Vorsorgeuntersuchungen werden Pflicht für Eltern
Sie waren alles kleine Kinder. Und alle mussten sie qualvoll sterben, weil niemand genau hingesehen hat. Keine Nachbarn, kein Jugendamt, keine Ärzte. Eine Gesetzesänderung, der der bayerische Landtag mit CSU-Mehrheit zugestimmt hat, soll dafür sorgen, dass Berichte von misshandelten Kindern der Vergangenheit angehören. Von Luzia Riedhammer
Von Luzia Riedhammer
München. Sie waren alles kleine Kinder. Und alle mussten sie qualvoll sterben, weil niemand genau hingesehen hat. Keine Nachbarn, kein Jugendamt, keine Ärzte. Eine Gesetzesänderung, der der bayerische Landtag mit CSU-Mehrheit zugestimmt hat, soll dafür sorgen, dass Berichte von misshandelten Kindern der Vergangenheit angehören.
Kernpunkt des Gesetzes sind neun Früherkennungsuntersuchungen für Kinder von der Geburt bis zum Alter von fünf Jahren, die in Bayern zukünftig verpflichtend sind. Das Gesetz tritt am 16. Mai in Kraft.
SPD und Grüne kritisierten, dass es bei der neuen Regelung noch genügend Lücken für Eltern gebe, die etwas zu verbergen hätten. Wer etwa seine Kinder nicht in eine Tagesstätte schicke, werde nicht erfasst. Die Änderungen:
Erziehungsgeld Der Freistaat koppelt das Landeserziehungsgeld mit der Einhaltung der Vorsorgeuntersuchungen. Nur wer seinem Antrag einen Nachweis beifügt, dass sein Kind an der U 6 (zwischen dem zehnten und zwölften Monat) oder U 7 (21. bis 24. Monat) teilgenommen hat, hat Anspruch auf das Geld.
Das Landeserziehungsgeld schließt sich an das Elterngeld an und wird für das erste Kind sechs Monate, für weitere Kinder jeweils zwölf Monate lang gezahlt. Die Höhe richtet sich nach der Zahl der Kinder und beträgt monatlich bis zu 350 Euro. Wird trotz mehrmaliger Aufforderung die Untersuchung nicht nachgeholt und liegt kein Härtefall vor, wird das Jugendamt eingeschaltet. Der Nachweis ist verpflichtend für Eltern, deren Kind ab dem 1. Januar 2007 geboren ist.
Schuleingangsuntersuchung Die U 9 für Kinder im Alter zwischen 60 und 64 Monaten ist zukünftig Bestandteil der Schuleingangsuntersuchung. Wird sie versäumt, müssen die Kinder an einer schulärztlichen Untersuchung teilnehmen. Wird auch diese von den Eltern nicht wahrgenommen, wird in jedem Fall das Jugendamt informiert.
Kindertagesstätten Wollen Eltern ihr Kind in einer Kindertagesstätte anmelden, ist ein Nachweis der jeweils letztmöglichen Vorsorgeuntersuchung nötig. Liegt den Einrichtungen die Bescheinigung nicht vor und wird sie auch nach mehrmaliger Aufforderung nicht nachgereicht, wird das Kind zwar aufgenommen, bei einem konkreten Verdacht auf Vernachlässigung wird aber das Jugendamt eingeschaltet.
Ärztliche Schweigepflicht Es wird klar geregelt, dass Ärzte oder Hebammen die Pflicht haben, bei gewichtigen Anhaltspunkten für Misshandlung, Vernachlässigung oder sexuellen Missbrauch umgehend die Behörden zu informieren. Zwar gab es auch bislang die Verpflichtung, sich in gravierenden Fällen an das Jugendamt zu wenden.
Doch die Unsicherheit bei den beiden Berufsgruppen war groß: Wo hört die ärztliche Schweigepflicht auf, wo fängt die Mitteilungspflicht an? Es fehlte eine ausdrückliche normierte Regelung. Die gesetzlich verankerte Mitteilungspflicht soll Rechtssicherheit und Rechtsklarheit schaffen.
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