Neusässer scheitert mit Klage gegen G8
München (dpa/lby) - Das achtjährige Gymnasium (G8) in Bayern verstößt nicht gegen die Grundrechte von Eltern und Schülern. Mit diesem Urteil wies der Bayerische Verfassungsgerichtshof am Mittwoch in München die Popularklage eines Familienvaters aus Neusäß bei Augsburg ab.
Peter Schulz aus Neusäß (Bild) sah gesundheitliche Folgen durch Überlastung der Schüler. Die Richter argumentierten jedoch, dem elterlichen Erziehungsrecht und den Grundrechten der Kinder stehe ein eigenständiger Erziehungsauftrag des Staates gegenüber. Bei dessen Ausgestaltung habe der Gesetzgeber einen weiten Spielraum, ein Verstoß gegen die Grundsätze der Bayerischen Verfassung sei nicht erkennbar.
Die Stundenpläne enthielten keine Festlegungen, welche die Grenzen des Zumutbaren überstiegen, urteilte das Gericht. Zwar werde auch Nachmittagsunterricht erforderlich, jedoch bewege sich dieser in einem vertretbaren Rahmen. Das Entstehen eines doppelten Abiturientenjahrgangs müsse als unvermeidliche Folge der Schulzeitverkürzung hingenommen werden. Seit der Einführung des G8 zu Beginn des Schuljahres 2004/2005 hatten Eltern und Elternverbände immer wieder gegen die Neuregelung protestiert. Ein Volksbegehren scheiterte jedoch im vergangenen Sommer.
Mit dem G8 sollten junge Menschen früher in den Beruf gebracht werden, um auch ihre internationale Konkurrenzfähigkeit zu stärken, betonte der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Karl Huber, in seiner Urteilsbegründung. "Sie sollen länger im Beruf verweilen und so durch Entlastung der verschiedenen sozialen Sicherungssysteme zur Generationengerechtigkeit beitragen", sagte Huber. "Diese Anliegen des Staates dienen dem Wohl der Allgemeinheit und sind verfassungsrechtlich selbst dann nicht zu beanstanden, wenn die Einführung des G8 zu Mehrbelastungen für die Schüler führen sollte." Was eine nicht funktionierende Mittagsversorgung der Schüler sowie zu schwere Schultaschen angehe, habe dies nichts mit dem G8 an sich, sondern mit der Organisation in den jeweiligen Schule zu tun.
Der Kläger Peter Schulz äußerte sich enttäuscht. "Es ist tragisch mit anzusehen, wie ein derart unglückliches Gesetz auf diese Weise seinen Fortbestand erhält", sagte er. "Wir werden erst in einigen Jahren sehen, was das Ergebnis des Urteils ist, wie die Kinder mit dem erhöhten Druck klarkommen." Eltern und Schülern bleibe jetzt nichts anderes übrig, als das Beste aus der Situation zu machen. Die Entscheidung der Verfassungsrichter sei die "Ultima Ratio", die rechtlichen Möglichkeiten seien ausgeschöpft.
Schulz hatte es als unzulässigen Eingriff in das Erziehungsrecht der Eltern kritisiert, dass wegen des Nachmittagsunterrichtes die verfügbare Zeit für Sport und musische Bildung auf ein Minimum reduziert werde. Der Vater zweier vom G8 betroffener Kinder sah ferner einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil ein doppelter Abiturientenjahrgang entsteht. Dessen Absolventen könnten vielfach weder einen Studien- noch Ausbildungsplatz finden. In das G8 seien unzulässig auch Schüler rückwirkend einbezogen worden, deren Eltern sich für ein neunstufiges Gymnasium entschieden hätten.
Da die vom G8 betroffenen Schüler zum Inkrafttreten der Regelung erst die fünfte Klasse hinter sich gebracht hatten, handele es sich um eine unechte Rückwirkung, hielt das Gericht dagegen. Zudem gingen Vertrauensschutz und das Gebot der Rechtssicherheit nicht soweit, "den Bürger für die Zukunft vor jeder nachteiligen Änderung einer bisher gewährten Rechtsposition zu bewahren".
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