Chefarzt am Klinikum Augsburg: „Wir haben eine weiße Weste“
Professor Matthias Anthuber vom Augsburger Transplantationszentrum äußert sich zum Organ-Skandal. Der Mediziner fordert ein neues Kontrollsystem.
Seit knapp zwei Jahren leitet Prof. Matthias Anthuber das Transplantationszentrum am Augsburger Klinikum. Nieren werden in Augsburg verpflanzt. „Ich kann sagen, dass wir eine absolut weiße Weste haben“, so der Transplantationschirurg gegenüber unserer Redaktion. In diesem Jahr wurden bislang 26 Nieren transplantiert, das Ziel liege zwischen 40 und 50.
Vertrauen der Menschen in Organspenden ist erschüttert
Ob es erreicht wird, hängt auch von der Spendenbereitschaft ab. Eigentlich sollte die Änderung des Transplantationsgesetzes – weg von der Zustimmungs- und hin zur Erklärungslösung – dazu beitragen, die Zahl der Organspenden in Deutschland zu erhöhen. Doch das Vertrauen der Menschen wird durch den Skandal an den Kliniken in Göttingen und Regensburg erschüttert.
Anthuber betont, dass es sich dabei nicht um einen Organspendeskandal handelt. Denn die Organe seien nach Recht und Gesetz entnommen worden. Im Verdacht stehe ein Mediziner, der die Lebern nach seinen Regeln und nicht nach den gültigen Richtlinien verteilt hat. Dass sich der Organ-Skandal aber auch auf sein Transplantationszentrum niederschlagen könnte, dessen ist sich der 53-Jährige bewusst.
Ein neues Kontrollsystem für Transplantationen muss her
Anthuber schlägt ein „Vier- oder Sechs-Augen-Prinzip“ vor, um eine bestmögliche Kontrolle zu gewährleisten. Unabhängige Experten, die nichts mit dem jeweiligen Klinik-Programm zu tun haben, könnten beauftragt werden, die Listung der Patienten mit der Krankenakte zu vergleichen.
Bei Lebertransplantationen ist die Anfälligkeit im System, entsprechende Werte der Patienten zu manipulieren, Fachleuten zufolge größer als bei Nierenübertragungen. Denn ein Nierenversagen kann durch regelmäßige und aufwendige Blutwäschen kompensiert werden – bei der Leber gibt es Ähnliches nicht. Deshalb ist hier wichtig, dass Eurotransplant tagesaktuell über den Gesundheitszustand der Patienten informiert wird. Die niederländische Stiftung übernimmt die Vermittlung zwischen Organspender und -empfänger auch für Deutschland.
Ärztepräsident hält von staatlicher Aufsicht nichts
Um Kontrolle und Transparenz bei Organtransplantationen geht es Bayerns Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP), der möglichst schnell mit Vertretern der sieben Transplantationszentren im Freistaat sprechen will. Von einer staatlichen Aufsicht bei Organspenden hält der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, „überhaupt nichts“.
Der Ärztefunktionär begründet das auch damit, dass Prüfberichte der Bundesärztekammer, in denen vor sieben Jahren bayerische Behörden auf Vorfälle hingewiesen worden seien, folgenlos geblieben sind: „Dass zum Beispiel weder das bayerische Wissenschaftsministerium noch die Strafverfolgungsbehörden ein Interesse gezeigt haben, die Unregelmäßigkeiten in Regensburg weiterzuverfolgen und zur Gänze aufzuklären, zeigt, dass staatliche Instanzen keine bessere Kontrolle bieten.“
Die Diskussion ist geschlossen.