Klagen gegen Leitkultur
Verfassungsgericht soll CSU-Gesetz prüfen
Kaum ein Gesetz der vergangenen Jahre wurde in Bayern von Experten und Opposition derart unter Beschuss genommen wie das Integrationsgesetz mit der darin verankerten „Leitkultur“. Nun müssen die obersten bayerischen Richter entscheiden. SPD und Grüne haben am Dienstag am Bayerischen Verfassungsgerichtshof entsprechende Klagen eingereicht.
Insbesondere SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher griff Staatsregierung und CSU mit scharfen Worten an. „Die CSU verordnet dem Freistaat Bayern eine Leitkultur und macht damit ein Stück weit aus unserem Land auch einen autoritären Bevormundungsstaat“, sagte Rinderspacher in München. Grünen-Fraktionschefin Margarete Bause kritisierte: „Es ist offensichtlich, dass dieses rechtlich unhaltbare Gesetz ausschließlich zu Propagandazwecken erlassen wurde.“
Gleich sechs der 17 Paragrafen hält die SPD für verfassungswidrig, wie Anwalt Michael Bihler bei der Vorstellung der Klage in München erklärte. So verstoße schon die Verpflichtung der Zuwanderer auf die undefinierte „Leitkultur“ in Artikel 1 des Gesetzes unter anderem gegen die auch in der Bayerischen Verfassung festgeschriebene Handlungsfreiheit aller Menschen. Ein über die Akzeptanz der Verfassungsordnung hinausgehendes demonstratives „Bekenntnis zu Bayern“ verstoße zudem gegen das Prinzip der Verhältnismäßigkeit. Die Verpflichtung aller Kindergärten, dort alle Kinder „zentrale Elemente der christlich-abendländischen Kultur erfahren“ zu lassen, widerspreche sowohl dem Erziehungsrecht der Eltern als auch dem Gebot der Glaubens- und Gewissensfreiheit. Die Verpflichtung des Bayerischen Rundfunks auf Vermittlung der „Leitkultur“ widerspreche sowohl der Programmfreiheit als auch dem Gebot der Staatsferne der Medien.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) reagierte noch am Dienstag auf die Kritik und sagte, es sei das Recht der Opposition, „dies so zu machen“. Wie bei jedem Gesetz und bei jeder Entscheidung habe die Regierung „sorgfältig abgeprüft, ob es mit unserer Verfassung und Rechtsordnung in Einklang steht“. (mit dpa)"Kommentar
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