Bayern geht gegen Cyber-Kriminalität vor
Innenminister Joachim Herrmann richtet ein neues Zentrum beim Verfassungsschutz ein. Es soll eine wichtige Rolle im Kampf gegen Internet-Straftäter einnehmen.
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann will künftig stärker gegen Kriminalität im Internet vorgehen und ein sogenanntes Cyber-Allianz-Zentrum beim Landesamt für Verfassungsschutz einrichten. Wie der CSU-Politiker gestern in einer Regierungserklärung zum Thema „Sicherheit im Internet“ mitteilte, wird es Anfang Juli seine Arbeit aufnehmen. Es soll „zentraler Ansprechpartner und Kompetenzzentrum“ für Unternehmen sein und sie im Kampf gegen Online-Kriminelle unterstützen.
81 Prozent mehr Cyber-Angriffe als im Vorjahr
Die Gefahren im Netz nehmen dramatisch zu, warnte der Innenminister. Weltweit seien 2011 rund 5,5 Milliarden Cyber-Angriffe auf Wirtschaftsunternehmen registriert worden. Laut Herrmann waren das 81 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Deutschland sei dabei das häufigste Angriffsziel in Europa.
Der Schaden für die deutsche Wirtschaft werde auf bis zu 50 Milliarden Euro jährlich geschätzt. Große Probleme bereiten Herrmann zufolge nach wie vor aber auch Kinderpornografie sowie Extremisten und Terroristen, die ihr Gedankengut online verbreiten. „Wir müssen diese Bedrohungen noch entschlossener bekämpfen“, sagte er.
Nicht nur mit dem Zentrum will Herrmann dagegen vorgehen. Er kündigte unter anderem auch an, ein neues Sachgebiet zur Cyber-Sicherheit im Innenministerium einrichten zu lassen. Außerdem sprach er sich für die Vorratsdatenspeicherung aus, die der Koalitionspartner FDP im Anschluss erneut ablehnte. Zudem will Herrmann die Zahl der „Cybercops“ von derzeit 25 auf 50 erhöhen. Dabei handelt es sich um Informatiker, die zu Polizisten ausgebildet wurden.
Bayern: Zu wenig Internetzugänge bei der Polizei
Gerade das aber geht Harald Schneider nicht weit genug. Der Sicherheitssprecher der SPD im Bayerischen Landtag warf dem Innenminister vor, das Problem nicht erkannt zu haben. Herrmann solle die Finger lassen vom Cyber-Allianz-Zentrum: „Sorgen Sie zunächst mal dafür, dass die Ermittler ordentlich arbeiten können.“ In den Polizeiinspektionen fehle es an genügend Internetzugängen, sagte der ehemalige Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei. Die Ausstattung erinnere an die „Steinzeit“, pflichtete ihm Joachim Hanisch von den Freien Wählern bei.
Wegen der zu geringen Bezahlung sei es schwierig, an IT-Spezialisten heranzukommen, so Schneider. Polizisten und Staatsanwälte aber würden sich oft nicht gut genug auskennen in dem Bereich. Wie auch die Grünen-Politikerin Susanna Tausendfreund sieht er die Bekämpfung der Kriminalität im Netz dabei als Sache der Polizei und des Landeskriminalamts an – und nicht des Landesamtes für Verfassungsschutz. "Kommentar
Die Diskussion ist geschlossen.