Korruption, Reichsbürger-Verdacht: Was ist los in Bayerns Rathäusern?
Im ganzen Freistaat gibt es Fälle von Bürgermeistern, die mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind. Wieso geht in Rathäusern zur Zeit so viel schief? Ein Blick in die Region.
In Regensburg steckt der Oberbürgermeister offenbar tief im Sumpf der Korruption. In Bolsterlang steht die Bürgermeisterin unter Verdacht, mit dem Gedankengut der Reichsbürger zu sympathisieren. Und in Affing streicht ein Gericht dem ehemaligen Bürgermeister die komplette Pension, weil er vermeintlich krumme Geldgeschäfte mit Firmen machte. Was ist eigentlich zurzeit los in Bayerns Rathäusern? Ist die Häufung der Vorfälle in den vergangenen Wochen reiner Zufall?
Eine klare, auf Zahlen basierende Antwort darauf ist weder von der Landesanwaltschaft noch vom für derartige Fälle zuständigen Verwaltungsgericht in München zu erhalten. Auch dort sei „zuletzt eine bemerkenswerte Häufung“ registriert worden, erklärte ein Sprecher auf Nachfrage; eine Steigerung von Disziplinarverfahren gegen Bürgermeister sei jedoch generell nicht feststellbar. Jährlich würden im Schnitt „ein bis zwei“ derartige Verfahren beim Verwaltungsgericht in München, das für die Regierungsbezirke Schwaben und Oberbayern zuständig ist, eingehen. Dass derzeit offenbar gleich in mehreren Rathäusern die Ermittler ein- und ausgehen, sei wohl Zufall.
Neu ist die Erkenntnis, dass Bürgermeister hin und wieder mit dem Gesetz in Konflikt kommen, allerdings nicht. Ein Blick auf einige Fälle in der Region aus der jüngsten Vergangenheit belegt das.
Einstiger Affinger Bürgermeister bekam Bewährungsstrafe
Beleidigung und Schwarzarbeit: Erst beschäftigte er im Rathaus einen Rentner „schwarz“, dann beleidigte er noch eine ermittelnde Staatsanwältin weit unter der Gürtellinie – der Bürgermeister von Aystetten (Landkreis Augsburg), Peter Wendel, hat seit dem Jahr 2011 mächtig Ärger mit der Justiz. Zweimal wurde er rechtskräftig verurteilt, insgesamt musste er Geldstrafen in Höhe von 20000 Euro bezahlen und gilt seither als vorbestraft. Diese Woche fiel am Verwaltungsgericht in München das Urteil im Disziplinarverfahren gegen den immer noch amtierenden Bürgermeister: 30 Monate lang wird ihm ein Zehntel seiner Bezüge gekürzt.
Zinslose Großzügigkeit: Deutlich tiefer in die Tasche greifen muss möglicherweise der einstige Bürgermeister von Affing (Landkreis Aichach-Friedberg), Rudi Fuchs. Wie die Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts München vergangene Woche entschied, wird dem langjährigen Rathauschef das komplette Ruhestandsgehalt aberkannt. Er hatte jahrelang und eigenmächtig Firmen in seiner Gemeinde genehmigt, Gewerbesteuern in Raten zu zahlen. Weil er dafür keine Zinsen verlangte, gingen der Gemeinde mehr als 300.000 Euro durch die Lappen. Obwohl die Firmen das Geld nachträglich bezahlt hatten, war Fuchs 2014 wegen Untreue und Beleidigung von Gemeinderäten und Mitarbeitern der Verwaltung zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung und einer Geldbuße verdonnert worden.
Heimliche Kredite: Kaum war Josef Schäch im Jahr 2008 in Pfaffenhofen an der Ilm zum Landrat gewählt, wurden ihm fragwürdige Geldgeschäfte in seiner Zeit als Bürgermeister von Wolnzach zum Verhängnis. Er hatte ohne Wissen des Gemeinderats Kassenkredite aufgenommen, die die zulässige Drei-Millionen-Grenze zeitweise um mehr als das Doppelte überschritten. Dafür wurde er 2011 zu einer zweijährigen Freiheitstrafe auf Bewährung verurteilt und suspendiert. Allerdings klagte er erfolgreich gegen das Urteil, im August 2016 wurde das Verfahren schließlich eingestellt – gegen eine Zahlung von 60000 Euro an gemeinnützige Organisationen.
In Bolsterlang steht eine Bürgermeisterin unter Reichsbürger-Verdacht
Eigenmächtige Ausgaben Bis zu 25.000 Euro durfte der ehemalige Bürgermeister von Kaufering (Landkreis Landsberg am Lech), Karl Bühler, ausgeben, ohne die Gemeinderäte um Erlaubnis zu fragen – nur scherte er sich in einigen Fällen offenbar nicht um diese auferlegte Grenze. Weil er mehrfach eigenmächtig Aufträge jenseits der maximalen Verfügungssumme erteilte – beispielsweise für ein Bauhof-Fahrzeug für mehr als 30000 Euro – bekam Bühler im Sommer 2013 schließlich Besuch von der Landesanwaltschaft. Dreieinhalb Jahre später beschloss das Verwaltungsgericht, dass Bühler ein Jahr lang auf zehn Prozent seines Ruhestandsgehalts verzichten muss.
Reichsbürger im Rathaus? Noch ist es nur ein Verdacht – und doch hängt der Haussegen in Bolsterlang im Oberallgäu schon jetzt gewaltig schief. Gegen Bürgermeisterin Monika Zeller wird ermittelt, weil unklar ist, ob sie mit dem Gedankengut der vom Verfassungsschutz beobachteten Reichsbürger-Bewegung sympathisiert. Zeller und vier Gemeinderäte, die inzwischen zurückgetreten sind, hatten sich auf einer Veranstaltung Anfang 2016 einen Staatsangehörigkeitsausweis („Gelber Schein“) besorgt. Dieser gilt unter Reichsbürgern, die unter anderem den deutschen Staat nicht anerkennen, als eine Art Gesinnungsausweis. Rund 70 Bürger des 1100-Einwohner-Dorfes gingen daraufhin auf die Straße, weil sie befürchteten, dass ihre Gemeinde von Reichsbürgern unterwandert sein könnte. Am Donnerstag hat die Landesanwaltschaft ein Disziplinarverfahren gegen Zeller eingeleitet.
Ingolstädter Affären Ebenfalls noch im Stadium des Verdachts befinden sich die Ermittlungen gegen den ehemaligen Ingolstädter Oberbürgermeister Alfred Lehmann, dessen Name in einem Geflecht von Mauscheleien und Vetternwirtschaft mehrfach auftaucht. Zuletzt durchsuchte die Staatsanwaltschaft auch die Privatwohnung Lehmanns. Es geht um den Verdacht der Bestechlichkeit beim Verkauf von attraktiven städtischen Grundstücken.
Die Diskussion ist geschlossen.
Reichsbürger sind doch auch nur Demokratie- und Realitätsverweigerer. Sie behindern Verwaltung und Gerichte und kosten uns so jede Menge Geld. Man hat versucht sie ernst zunehmen und mit ihnen zu diskutieren und zu verhandeln. Jetzt kann man sie auch einfach mal auslachen. Per Aluhut-Quartett (dort sind die Reichsbürger auch eine Art Supertrumpf): https://goo.gl/8xYpJZ