologisch betrachtet nicht zur Ruhe kommen, weil die Kontinentalplatten gegeneinander reiben, rumort es unterirdisch immer wieder. Diesmal ist das Ganze in der Stadt und der näheren Umgebung wohl etwas spürbarer als sonst.
Dienstag, 20.46 Uhr. Die Messgeräte registrieren unweit des Thumsees in rund fünf Kilometern Tiefe ein Beben der Stärke 3,2. Das Rumpeln ist zwar zu spüren, richtet aber keine Schäden an. Hunderte Beben gibt es jedes Jahr in Bayern, die meisten sind nicht mal fühlbar. „Was Erdbeben betrifft, ist Bayern ein ruhiges Land“, sagt Roland Eichhorn. Und doch ist die Erschütterung in Bad Reichenhall für den Chefgeologen des Landesamtes für Umwelt in Augsburg etwas ganz Besonderes – ein neuerlicher Hinweis nämlich darauf, dass sich dort, wie Eichhorn glaubt, ein bislang kaum erforschtes Phänomen abspielt. In aller Kürze: Es gibt wohl einen direkten Zusammenhang zwischen dem Wetter, sprich stärkeren Niederschlägen, und einer Serie schwacher Beben wenige Tage später unter dem Hochstaufen, einem 1771 Meter hohen Berg.
Der Geologe erklärt das so: Heftiger Regen, hier in Verbindung mit Schmelzwasser, führt dazu, dass in großer Tiefe durch Risse im Fels Wasser in die Salz- oder Tonschichten eindringt – die genauen Umstände kennt man noch nicht. Es entsteht eine Art „Schmiere“, wodurch sich einzelne Gesteinsschichten sehr leicht verschieben. Eichhorn sagt: „Das ist wie ein Motor, der geölt wird.“ Die Folge ist: Spannungen, die im Berg vorhanden sind, bauen sich ab – in diesem Fall schon seit Ende März. Die Erde zittert.
Was anfangs nur die Apparate registriert haben, ist nun am vergangenen Dienstag auch für die Menschen spürbar. „Und das ist gut für die Gegend“, sagt Eichhorn. Denn: Wenn sich auf diese Weise Spannungen ständig abbauen können, ist es unwahrscheinlich, dass es dort je zu einem schweren Beben kommt.
Regen also kann Erdbeben auslösen – ein Phänomen, dem die Geologen dort erst vor wenigen Jahren auf die Spur gekommen sind. Und bei dem es noch viel zu erforschen gibt.
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